Inhaberin wartet vergeblich

E-Rezept-Verlust: „Schaden von 15.000 Euro“

, Uhr
Berlin -

Anne Rhein, Inhaberin der Apotheke am Deutschen Eck in Meerbusch, versucht seit Februar für etliche verloren gegangene E-Rezepte einen fünfstelligen Betrag erstattet zu bekommen. Die Rezepte seien nicht im Rechenzentrum und damit auch nicht bei den Krankenkassen angekommen. „Das ist ein absolutes Unding“, ärgert sie sich. „Noventi blockt jegliches Hilfegesuch von mir einfach ab.“

„Seit Februar versuche ich für 200 E-Rezepte über 15.000 Euro erstattet zu bekommen“, so die Inhaberin. Diese seien gar nicht erst im Rechenzentrum angekommen. Dabei kann sie in ihrem System jeden einzelnen Vorgang noch genau nachvollziehen. Fakt ist laut der Apothekerin: „Alle Datensätze sind bei mir auf dem Rechner. Laut Noventi sind die Vorgänge auf abgeschlossen gesetzt worden.“ Die Übermittlung an die Krankenkassen habe aber nicht funktioniert, erläutert sie.

Allen Recherchen nach liege die Problematik bei ihrem Softwarehaus. Noventi hingegen behaupte, Rhein habe den Fehler gemacht. „Noventi hat mir bis heute keine Hilfe angeboten“, beklagt sie. Was sie mindestens erwartet habe: „Man hätte mir auch ein Angebot machen können, die Vorgänge zurückzuholen oder dergleichen. Dann hätte ich die Möglichkeit gehabt, mir zu überlegen, ob ich dafür auch die erhobene Aufwandsentschädigung gezahlt hätte“, so die Inhaberin. „Aber einfach jedes Gesuch zu blocken, ist eine absolute Frechheit.“

Keine Antwort auf Tickets

Dabei habe sie mehrfach versucht Noventi gegenüber nachzuweisen, dass die Rezepte nicht erstattet wurden. „Ich habe ebenfalls etliche Tickets zu diesem Problem erstellt, die sind aber einfach verschwunden“, beklagt Rhein. „Man teilte mir lediglich mit, dass das Problem für Noventi erledigt sei.“ Die Begründung: „Technisch nicht lösbar.“

Wenn es sich nicht um so eine exorbitante Summe handeln würde, hätte Rhein längst aufgegeben: „Das macht mein Nervenkostüm nicht gut mit. Bei einer Summe von 300 Euro hätte ich gesagt, ich verzichte und löse damit das Problem. Aber fast 16.000 Euro sind einfach zu viel Geld, das mir fehlt.“

Auch die von ihr konsultierten Rechtsanwälte „können oder wollen mich nicht vertreten“, so die Inhaberin. Selbst der Verband habe keine Idee. „Im Januar ging mit Sicherheit in noch viel mehr Apotheken mit der Abrechnung der E-Rezepte einiges schief“, ist sie sicher. Denn: „Die Vorbereitung der Apotheken war unterirdisch, keiner hatte die Möglichkeit, bis hin zur Abrechnung alles einmal durchzuspielen.“ Man sei buchstäblich ins kalte Wasser geschmissen worden, ärgert sie sich.

„Skandal sollte öffentlich gemacht werden“

„Es ist ein Unding, dass sowohl die Softwarehäuser als auch die Gematik sich nicht dafür einsetzen oder sogar anstrengen, den Apotheken für erbrachte Leistungen das ausstehende Geld zu erstatten.“ Was Rhein ebenfalls wundert: „Es wurde doch eine Friedenspflicht ausgehandelt, genau für solche Fälle. Nun wird aber von allen Seiten einfach gar nicht reagiert.“

Auch bei der Krankenkasse kam sie mit ihren Bemühungen nicht weiter: „Ich habe einen Mitarbeiter, der durchaus gewillt war, sich für mich einzusetzen gebeten, wenigstens die Hochpreiser abzurechnen“, erklärt sie. „Aber es sei nicht möglich, meine Protokolldaten im Nachhinein noch in das System einzupflegen.“ Man sollte einen Aufruf starten: „Es mögen sich alle geschädigten Apotheker:innen melden, um den Skandal öffentlich zu machen“, wünscht sich die Pharmazeutin.

Noventi dementiert

Noventi weist die Vorwürfe zurück: „Wir haben im Mai dieses Jahres sowohl über unser Ticketsystem als auch telefonisch mit der Kundin kommuniziert“, so ein Sprecher. „Das Anliegen wurde zum damaligen Zeitpunkt von unserer Entwicklungsabteilung abschließend geprüft.“ Man habe der Kundin bereits damals mitgeteilt, dass „die E-Rezepte nicht zurückgeholt werden können“. Denn: „Abgeschlossene E-Rezepte können von keinem Softwareanbieter und bei keiner Apotheke weiterverarbeitet oder wiederhergestellt werden“, erklärt der Sprecher.

Man habe die Kundin zudem darauf aufmerksam gemacht, sich an die verschreibenden Arztpraxen zu wenden. „In diesem Fall rechnen wir die E-Rezepte selbstverständlich gerne nachträglich ab.“ Man wolle sich dazu nochmals telefonisch bei der Betroffenen melden, so der Sprecher.

Der Anruf sei auch umgehend erfolgt, nur leider ohne Erfolg: „Es wird mir seit Mitte Februar toramäßig beschieden, abgeschlossen ist abgeschlossen, man hat sich einfach nie bemüht“ beklagt die Inhaberin. Aber: „Interessanterweise hat man seitdem die Taste ‚Abgeschlossen‘ erst mal blockiert und mit Sicherheitsabfragen, wie es sich für eine solche Anwendung gehört, belegt“, erklärt sie. „Ich gebe noch nicht auf, auch wenn ich mir wie David gegen Goliath vorkomme.“

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr zum Thema
Mehr aus Ressort

APOTHEKE ADHOC Debatte