Anlässlich der Halbjahreszahlen hat DocMorris heute Einblick gegeben in das Geschäft mit E-Rezepten. Nach eigenen Angaben konnte der Versender viele Neukunden gewinnen, die viel umsetzen – musste dafür aber auch viel investieren. Die Botschaft, die übermittelt werden soll: Noch 18 Monate durchhalten, dann zahlt sich das Geld aus.
Etwa 13 Millionen Franken wurden im ersten Halbjahr in das Marketing rund um das E-Rezept gesteckt. Dafür sei nun auch im Juli die Ernte eingefahren worden: Die Rx-Neukundenzahl habe sich gegenüber der Zeit von vor CardLink vervierfacht. „CardLink ist ein großer Erfolg“, so CEO Walter Hess. Die Zeit davor sei jedoch schwierig gewesen, der Einbruch bei Papierrezeptkunden deutlich spürbar: „Viele Rx-Kunden konnten uns keine Rezepte mehr schicken, bis CardLink kam.“
Mit dem CardLink-Verfahren stehe dem Unternehmen nun aber der Markt der E-Rezept-Kunden offen, weiteres Wachstum werde erwartet. Die durchschnittliche Warenkorbgröße der eRx-Kund:innen habe einen Wert von 102 Euro, verglichen mit 38 Euro im OTC-Bereich. DocMorris verspricht sich sogar, dass die Kunden ein Leben lang treu blieben: 95 Prozent seien Wiederholungstäter, was allerdings nicht zu der insgesamt von 79 auf 75 Prozent gesunken Quote an Wiederholungsbestellungen passt.
4,5 Mal pro Jahr bestellten die eRx-Kund:innen – insgesamt sind es im Rx-Bereich 4,1 Aufträge, vor einem Jahr waren es 4,4. Im OTC-Bereich sind es nur zwei Bestellungen pro Jahr.
Nach 18 Monaten habe sich das Investment in den neuen Kunden ausgezahlt. Diese Kennzahlen seien „sogar noch besser als erwartet“. Jährlich bringe jeder eRx-Kunde einen Deckungsbeitrag in Höhe von 63 Euro – allerdings ohne Marketingaufwendungen. Diese Zahl errechnet sich aus dem Warenkorb in Höhe von 102 Euro, der einen Rohertrag von 21 Euro abwirft (Papierrezept: 18 Euro). Nach Abzug von 7 Euro an Bearbeitungskosten bleiben 14 Euro (Papierrezept: 9 Euro), die entsprechend mit 4,5 Bestellungen multipliziert werden
Mehr als 500.000 E-Rezepte habe DocMorris inzwischen verarbeitet und im Juli im Rx-Bereich einen Anteil am Gesamtmarkt von 0,52 Prozent. Im Januar seien es nur 0,29 Prozent gewesen. Ähnliche Zahlen hatte schon Konkurrent Redcare vermeldet.
Viele der ehemaligen Papierrezeptkund:innen seien nun immerhin E-Rezept-Kund:innen, freut sich DocMorris. 2023 habe man auch nach dem Rx-Bonus-Verbot eine „starke Loyalität der DocMorris-Kunden“ gesehen. Insgesamt sei man nun wieder auf einem höheren Gesamtlevel der bearbeiteten Rezepte als noch im November 2023.
Mit verschreibungspflichtigen Arzneimittel konnte der Versender so 6 Prozent mehr umsetzen als noch im Vorjahreszeitraum. Beachtlicher noch falle der Unterschied zum durchschnittlichen Rx-Umsatz aus dem ersten Halbjahr aus, da es für DocMorris ohne CardLink in Sachen E-Rezept schwach aussah. Die Zahl der Papierrezepte war sehr schnell eingebrochen und liegt jetzt halb so hoch wie November, während die Zahl der E-Rezepte im Januar zwar sprunghaft zunahm, dann aber erst ab Mai weiter stieg. Worte über die E-Rezept-App der Gematik, die die Versender ebenfalls berücksichtigt, werden nicht verloren.
Auch die DocMorris-App habe mit der Einführung von CardLink einen starken Anstieg bei den Downloads erfahren; auch hier spricht der Versender von einer Vervierfachung im Vergleich zum Juli 2023. Nutzer:innen seien zufrieden, heißt es; diese seien laut Hess auch zufrieden mit dem Lieferversprechen.
Ein weiteres Highlight für den Versender sei das Tochterunternehmen Telclinic. Der Anbieter für Videosprechstunden sei Marktführer, der Bedarf auf Patientenseite ungebrochen, so Hess. Nun brauche es mehr teilnehmende Ärzt:innen. Hier wird für das Gesamtjahr ein Umsatz von mehr als 10 Millionen Franken „bei sehr attraktiver Bruttomarge und zweistelliger Ebitda-Marge“ erwartet. Allerdings: Nicht weniger als 47 Millionen Franken hatte Zur Rose vor einigen Jahren für Teleclinic gezahlt und Ende 2022 bereits 35 Millionen Franken vom Firmenwert in seinen Büchern abgeschrieben. Damals hatten sich bereits Verluste von 27 Millionen Euro angesammelt.
Rechtlich sei Deutschland hier nun aber auf dem richtigen Weg für solche Angebote, so der CEO. In diesem Zusammenhang gab es Lob für Gesundheitsminister Karl Lauterbach: Das regulatorische Umfeld für die Telepharmazie entwickle sich positiv. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) habe den Referentenentwurf für ein Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) vorgelegt. „Darin wird erstmals die Bedeutung der Telepharmazie für die flächendeckende Arzneimittelversorgung in Deutschland anerkannt. Sie soll als Bestandteil der pharmazeutischen Regelversorgung in die Apothekenbetriebsordnung aufgenommen werden.“
Und auch auf eine weitere gesetzliche Anpassung freut sich Hess: Die anstehenden Änderungen bei der Chroniker-Versorgung seien eine „aufregende“ Veränderung. Hess erhofft sich, dass viele Ärzte dann Gebrauch von den Wiederholungsrezepten machen. Zudem wolle man sich auf „neue Dienste“ für chronische Kranke im Hinblick auf HIV und Nierengesundheit fokussieren.
Dass man nun so viel Geld in neue Kund:innen investieren musste, liege auf der Hand. Da die neuen Kund:innen aber häufig zu treuen Kund:innen werden, lohne sich das Geschäft. Zudem habe man in den vergangenen Monaten viel Zeit und Geld in verschiedene Tests gesteckt, um das Rx-Business zu optimieren. Dafür sei CardLink „ab Tag 1 ein großartiger Erfolg“ gewesen, betonte Hess erneut. Jeder investierte Euro in Neukunden sei gut angelegtes Geld.
Ob das Geschäft aber wirklich rentabel wird, muss sich offenbar auch für DocMorris selbst noch zeigen. So nutzt Hess lieber „zuversichtlich“ bezüglich des weiteren Ausblicks, der im Vergleich zum letzten Mal allerdings gekürzt werden musste. Für 2025 rechnet man mit einer „Marktdurchdringung“ im Rx-Segment; „profitabel“ werde es hingegen im OTC-Bereich und auf den europäischen Markt bezogen.
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