Die Verschiebungen beim E-Rezept haben das Dresdner Start-up Scanacs nach Angaben von Firmenchef Frank Böhme einen Millionenbetrag gekostet. Nun hofft er auf den verpflichtenden Start zum 1. Januar – um endlich mit der eigenen Direktabrechnung ins Geschäft kommen zu können. Bei einem parlamentarischen Abend in Berlin trommelte Scanacs erneut für das Thema.
Kommt das Digitalgesetz von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) noch rechtzeitig, um den neuen Starttermin halten zu können? Und was bedeutet „verpflichtende“ Einführung für Ärzte, die partout keine E-Rezepte ausstellen wollen? Dazu konnte auch Dr. Florian Hartge, Chief Production Officer bei der Gematik, bei der Scanacs-Diskussionsrunde in der sächsischen Landesvertretung keine Aussage treffen: Da müsse man das Bundesgesundheitsministerium (BMG) fragen.
Er hofft allerdings, dass schon das eGK-Verfahren ab Sommer für eine breitere Nutzung sorgt und dass auch die Krankenkassen endlich damit beginnen, ihre Versicherten über das E-Rezept zu informieren. Aus seiner Sicht hat sich das System bereits bewährt, in den zwei Jahren seit dem Start der ersten Pilotphase habe man nämlich im Grunde keine Nutzer verloren. Gelinge es endlich, mehr Akzeptanz zu schaffen, könnte man im kommenden Jahr vielleicht auf eine Umsetzungsquote von 80 Prozent kommen.
Und dann gehe es nicht mehr nur um die „Logistik“: „Das E-Rezept ist auch ein erster Schritt hin zu verwertbaren Daten.“ Aus gutem Grund wolle man beim Relaunch der elektronischen Patientenakte (ePA) auch zuerst die Medikationsliste angehen.
Hier liegen auch die Hoffnungen von Marcel Böttcher, Abteilungsleiter Digitale Versorgung & Prävention bei der Barmer: Erst wenn das E-Rezept in der ePA verwaltet werden könne, mache die Sache aus Sicht der Kassen wirklich Sinn: Denn derzeit sei eine Erhebung strukturierter Daten nicht möglich, da weder Arzt- noch Krankenhaussysteme (PVS/KIS) dies vorsähen. Selbst wenn Daten abgelegt würden, könneten sie mangels einheitlicher Standards nicht auslesen werden.
Der Bundestagsabgeordnete Erwin Rüddel (CDU) findet, dass vor allem die Ärzte beim E-Rezept der Turbo sein müssten. Was die verpflichtende Einführung angehe, müsse man daher über einen Bonus oder Malus nachdenken. Bis jetzt scheitere die Digitalisierung vor allem am Datenschutz, bedauerte Rüddel. Ziel müsse es sein, die 18 Datenschutzbehörden unter einen Hut zu bekommen und steuern zu können. Rüddel kann sich vorstellen, dass es analog zu den Schwerpunktstaatsanwaltschaften oder Ethikkommissionen in den Ländern auch bei den Datenschutzbehörden spezielle Zuständigkeiten gibt.
Maximilian Funke-Kaiser, digitalpolitischer Sprecher der FDP, ist gegen eine Bonus-Malus-Regelung bei der Umsetzung des E-Rezepts: Nach den negativen Erfahrungen der vergangenen beiden Jahre müsse man dafür sorgen, dass das E-Rezept und die ePA auch für den Alltag in der Praxis von Vorteil seien. „Nutzerfreundlichkeit wird ein ganz wesentlicher Bestandteil, wie wir das in die Fläche bekommen.“ Als Beispiel nannte er ein leichteres Login-Verfahren bei der ePA, das dann auch für die E-Rezept-App funktioniert. Es gehe eben nicht darum, Informationen einfach nur abzulegen, sondern sie als sprechende Daten nutzbar zu machen. Im Grunde gehe es um die Schaffung eines einheitlichen Gesundheitsdatenraums inklusive E-Rezept und Medikationsplan. „Die Standards dafür existieren bereits.“
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