E-Rezept-Ausfall: Apotheke im Stich gelassen Laura Schulz, 29.12.2023 10:26 Uhr
Ganz rund läuft es noch nicht mit dem E-Rezept. Dass es am Anfang immer ein paar holprige Hindernisse gibt, verwundert nicht. Schön wäre es nur, wenn drumherum wenigstens der Support macht, was er verspricht – nämlich unterstützen. In der Berg- und Hütten-Apotheke in Duisburg von Inhaber Hans Jung hat das mit dem Softwarehaus Noventi leider nicht geklappt.
Am 27. Dezember fiel bereits kurz vor der Apothekenöffnung um 8 Uhr auf, dass derzeit keine E-Rezepte bearbeitet werden können, so Apotheker Dr. Jan Bandolik. Die Verbindung zur TI konnte nicht hergestellt werden, die Technik meldete dem Team immer wieder, dass ein Problem mit dem NES bestehe.
Natürlich versuchte es das Team erst einmal mit einem Neustart. Aber auch nach mehrmaligem Ein- und Ausschalten der gesamten Anlagen und des TI-Konnektors lief immer noch nichts. „Wir haben uns also sofort bei der entsprechenden Notfall-Hotline gemeldet. Wir sind vollständig aufgeschmissen ohne E-Rezept, da die Gemeinschaftspraxis im Haus mit sechs Ärzten und die weiteren Hausarztpraxen im Ortsteil bereits zum Monatswechsel November/Dezember auf E-Rezepte umgestellt haben“, so Bandolik.
Kein Support an 2 Tagen
Dem Team blieb also nichts anderes übrig, als die E-Rezept-Kund:innen auf den nächsten Tag zu vertrösten. Doch auch da sah es nicht besser aus. Der Status war leider auch am Donnerstag immer noch unverändert. Mehrfach versuchte das Team, bei der Notfall-Hotline und bei ihrem Außendienstler etwas zu erreichen. „Bis zum jetzigen Zeitpunkt hat sich tatsächlich niemand gekümmert“, so der Stand am Donnerstagabend.
Der Fehler sei bisher weder begutachtet noch seien lösungsorientierte Nachfragen gestellt worden. „Auf mehrere Stunden Wartezeit hatten wir uns eingestellt, aber dass wir tatsächlich mehrere Tage im Stich gelassen werden, schockiert das gesamte Team. Der Außendienstler geht mittlerweile nicht mehr ans Telefon.“
Die Apotheke fühlt sich von Noventi im Stich gelassen, „für uns eine bodenlose Unverschämtheit“. Und vor allem sei es sowohl für die Apotheke als auch für die Patientenkommunikation untragbar, nicht zu wissen, wann es hier vorangehe. „Zurzeit bitten wir die Arztpraxis im Haus in dringenden Fällen Muster 16 Rezepte auszustellen – zum Glück haben wir ein kooperatives Verhältnis.“
Dennoch sei der für die Apotheke entstandene Schaden kaum zu überblicken, da die Verordnungen für die Dauermedikation der Patient:innen zum Teil schon in den Tagen vor Weihnachten als E-Rezept ausgestellt wurden. Daher sei natürlich davon auszugehen, dass diese Arzneimittel nun in anderen Apotheken abgeholt werden.
Endlich Bewegung bei Noventi
Am Freitagmorgen konnte Inhaber Hans Jung immerhin vermelden, dass nun an dem Problem gearbeitet wird. Ob es was bringt, ließ sich zunächst nicht absehen. Nachdem er aber schon unzählige Kund:innen wegschicken musste, ist er einfach nur noch verärgert. In der Hotline bekam er zwei Tage lang nur eine freundliche Telefonistin dran, die sein Ticket aufnahm und weitergab. Helfen konnte sie ihm nicht.
Auch der Notfalldienst, den er mobil im Homeoffice erwischte, konnte der Apotheke nicht auf die Schnelle weiterhelfen. Er versprach, es weiterzugeben, passiert ist aber nichts. Dass nichts vorangehe, sei inzwischen auch für die Support-Mitarbeitenden offensichtlich untragbar, so Jung. In den vergangenen Tagen seien über 1000 Tickets beim Support eingegangen. Kein Wunder, dass die Bearbeitung dauere.
Auch die mangelnde Unterstützung durch den Außendienstler ärgert Jung. Drei Ärzte arbeiten jetzt zwischen den Jahren bei ihm im Haus und er kann einfach nichts machen. Am Freitag kurz nach 10 Uhr kann sich Jung und das gesamte Team aber endlich freuen: „Es läuft!“ Eine Mitarbeiterin von Noventi hat die Lösung gefunden – „meine Heldin“, sagt der Inhaber.
Frust wegen Technik & Support
Was genau für den mehr als 48 Stunden andauernden Ausfall gesorgt hat, war wohl ein eher untypisches Problem beim Zugriff auf die Datenbank, das beim Hochfahren am Mittwoch aufgetreten ist. Ein Backup aus der Cloud habe am Ende geholfen. Seiner „Heldin“ machte Jung keine Vorwürfe, wie lange das Beheben gedauert hat. Immerhin könne sie nichts dafür und als sich endlich jemand kümmerte, ging es offenbar auch recht schnell zu lösen. Aber einen schlecht erreichbaren Support habe die Apotheke hier schon öfter erlebt.
„Aber das hat mich ein paar Tausend Euro Rohgewinn gekostet.“ Außerdem könne ihm niemand garantieren, dass das nicht beim nächsten Mal Hochfahren der Technik wieder passiere. Jung ist das alles zu viel geworden, er freut sich, dass er das Rentenalter erreicht hat. „Ich habe da keinen Bock mehr drauf.“ Zur Jahresmitte ist Schluss, dann übergibt Jung an seinen Nachfolger Dr. Jan Bandolik.