In vielen Arztpraxen kommt es derzeit zu Systemumstellungen: Das Papierrezept wird bis auf wenige Ausnahmen vom E-Rezept abgelöst. Das läuft alles andere als reibungslos: Kunden und Kundinnen sowie Apotheken haben das große Nachsehen. So werden beispielsweise in einer Arztpraxis in einem Ärztehaus in der Oberpfalz die Patient:innen direkt dazu aufgefordert, mit der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) erst am Folgetag eine Apotheke aufzusuchen: Mit fatalen Folgen, wie eine Inhaberin berichtet.
Wegen einer kürzlich erfolgten Systemumstellung werden alle Patient:innen einer Arztpraxis in Bayern dazu aufgerufen „einmal pro Quartal“ die Versichetrenkarte in der Praxis einlesen zu lassen. Darauffolgend könne die Praxis über „Telefonate oder die bekannte App“ die Rezepte vorbereiten. Aber: „Diese können Sie dann erst am Folgetag mit Ihrer Versichertenkarte in Ihrer Hausapotheke oder einer beliebigen Apotheke einlösen“, heißt es weiter. „Das hat fatale Folgen“, so eine Inhaberin einer bayrischen Apotheke.
Der große Feind dieser Vorgehensweise sei der Versandhandel: „Die Patienten lesen in der Praxis die Karte ein und kommen danach gleich zu uns in die Apotheke. Wir müssen aber erklären, dass wir die Medikamnete nicht sofort aushändigen können“, so die Approbierte. „Es hapert schlicht an der fehlenden Signatur. Sicherlich hat der Arzt die Möglichkeit eine sogenannte Stapelsignatur vorzunehmen, damit könnte er 250 Rezepte am Stück signieren. Aber damit gibt er auch 250 Blankorezepte frei, ohne nochmal drüber zu schauen“, so die Inhaberin.
Das Problem seien die oftmals überfüllten Sprechzimmer: „Der Arzt hat wenig Zeit, ständig in den PC zu schauen, ob er Rezepte signieren müsste. Früher hat die Arztschwester zwischen zwei Patientengesprächen die Rezepte reingereicht zur Unterschrift, das ist jetzt viel aufwendiger. Ich kenne zudem keinen gewissenhaften Arzt, der die Stapelsignatur gutheißt. Das ist aber gerade bei Patienten mit Dauermedikation ein großes Problem“, so die Apothekerin.
Die sogenannten „Patientenströme“ werden sich ihrer Meinung nach verändern: „Bisher kamen die Menschen dann pulkartig aus dem Ärztehaus direkt zu uns, wir können aber wegen fehlender Signatur nicht einlösen, daher entscheiden sich viele Menschen um. Anstatt also am Folgetag nochmal zu uns in die Apotheke zu kommen, schicken sie die Verordnung an den Versandhandel oder gehen in eine Apotheke auf dem Arbeitsweg oder im Nachbarort. Das ist eine große Gefahr für manche Apotheken“, so die Inhaberin. „Denn zusätzlich locken solche Versandhäuser noch mit Rabatten und die Menschen wissen zwar, dass es nicht legal ist, wollen sich aber trotzdem auch den erneuten Weg zu uns sparen und bekommen den Bonus obendrauf“, so die Inhaberin.
Einige Patienten kommen auch auf die Idee, die eGK einfach in der Apotheke zu lassen: „Dann können sie mir das Medikament doch liefern, wenn die Signatur da ist, heißt es dann. Sowas wollen wir unbedingt vermeiden“, so die Apothekerin. Denn: „In dem Moment, wo die Karte hier gelassen wird, tragen wir auch die Verantwortung. Was passiert, wenn der Patient dann plötzlich ins Krankenhaus muss oder aber die Karte schlicht verloren geht? Das kann auf keinen Fall die Dauerlösung sein“, so die Inhaberin.
Eigentlich soll es für Menschen mit Dauermedikation per E-Rezept zur Erleichterung kommen: „Einmal im Quartal müssen die Patienten in die Praxis, um die eGk einzulesen, danach können sie per Telefon bestellen, dass die Praxis die entsprechende Verordnung freigibt. Genau da liegt das Problem“, so die Inhaberin. Denn nun rufen gehäuft Patienten an, die irgendwelche Medikamente vorbestellen möchten: „Was genau auf der Verordnung steht oder wo das Rezept bestellt wurde, ist nicht selten unbekannt. Wieder bleibt der Ärger dann an uns hängen“, so die Approbierte.
„Wir können nicht helfen, weil wir die Verordnung nicht einsehen können, ohne die Karte einzulesen. Das heißt, die Menschen haben einen extra Weg in die Apotheke. Auch hier lauert die große Gefahr, das Rezept gleich an den Versandhandel zu geben“, ist sich die Inhaberin sicher.
Mehr noch: „Ich vermute, das ist Absicht und das große Ziel hinter der Sache. Deswegen ist es auch schade, dass es sich abzeichnet, dass die Patienten nun andere Wege suchen werden, um die Rezepte einzulösen. Die Dauermedikationspatienten werden sich von den Apotheken vor Ort abwenden.“
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