Bei der Rezeptkontrolle fiel einer Inhaberin auf, dass eine Arztpraxis eine sogenannte „Zweitschrift“ für ein E-Rezept ausgestellt hatte. „Wozu eine Zweitschrift, wo ist denn das erste E-Rezept“, fragt sie und ist verwirrt. „Wie kann denn ein digitales Objekt einfach verloren gehen?“
Eine Zweitschrift kenne sie bisher nur von Papierrezepten, erklärt die Apothekerin. „Das wurde dann als Duplikat gekennzeichnet.“ Erst bei der Rezeptkontrolle fiel ihr die Bezeichnung ins Auge: „Bei der Abgabe ploppte nirgendwo etwas in unserer Warenwirtschaft auf.“ Dabei habe sie nur auf Verdacht genauer hingeschaut: „Der Patient hatte in der Vergangenheit relativ viele Medikamente verordnet bekommen. Ich wollte ursprünglich nur sichergehen, dass es keine doppelten Verordnungen gab“, erklärt sie. Dabei sei ihr aufgefallen, dass die Praxis eines der E-Rezepte mit der Notiz „Zweitschrift“ versehen hatte.
Nun steht die Frage im Raum, wie sie damit umgehen soll: „Ich bin mir unsicher, ob ich das Medikament von dem Patienten zurückfordern muss, weil er es eventuell doppelt bekommen hat.“ In ihrer Apotheke wurde nach einer weiteren Rezeptkontrolle klar: „Von uns hat er es nicht zweimal bekommen, aber er kann ja auch in einer anderen Apotheke gewesen sein.“
Die betroffene Arztpraxis habe sie noch nicht erreichen können, um den Vorfall zu klären. Nun befürchtet sie, dass es bei der Abrechnung Probleme geben könnte: „Ich rechne mit einer Retaxation.“
Grundsätzlich gilt laut dem Deutschen Apothekerverein (DAV) für eine Duplikatsverordnung per E-Rezept: „Mehrere E-Rezepte mit der gleichen Verordnung und dem gleichen Ausstellungsdatum haben immer eine unterschiedliche Rezept-ID, sind aber grundsätzlich gültig. Da ein E-Rezept nicht verloren werden kann, handelt es ich dabei jedoch nicht um Duplikate, wie sie beim Muster 16 vorkommen können. Ein verlorener Tokenausdruck kann immer wieder neu ausgedruckt werden. Ob eine Rücksprache mit dem Arzt angebracht ist, hängt von der individuellen Abgabesituation ab. Davon zu unterscheiden ist die Mehrfachverordnung.“
Der Begriff „Zweitschrift“ kommt innerhalb der Gematik nicht vor. Die Vermutung liegt nahe, dass der Verschreibende beim Erzeugen des E-Rezeptes das Freitextfeld mit dem Begriff versehen hat. „Trotz meiner Vermutung, dass es zu einer Retax kommen könnte, rechne ich das Rezept ab. Es wurde ein Tamsulosin verordnet, das ist nicht so kostenintensiv“, so die Inhaberin. Sie warte nun ab, ob es von der Kasse zurückkomme.