„Das ist eine witzige Variante“

E-Rezept: Abgestempelt und handschriftlich geändert

, Uhr
Berlin -

Das E-Rezept soll bis auf wenige Ausnahmen ab Januar verpflichtend sein – so zumindest die Theorie. Dass es in der Realität noch häufig bei der Umsetzung hapert, musste kürzlich auch Jutta Scharnick, Inhaberin der Fortuna Apotheke in Bremen, feststellen: „Ein Kunde legte uns ein ausgedrucktes E-Rezept vor. Dieses war trotz bereits erstelltem Code im Nachhinein durch den Arzt händisch verändert worden“, so Scharnick amüsiert.

Als der Patient sein ausgedrucktes E-Rezept vorlegte, musste Scharnick spontan schmunzeln: „Das war im ersten Moment mal eine witzige Variante eines E-Rezeptes. Der Arzt hat seine Änderung sogar gegengestempelt.“ Ursprünglich waren die Wirkstoffe Amoxicillin und Ibuprofen verordnet. Im Nachgang änderte der Verschreibende jedoch das E-Rezept nochmal handschriftlich ab: „Das verordnete Ibuprofen sollte es wohl doch nicht sein. Es wurde wieder gestrichen und mit einem Stempel durch den Arzt bestätigt“, so die Apothekerin.

Ein so erstellter Code kann im Nachgang natürlich nicht handschriftlich geändert werden: „Auf gut Deutsch: Das Rezept gehört in den Müll, und es muss ein neues ausgestellt werden“, so Scharnick, die den Patienten wieder zurück zur Praxis schickte. Es handelt sich hierbei aber um einen Einzelfall: „Die Praxis stellt häufig E-Rezepte aus. Eine händische Änderung ist so noch nicht vorgekommen“, so die Apothekerin.

Falsch auf dem Server hinterlegt

Von anderen Hürden kann sie jedoch umso mehr berichten: „Im Nachtdienst hatten wir einen besonders tragischen Fall. Ein Patient war schon fast drei Stunden unterwegs und versuchte, eine notdiensthabende Apotheke zu finden, die sein E-Rezept auslesen konnte“, so Scharnick. Keine der aufgesuchten Apotheke konnte helfen, bis eine Apothekerin den entscheidenden Hinweis gab: „Die Notfallpraxis hatte das E-Rezept nicht richtig auf dem Server hinterlegt. Er musste schließlich zurück zum Bereitschaftsarzt, um ein neues Rezept zu bekommen.“

Anstatt den Vorgang zu vereinfachen und ein rosa Rezept auszudrucken, schickte die Praxis den Patienten abermals mit einem E-Rezept los: „Er kam damit zu uns, und es gab wieder nur Probleme, die aber erst später ersichtlich wurden“, so die Inhaberin.

Nach Belieferung des E-Rezeptes wurde durch die Abrechnungsstelle bekannt gegeben, dass das Rezept bereits zu alt gewesen sei: „Ich hatte in der Notdienstnacht ein Rezept von August erhalten. Der Software ist das nicht aufgefallen“, ärgert sich Scharnick. „Der Kunde war zum Glück sehr kooperativ und rief seine Ärztin an, die umgehend ein neues Rezept ausstellte.“ Scharnick fragt sich allerdings, wie die Reise des E-Rezeptes weitergeht: „Wenn es ab Januar verpflichtend wird, sehe ich in vielerlei Hinsicht schwarz. Viele unserer umliegenden Praxen sind nicht zu 100 Prozent bereit, es herrscht noch sehr viel Wirrwarr.“

Panik vor E-Rezept

Auch unter älteren Menschen sei der Unmut über das E-Rezept noch groß: „Viele wollen etwas in der Hand halten und bekommen regelrecht Panik, wenn es heißt, das Rezept sei dann irgendwo auf dem Server. Damit können viele Menschen einfach nichts anfangen“, so Scharnick. Wenn man an Stromausfall denke, sei die Sorge ebenfalls groß: „Wir können dann einfach gar nichts mehr machen, es sind keinerlei Daten abrufbar.“

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Lesen Sie auch
Neuere Artikel zum Thema
Mehr zum Thema
Mehr aus Ressort
Verzögerungen wegen „KOB light“?
ePA: Die Angst vor Abmahnungen
Verzögerung bei Rollout
BMG: ePA für alle kommt später

APOTHEKE ADHOC Debatte