E-Rezept: Rechenzentren wollen täglich zahlen Alexander Müller, 10.08.2021 09:44 Uhr
Mit der Einführung des E-Rezepts verändert sich auch die Abrechnung maßgeblich. Der Verband Deutscher Apothekenrechenzentren (VDARZ) setzt sich dafür ein, dass die Apotheken in Zukunft täglich mit den Krankenkassen abrechnen können. Das würde die Liquidität der Apotheken verbessern und zudem ein versicherungsrechtliches Problem lösen, so VDARZ-Vorstand Klaus Henkel gegenüber APOTHEKE ADHOC.
Aus Sicht der Rechenzentren wird das Potenzial des E-Rezepts in den aktuellen Plänen bei Weitem nicht ausgeschöpft. Das liegt Henkel zufolge an den veralteten Arzneilieferverträgen, die starre Fristen für die Abrechnung mit den Krankenkassen vorsehen. Das E-Rezept würde eine taggenaue Abrechnung ermöglichen, so Henkel. Der VDARZ will den Deutschen Apothekerverband (DAV) in den Gesprächen mit dem GKV-Spitzenverband unterstützen, um diese Frage schnellstmöglich zu klären.
Denn die schnellere Abrechnung hätte mehrere Vorteile, vor allem bei der Liquidität und bei Haftungsfragen. Die Apotheken müssten nicht mehr in Vorleistung gehen und trügen das Inkassorisiko nicht selbst. Die Pleite des Rechenzentrums AvP hat mehreren tausend Apotheken schmerzhaft vor Augen geführt, wie desaströs die aktuelle Abhängigkeit für sie werden kann.
Mit einer taggenauen Abrechnung würde sich die Welt der Rezeptabrechnung schlagartig ändern. Die Abschlagszahlungen der Kassen könnten wegfallen, die Dekadenzahlung beim Großhandel wäre obsolet. „Das ganze System der Liquidität muss modernisiert werden“, so Henkel. Das hätte aus seiner Sicht zwar erhebliche Auswirkungen auf die Arbeit der Rechenzentren, wäre aber eindeutig zum Vorteil der Apotheken. „Wir müssen nicht hin zu einer Banklizenz für Rechenzentren, sondern hin zu einer schnellstmöglichen, bestmöglichen Dienstleistung.“
Um das Geschäftsmodell der Rechenzentren macht sich Henkel dabei überhaupt keine Sorgen – im Gegenteil: „Das ist die Zukunft. Die Prüfung der Rezepte, die Abwicklung von Retaxationen, das wird alles viel schneller gehen. Ich sehe da eine Stärkung unserer Dienstleistung“, so der VDARZ-Vorstand. Bei der Abrechnung der FFP2-Masken habe sich die Schwäche des heutigen Systems erneut gezeigt: Die Apotheken schicken ihre Sammelbelege an die Rechenzentren, diese rechnen mit dem Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS), welches das Geld wiederum aus dem Gesundheitsfonds erhält, bevor die Auszahlung über den Notdienstfonds (NNF) vollzogen wird. „Warum geht das nicht täglich?“, fragt sich Henkel.
Was die Vertreter der Rechenzentren wundert, ist, dass das Thema von den Vertragspartnern bislang weitgehend ausgeblendet wird. So sei in Gesprächen des VDARZ mit dem GKV-Spitzenverband überhaupt erstmals die Frage aufgekommen, wann die Krankenkasse den Erhalt des E-Rezepts quittiert. Das ist aber eine, wenn nicht die zentrale Frage der Haftung.
Denn für eine Versicherung der Rezepte muss der Punkt des sogenannten Gefahrenübergangs klar sein definiert. Darauf hätten die für die Rezeptversicherung maßgeblichen Versicherungsunternehmen im Gespräch mit dem VDARZ hingewiesen, so Henkel. „Bei den Papierrezepten war dies relativ einfach, da in der Regel eine Lieferbestätigung durch den Paketdienst oder die Spedition erstellt wurde.“
Bei den E-Rezepten stelle aber der Verordnungsdatensatz den eigentlichen Wert dar. „Geht dieser verloren, bevor er zur Abrechnung an die Kasse übergeben wurde, bekommt die Apotheke keine Erstattung. Die Übergabe an die Kasse stellt dabei den Gefahrenübergang dar“, erklärt der VDARZ-Vorstand.
Zu klären ist, wie dieser Übergang dokumentiert wird. Die Kasse könnte entweder eine signierte Datei der erhaltenen E-Rezept-IDs schicken oder den Empfang mit einer digitalen Signatur – entsprechend einem signierten Hashwert – bestätigen. „Wenn es keinen klaren Gefahrenübergang gibt, sind die Verordnungsdaten nach Aussage des Versicherers nicht oder nur sehr schwer und damit deutlich teurer versicherbar“, warnt Henkel. Die Kasse müsste im Fall einer taggleichen Abrechnung dagegen nur das sehr viel kleinere Risiko versichern, dass eine Retaxation nicht mehr gezogen werden kann, weil die betroffene Apotheke zwischenzeitlich insolvent gegangen ist.