Die Gematik hält weiter an der verpflichtenden Einführung des E-Rezepts fest und wehrt sich gegen die Kritik an dessen Erprobung. Zwar treffe es zu, dass der bisherige Testlauf quantitativ weit hinter den Erwartungen bleibe – das, was getestet wurde, funktioniere allerdings. Bei der Einführung könne es zwar zu kleineren Problemen kommen. Aber: „Wir müssen hier vielleicht lernen, Fehler und Probleme etwas zu entdramatisieren“, so Gematik-CPO Dr. Florian Hartge.
Der Test des E-Rezepts in der Fokusregion Berlin/ Brandenburg hat nur einen Bruchteil der ursprünglich geplanten Auslastung erreicht. Transparent gemacht haben das aber nicht die Gematik oder das Bundesgesundheitsministerium (BMG), sondern die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV): Laut einem Bericht der Ärztezeitung präsentierte die auf ihrer Vertreterversammlung am Freitag die Zahlen zur Pilotregion, die wenig schmeichelhaft sind.
Demnach war die Beteiligung in allen Bereichen weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben: So hatte die Gematik 800 Ärzte angefragt, um die Teilnahme von 50 Praxen zu erreichen, habe aber lediglich 38 zusammenbekommen. Laut Hartge hatte die Gematik „aber auch deshalb Probleme sie dafür zu gewinnen, weil nur so wenige PVS-Hersteller bereit waren, sich an den Tests zu beteiligen.“ Denn bei den Herstellern von Praxisverwaltungssystemen (PVS) war die Bereitschaft noch einmal bedeutend geringer: Nur vier statt wie geplant 30 PVS waren deshalb Teil des Testlaufs. Mittlerweile sind laut Hartge 60 von rund 120 PVS von der KBV zertifiziert – die Gematik hatte bereits vergangene Woche bekanntgegeben, dass jene zertifizierten PVS zusammen einen Marktanteil von 94 Prozent hätten.
Bei den Krankenkassen war die Beteiligung mit zwei statt sieben geplanten Teilnehmern nicht viel besser. Damit verglichen sah es bei den Apotheken noch verhältnismäßig gut aus: Mit 67 konnte immerhin gut die Hälfte der angekündigten 120 Apotheken für den Test gewonnen werden. Allerdings kann mindestens ein Drittel von ihnen gar kein echtes E-Rezept zu Gesicht bekommen haben, denn wie bereits seit vergangener Woche bekannt ist, wurden bis zum 1. Dezember statt der geplanten 1000 gerade einmal 42 echte E-Rezepte komplett verarbeitet.
„Die Testphase hat nicht die Größenordnung erreicht, die wir uns vorgestellt haben“, räumte Hartge gegenüber der Ärztezeitung ein. Allerdings seien die Teilnahmezahlen auch nicht „der finale Status“: Schließlich gebe es auch die Konnektathons, bei denen die Unternehmen der Branche das E-Rezept in einer synthetischen Umgebung erproben können. Rund 50 Unternehmen hätten dabei insgesamt 8500 fiktive Rezepte verarbeitet. „Wir haben ein Testset entwickelt, das alle vorstellbaren Rezept-Szenarien abdeckt“, so Hartge. „Diese Tests im synthetischen Bereich stimmen uns sehr zuversichtlich.“ Deshalb gebe es keinen Grund für eine Verschiebung in letzter Minute. „Das E-Rezept ist beherrschbar und es ist machbar, die Anwendung sauber und flächendeckend einzuführen.“
Es könne natürlich trotzdem sein, dass beim Start kleinere Probleme auftreten, doch die würden nicht grundlegend sein. „Wir müssen hier vielleicht lernen, Fehler und Probleme etwas zu entdramatisieren“, so Hartge. Er glaube nicht, dass den Arztpraxen ein ähnliches Chaos bevorstehe, wie es die KBV befürchtet und wie es bei der Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) tatsächlich zu beobachten war. Auch damals war erklärt worden, dass alle Krankenkassen die eAU empfangen könnten – während sich in den Praxen die Fehlermeldungen zu unzustellbaren eAU häuften.
Beim E-Rezept werde so etwas nicht passieren, erklärt Hartge. Denn dort sei die Prozesskette eine andere, schließlich übermittelten die Arztpraxen das E-Rezept nicht an Krankenkassen oder Apotheken, sondern legen es nur verschlüsselt auf einem Gematik-Server ab. „Es muss nur die Strecke von der Arztpraxis zu unserem Server funktionieren“, so Hartge.
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