E-Rezept-Ärger: „Müssen erst Patienten sterben?“ Laura Schulz, 18.03.2024 11:43 Uhr
Auch fast drei Wochen nach dem ersten Auftreten der morgendlichen Störungen beim E-Rezept ist noch immer keine Lösung in Sicht. Für Apothekerin Daniela Hänel Grund genug, sich nun an das Bundesgesundheitsministerium (BMG) zu wenden.
Hänels Apotheke in der Nordvorstadt in Zwickau ist seit knapp drei Wochen fast jeden Morgen vorübergehend nicht arbeitsfähig. Daher wendet sie sich nun ans BMG, der Zustand sei so einfach nicht tragbar. „Ich musste heute schon wieder Patienten wegsschicken und konnte diese nicht versorgen. Was muss denn noch passieren, damit das BMG sich der Problematik stellt?“
So könne sie ihre Kund:innen einfach nicht richtig versorgen. Das sei nicht nur ärgerlich für alle Beteiligten, sondern auch einfach gefährlich: „Müssen erst Patienten sterben?“ Zudem sei es nun an den Apotheken, den Patient:innen die Umstände zu erklären und den Ärger abzufangen. Verantwortung wolle hingegen derzeit niemand für die Ausfälle nehmen. „Wer haftet? Die Patientenversorgung ist inzwischen zum Roulette-Spiel geworden“, so Hänel verärgert.
Für die Teams in den Apotheken sei die aktuelle Lage demotivierend, zumal die Belastungsgrenze aufgrund vieler nicht lieferfähiger Arzneimittel ohnehin schon erreicht sei. „Wo bleibt das öffentliche Statement vom Gesundheitsminister zu diesen TI-Ausfällen? Was unternehmen BMG und Gesundheitsminister gegen die täglichen Ausfälle?“ Im Namen ihrer Patient:innen und ihres Teams erwarte sie hierzu Stellungnahme vom Ministerium.
Abteilungsleiterin Susanne Ozegowski hatte zwar am vergangenen Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestags zu den Problemen Stellung genommen, hatte die Störungen aber als deutlich weniger gravierend beschrieben als sie für viele Apothekenteams derzeit jeden Morgen sind. Eine offizielle Stellungnahme des BMG gab es bislang nicht.
Seit kurz vor acht Uhr am Morgen bestanden der Gematik zufolge erneut „technischen Beeinträchtigungen des OCSP-Responders“. Betroffen waren der elektronische Heilberufsausweis (HBA) und die Security Module Card Typ B (SMC-B). Die Folge davon sei, dass es zu Problemen beim Erstellen in der Arztpraxis – und Einlösen von E-Rezepten in der Apotheke kommen könne. Laut Gematik arbeitet Medisign weiter „mit Hochdruck an weiteren Maßnahmen zur Behebung des Problems“. Das Tochterunternehmen von Apobank und DGN (Deutsches Gesundheitsnetz Service) erklärte zuletzt, dass gerade zum Wochenstart „anormale Abfragen an unsere Systeme gestellt“ würden.
Mail an [email protected]
In der Zwickauer Apotheke ging es dann ebenfalls ab etwa 9 Uhr wieder, während Hänel noch in der Leitung des BMG hing. „Ich habe dort angerufen, aber telefonisch kam ich nicht weiter. Ich sollte eine Mail an [email protected] schicken, damit das im zuständigen Fachbereich ankommt“, so Hänel. Sie habe anschließend auch andere Kolleg:innen dazu aufgerufen, sich ebenfalls über diese Adresse an das BMG zu wenden. „Mir reicht’s!“
Zudem wartet Hänel nun auf Rückmeldung ihrer Apothekerkammer bezüglich der auslaufenden und im Mai neu startenden Verträge mit den Anbietern für die HBA und SMC-B. Wenn hier entsprechende Rahmenverträge mit Anbieter D-Trust geschlossen würden, würde sie es künftig lieber so probieren als weiter über Medisign.
Zudem bedarf es aus ihrer Sicht einer dringenden Analyse, was bei den Apotheken nach der Belieferung der E-Rezepte eigentlich hängen bleibt. „SMC-B, HBA, Technik, Software – das wird uns doch alles nicht 1:1 über die NGDA zurückerstattet. Dann noch Gedisa und die vielen Plattformen – da bleibt doch noch weniger übrig.“ Alle Akteure wollen derzeit am E-Rezept mitverdienen, „und du bezahlst die Kosten, obwohl es nicht funktioniert.“ Für die Inhaberin ein unvertretbarer Zustand. Eine Lesebestätigung ihrer E-Mail steht aktuell noch aus.