Rufen Apotheken derzeit E-Rezepte über den QR-Code ihrer Kund:innen ab, kann es zu Überraschungen kommen. Vermehrt berichten Inhaber und Inhaberinnen, dass neben der eigentlichen Verordnung auch Rezepte von völlig fremden Personen angezeigt wurden. Das könne fatale Folgen haben, ist sich eine Inhaberin aus Bayern sicher.
Ein Patient wollte in der vergangenen Woche ein Medikament in einer bayrischen Apotheke abholen. Von seiner Hausarztpraxis erhielt er per WhatsApp einen QR-Code: „Er hatte einen großen QR-Code und einen kleinen, die er ausgedruckt vorlegte. Zunächst habe ich mich gefragt, ob die Art der Code-Übermittlung per WhatsApp überhaupt zulässig ist“, so die Inhaberin.
Die nächste Überraschung folgte: „Als ich den großen QR-Code einlas, erhielt ich plötzlich Zugang zu drei verschiedenen Rezepten von drei unterschiedlichen Personen. Das hat mich stutzig gemacht“, so die Apothekerin, die daraufhin auch den kleinen QR-Code des Patienten einlas. „Auf diesem war nur die Verordnung für den Patienten selbst abrufbar“, so die Apothekerin. Weder der Patient noch die Apothekerin kannten die Personen, deren Verordnungen ebenfalls per eGK abrufbar waren.
Dabei handelte es sich keinesfalls um lapidare Verschreibungen. „Es waren Arzneimittel wie Novaminsulfon und Pantoprazol verordnet. Damit kann man auch viel falsch machen, wenn es Patienten ohne ärztliche Verschreibungen einnehmen“, so die Inhaberin, die zur Nachfrage in der Praxis anrief. „Es handelte sich um einen Einzelfall. Wir haben auf das Datenleck hingewiesen, und der Fehler konnte schnell behoben werden. Ich habe absolutes Verständnis für den Arzt. Alle haben ihre Schwierigkeiten, wenn es um das E-Rezept geht“, so die Apothekerin.
Schlussendlich bleibt jedoch unklar, was mit den falsch geladenen E-Rezepten geschieht: „Man muss höllisch aufpassen und in jedem Fall klären, ob die Verordnung auch für den Patienten selbst ist. Gebe ich ab, was auf der Verordnung steht, und das Medikament ist gar nicht für den Patienten, kann gewaltig was schieflaufen“, so die Inhaberin.
Von einem ähnlichen Fall berichtete eine Inhaberin aus Baden-Württemberg: „Ein Vater wollte per eGK ein Medikament für sein Kind abholen. Wir haben uns angewöhnt, unsere Kunden immer nochmal nach dem verordneten Arzneimittel zu fragen“, so die Approbierte. So auch in diesem Fall: „‚Sie sollen für das Kind einen Ibuprofensaft bekommen?‘, habe ich den Vater gefragt. Er stutzte und verneinte. Dem Kind wurden Vitamin D-Tabletten auf Rezept verordnet, teilte er mir mit“, so die Inhaberin.
Nachdem die Apothekerin nochmals nach einer weiteren Verordnung geschaut hatte, „ploppte das zweite Rezept auf“. Für die Inhaberin steht dies im Zusammenhang mit dem Gematik-Ausfall: „Am 12. Dezember kam es zu einem Ausfall und zu Einschränkungen bei der Nutzung des Versichertenstammdatenmanagements (VSDM). Kurz danach ereignete sich der Zwischenfall beim Einlesen der eGK.“
Die Inhaberin habe schlussendlich die Vitamin-D-Tabletten abgegeben und den Ibuprofensaft zurückgebucht: „Ich weiß nicht, wie es sich für den Patienten verhält, für den der Saft eigentlich bestimmt war.“ Zu bedenken gibt sie: „Natürlich gibt es fatalere Verwechslungen. Ist beispielsweise ein Antibiotikum verordnet und wird dann statt eines Ibuprofensaftes verabreicht, weil die Verordnungen nicht mit den Patienten übereinstimmen, kann das schlimme Folgen haben“, so die Apothekerin. „Sowas darf einfach nicht passieren“, appelliert die Inhaberin.
Deswegen werden derzeit Stimmen laut, die fordern, solche Zwischenfälle den Kammern und Apothekerverbänden zu melden: „Die Software muss prüfen, ob die Versichertendaten des Rezeptes auch zur Karte passen“, appelliert ein Apotheker, der solche Fehler als klaren Datenschutzverstoß einordnet.
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