Datenschützer hat Bedenken

E-Rezept: Schleswig-Holstein steigt aus

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Berlin -

Eigentlich soll das E-Rezept ab der kommenden Woche in Westfalen-Lippe und Schleswig-Holstein in den Roll-out gehen. Doch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) in Kiel steigt aus: Weil die Einführungsphase stagniere, bevor sie begonnen habe, ziehe man sich bis auf Weiteres zurück. Grund sind Bedenken des Landesdatenschützers gegen den Versand von QR-Codes per E-Mail.

Nach Mitteilung des Landesdatenschutzes sei die mailbasierte Umsetzung des E-Rezeptes untersagt, so die KV. Damit sei der für Patient:innen praktikabelste Transportweg versperrt: „Der Nutzen des E-Rezepts liegt für Arztpraxen im Komfort der bürokratiearmen Erstellung und für Patienten in der Einsparung mehrfacher Wege, was insbesondere für Menschen in ländlichen Bereichen vorteilhaft wäre. Beides kann momentan nicht erreicht werden“, so die Vorstandsvorsitzende Dr. Monika Schliffke.

Apotheken-Apps als Problem

Aktuell sei eine Nachricht des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD) eingegangen, dass auch vom Praxisverwaltungssystem (PVS) erzeugte datenlose Transfer-QR-Codes als Gesundheitsdaten einzustufen seien. Denn zu berücksichtigen sei, dass „auf dem Markt frei erhältliche Apps aus dem Apothekenumfeld jeder Person, die befugt oder unbefugt im Besitz des QR-Codes ist, die Kenntnisnahme von Daten einer Verordnung“ ermögliche. Beim Hochladen in solche Apps würden die Daten ermittelt und dem Nutzer oder der Nutzerin angezeigt.

In der analogen Welt ende die formale Arzthaftung mit der Übergabe des Rezeptes an den Patienten. Ob dieser damit Medikamente abhole oder nicht, das Rezept verliere, verkaufe oder bei Facebook einstelle, liege nicht im Verantwortungsbereich des Arztes. „Das ist in der digitalen Welt offenbar sehr anders“, so die KV-Vorsitzende. „Wir lassen die Praxen nicht in eine Falle laufen, denn die Praxen würden für diesen Missbrauch haften.“ Die Funktionalität, einen datenlosen Code als Anhang zu versenden, sei firmenseitig umgehend unterbunden worden.

Patientenrechte beschnitten

Die Argumentation des Datenschutzes, den die KV selbst eingeschaltet hatte, sei zwar formal, aber nicht inhaltlich nachvollziehbar, denn sie beeinträchtige das Selbstbestimmungsrecht des Patienten zum Umgang mit seinen eigenen Daten. „Das Gesetz ist offenbar so zu lesen, dass kein Versicherter a) einer digitalen Übertragung eines datenlosen QR-Codes an sich selbst, b) an einen bevollmächtigten Dritten oder c) an die Apotheke seiner Wahl zustimmen kann“, so die KVSH.

Es sei zwar gut, wenn im Vorweg des Roll-Outs auch die absurdesten Problemstellungen erkannt würden. „Dies hätte schon in der Testphase der Gematik geschehen müssen, denn die schleswig-holsteinischen Praxen haben nicht unwesentlich zum Erreichen der Gematik-Quote beigetragen. Nun hoffen wir, dass nicht auch noch das von der KV Westfalen-Lippe initiierte eGK-Verfahren dem Datenschutz zum Opfer fällt, weil auch elektronische Gesundheitskarten fehlerhaft oder missbräuchlich verwendet werden könnten.“

Keine echten Alternativen

Alternativen gibt es laut KV nicht: Die Gematik-App könne momentan kaum genutzt werden, weil es aufgrund fehlender Chips an NFC-fähigen Gesundheitskarten mangele, nur wenige Patienten die geforderten Smartphone-Typen hätten und die Einrichtung der App durch Verbot des Video-Ident-Verfahrens der Krankenkassen erschwert werde.

Apotheken meist ohne KIM

Das Einstellen in eine elektronische Patientenakte (ePA) scheitere an deren minimalem Vorhandensein und die Code-Übertragung per Kommunikationsdienst KIM an Apotheken an der Tatsache, dass in Schleswig-Holstein nur „eine Handvoll“ Apotheken bisher mit KIM-Modulen und -Adressen ausgestattet seien. Damit könnten nur einzelne Praxen diesen Weg nutzen, sofern ein Patient dies gestatte.

Laut KV ist KIM in Apotheken keine politische Vorgabe für die Bezeichnung eRezept-ready. „Das läuft auf 99 Prozent Papierausdrucke hinaus, was keinem unserer Ziele zur Digitalisierung auch nur annähernd nahekommt. Die Zählung der Gematik zu E-Rezepten zeigt dann auch keinen Digitalisierungsgrad an“, so die KV-Vorsitzende.

Die KV will die bereits terminierten Schulungen abschließen, ihre Erreichbarkeit zu speziellen E-Rezept-Fragen aufrechterhalten und sich ansonsten unterstützend wieder einschalten, wenn „gegebenenfalls durch Gesetzesanpassungen und/oder technische Gematik-Aktivitäten eine praxis- und patientengerechte Alltagstauglichkeit absehbar ist“.

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