Der Austausch der Konnektoren könnte am Ende einen dreistelligen Millionenbetrag kosten. Geld, das man sich hätte sparen können, wenn auch der IT-Konzern Compugroup Medical (CGM) rechtzeitig ein Update geliefert hätte. Die Union hat Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gefragt, wie es dazu kommen konnte und welche Lehren gezogen wurden.
Als speziell abgesicherte Router stellen die Konnektoren die Verbindung zur Telematikinfrastruktur (TI) her. Die ersten Geräte wurden im Sommer 2017 eingeführt, doch die Sicherheitszertifikate (gSMC-K-Zertifikate) sind nur fünf Jahre gültig. Im Februar 2022 entschieden die Gesellschafter der Gematik daher, in einem ersten Schritt die Konnektoren der ersten beiden Jahrgänge komplett tauschen zu lassen. Die Kosten dafür liegen bei rund 2300 Euro pro Gerät – alleine bis einschließlich März 2023 mussten in Arzt- und Zahnarztpraxen mehr als 35.000 Konnektoren ersetzt werden.
Laut Computerexperten hätte man sich das Geld sparen können: Denn anders als zunächst behauptet, hätte man die betroffenen Konnektoren durch ein kostengünstiges Update weiter am Netz behalten können. Während die Hersteller Secunet und Rise bereits Lösungen für eine Laufzeitverlängerung auf Basis einer entsprechenden Spezifikation der Gematik aus dem Jahr 2020 entwickelt hatten, war CGM noch nicht so weit – und hatte es wohl auch nicht sonderlich eilig damit.
Unverhohlen räumt das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in seiner Antwort auf eine kleine Anfrage der Unionsfraktion seinen Ärger über die Blockadehaltung des IT-Konzerns ein: „Die Tatsache, dass nicht alle Hersteller mit der gebotenen Geschwindigkeit neue Produkttypen der Gematik am Markt anbieten, ist aus Sicht des Bundesministeriums für Gesundheit zu kritisieren.“
Warum die Gematik überhaupt die Zulassung erteilt habe, wollte die Union wissen? Weil der Konnektor seinerzeit dem geltenden Produkttypsteckbrief entsprochen habe, so das BMG. „Wenn die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind, ist dem Antragsteller zwingend die Zulassung zu erteilen. Der Gematik steht diesbezüglich kein Ermessen zu.“
Da CGM also kein Update anbieten konnte oder wollte, gab es laut BMG zum damaligen Zeitpunkt keine andere Möglichkeit, als den teuren Austausch der Hardware zu veranlassen: „Vor dem Hintergrund, dass ab Herbst 2022 die ersten Zertifikate von Konnektoren auslaufen würden, konnten die Gesellschafter der Gematik Anfang 2022 nicht sicher davon ausgehen, dass zum Zeitpunkt des Ablaufs der Zertifikate eine zugelassene, und damit sichere und stabil laufende Lösung für die Laufzeitverlängerung zur Verfügung stehen würde“, so das BMG.
Obendrein sei damals noch nicht klar gewesen, ob die einmalige Verlängerung ausgereicht hätte, um einen fließenden Übergang in die ab 2025 geplante TI 2.0 – ein System ohne Nutzung von Konnektoren – zu gewährleisten. „Ein auf die Laufzeitverlängerung folgender, zusätzlicher Austausch der Konnektoren wäre somit ein mögliches Szenario geworden und hätte eine doppelte finanzielle Belastung (Kosten sowohl für Verlängerung der Zertifikate als auch für späteren Austausch) bedeutet.“ Erst im Sommer 2022 sei der Zeitplan für den TI-Zugang per Software („TI-Gateway“) „seriös belastbar“ gewesen.
Wie hoch die Mehrkosten sind, weiß das BMG nach eigenen Angaben immer noch nicht: „Der Bundesregierung liegen keine Informationen vor, ob und gegebenfalls inwieweit der GKV ein Schaden entstanden ist.“
Um nicht noch einmal in eine solche Abhängigkeit zu geraten, habe man die Erstattungssystematik umgestellt, so das BMG: „Mit der Einführung der TI-Pauschale als neuem Finanzierungsmechanismus wurde das Marktmodell gestärkt, um Leistungserbringer zukünftig mit innovativen, kostengünstigen und sicheren Lösungen an die Telematikinfrastruktur anschließen zu können.“ Konkret seien mit dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz mit Wirkung zum 1. Juli 2023 die ökonomischen Anreize für die Hersteller so verändert worden, „dass gleiche Wettbewerbsbedingungen für unterschiedliche Handlungsoptionen gegeben sind“.
Eine Benachteiligung von CGM-Kunden gab es laut BMG nicht: „Die Regelung zur TI-Pauschale berücksichtigt, ob eine Erstattung der Kosten des Konnektortausches bis zum 30. Juni 2023 erfolgt ist oder nicht. Der Anbie- ter der Konnektoren spielt hingegen keine Rolle.“
Die gesetzlichen Regelungen sehen laut BMG auch vor, dass die Gematik durch ihre Vorgaben sicherstellt, dass die Hersteller mit ihren Produkten die Sicherheit und Funktionsfähigkeit der Telematikinfrastruktur nicht gefährden und die Interoperabilität gewahrt bleibt. Entscheidet sich ein Unternehmen künftig gegen eine Weiterentwicklung, geht es demnach das Risiko ein, dass seine Kunden zu anderen Herstellern wechseln. „So bestand auch beim Konnektortausch die Möglichkeit für betroffene Leistungserbringer, auf den Konnektor eines anderen Herstellers zu wechseln. Von dieser Möglichkeit haben auch verschiedene Leistungserbringer Gebrauch gemacht.“
Das Digitalgesetz (DigiG) sehe zudem vor, dass die Gematik künftig „die Kosten bei strategischen Architekturentscheidungen zu ermitteln, zu berücksichtigen und nachprüfbar zu dokumentieren hat“.
Anlass, an der Technik insgesamt zu zweifeln, sieht das BMG trotz der Turbulenzen um den Konnektorenaustausch nicht: „Die Leistungsfähigkeit der TI zeigt sich bei der Nutzung der Anwendungen elektronische Arbeitsunfähigkeit (eAU), E-Rezept und Kommunikation im Medizinwesen (KIM).“
Spätestens 2025 soll nach jetzigem Zeitplan die Einführung der TI 2.0 abgeschlossen sein – wer seinen Konnektor also 2020 oder später installiert hat, könnte ihn dann also einfach abschalten und als Relikt der Vergangenheit sehen.
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