An dem Projekt E-Rezept kann Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) aktuell offenbar nicht viel Gutes finden. Zuletzt hatte er seine Kritik beim „Praxischeck“ der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sehr deutlich konkretisiert. Nachdem die Aussagen des Ministers innerhalb der Gematik hohe Wellen geschlagen hatten, beschwichtigt das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Gesellschafter nun in einem Brief: Die Testphase des E-Rezepts werde selbstverständlich fortgesetzt.
Beim Praxischeck hatte Lauterbach gesagt: „Ich habe einen Überblick gewonnen, wo wir beim E-Rezept stehen, und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass wir noch nicht ‚ready for party‘ sind.“ Das System sei fehleranfällig, der Nutzen sei nicht klar. „Was bringt ein E-Rezept, das ich ausdrucken muss. Das kann noch nicht überzeugen.“ Und an anderer Stelle: „Ich habe das E-Rezept gestoppt, weil ich nicht den Eindruck habe, dass wir an dem Punkt angekommen sind, wo wir es machen können.“
Mit „gestoppt“ war offensichtlich die verpflichtende Einführung zum Jahreswechsel gemeint. Die hatte Lauterbach tatsächlich kurz nach Amtsantritt noch Mitte Dezember abgesagt. Die Testphase sollte verlängert werden, bis das System läuft. Danach hatte man sich innerhalb der Gematik auf qualitative Kriterien geeinigt, die in Tests erfüllt sein müssten. In der nächsten Phase sollen zunächst 30.000 E-Rezepte erfolgreich eingelöst werden.
Die KBV hatte die Aussagen Lauterbachs so zusammengefasst: „Die Einführung von elektronischer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und elektronischem Rezept wird bis auf Weiteres verschoben. Bundesgesundheitsminister Professor Dr. Karl Lauterbach hat eigenen Angaben zufolge beide Vorhaben gestoppt.“ Auch das ist zutreffend, wenn man die Wörter „flächendeckend“ und „verpflichtend“ mitdenkt.
Diese Aussagen hatten wiederum Gematik-Geschäftsführer Dr. Markus Leyck Dieken auf den Plan gerufen, der am Dienstag via Twitter betonte, dass die Testphase selbstverständlich wie geplant weiterlaufe. „Kein Stopp durch Minister Lauterbach“, so seine Kurzbotschaft. Leyck Dieken hatte auch eine entsprechende Kommunikation seitens des BMG angekündigt.
Die ist gestern erfolgt: In einem Schreiben an die Gesellschafter der Gematik und Leyck Dieken stellt das BMG klar, dass die Testphase des E-Rezepts wie auch der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) „intensiv fortgeführt werden“. Das Ministerium habe die zuvor geplante verpflichtende Einführung nur „gestoppt“, um zusätzliche Erfahrungen sammeln zu können „und die Anwendung des E-Rezeptes insbesondere in Arztpraxen und Apotheken optimieren zu können“. Test- und Pilotphase seien entsprechend verlängert worden, der schrittweise Rollout auf weitere Leistungserbringer werde fortgesetzt. Das genaue Verfahren würden die Gematik-Gesellschafter ja wie vereinbart selbst festlegen.
Thomas Renner, stellvertretender Leiter der Abteilung Digitalisierung und Innovation im BMG, schließt sein Schreiben mit einem Bekenntnis zur Digitalisierung und einem Versprechen an die Leistungserbringer: „Wir wollen unser Gesundheitswesen gemeinsam mit allen Akteuren des Gesundheitswesens digitalisieren, wir legen Wert darauf, dass Anwendungen ausreichend erprobt werde, bevor sie in den flächendeckenden Rollout gehen und wir werden bei digitalen Anwendungen selbstverständlich den konkreten Mehrwert der Versorgung und die Nutzerakzeptanz als zentrale Anwendungskriterien im Blick haben.“
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