„Card Link“ noch im Februar?

DocMorris-CEO blufft beim E-Rezept

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Berlin -

Den Versendern läuft die Zeit davon: Seit mehr als einem Monat werden in den Praxen E-Rezepte ausgestellt, ohne dass sie davon allzu viele abbekommen hätten. An den Börsen wettet man darauf, dass der Anschluss noch gelingen wird, und DocMorris-CEO Walter Hess befeuert diese Hoffnung mit halbseidenen Aussagen.

Seit Jahresanfang wurden mehr als 50 Millionen E-Rezepte eingelöst, insgesamt sind es sogar schon knapp 70 Millionen. Doch die wenigsten davon dürften ihren Weg zu den niederländischen Versendern gefunden haben. Denn nur mit der Gematik-App lassen sich die Verordnungen komplett digital übermitteln – ohne Möglichkeit zum Einstecken der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) bleibt den Versendern nur, ihre Kundinnen und Kunden zum Abfotografieren oder Einscannen des Token zu bitten.

Doch viele Praxen sehen es gar nicht ein, die angeblich digitale Verordnung nun auch noch auszudrucken; die Scan-Lösung der E-Rezept-Enthusiasten mit Anzeige auf dem E-Health-Terminal hat sich bislang ebenfalls nicht durchgesetzt.

Gekaufte E-Rezepte

Wie schwierig die Lage ist, zeigt sich daran, dass sowohl Shop Apotheke als auch DocMorris nicht nur mit Next-Day-Delivery für E-Rezepte, sondern auch wieder offensiv mit Rx-Boni werben. Immerhin laufen sie damit Gefahr, aus dem Rahmenvertrag zu fliegen und überhaupt keine Rezepte zu Lasten der GKV mehr abrechnen zu dürfen. Aber die Not scheint so groß zu sein, dass man dieses Risiko in Kauf nimmt: Lieber gekaufte E-Rezepte als gar keine E-Rezepte, lautet die Devise.

Gegenüber dem Handelsblatt gab Hess Anfang Februar außerdem zu Protokoll, dass man schon in Kürze ein Verfahren zum Einlösen von E-Rezepten ohne Medienbruch einführen werde: „Wir rechnen damit, dass unsere App Ende Februar, Anfang März freigeschaltet werden kann“, sagt so der DocMorris-CEO. „Unsere Lösung steht und ist funktionsbereit. Wir warten jetzt noch, dass die letzten Schritte der Zertifizierung abgeschlossen werden.“

„Card Link“ in Entwicklung

Tatsächlich hatten die Versender über ihren Verband European Association of E-Pharmacies (EAEP) schon im vergangenen Jahr das „Card Link“ genannte Verfahren entwickeln lassen. Dabei halten Versicherte ihre NFC-fähige eGK auf das NFC-fähige Mobiltelefon; dann erfolgt automatisch die Aufforderung, die letzten sechs Ziffern der Kartennummer einzugeben. Sobald dies geschehen ist, können die Patienten über die App der Versender oder Plattformen ihre E-Rezepte einsehen und in den Warenkorb legen.

Das Problem: Das Verfahren muss von der Gematik erst noch spezifiziert werden. Nachdem die Gesellschafterversammlung auf Druck des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) beschlossen hatte, ein Verfahren für die „mobile Nutzung der eGK ohne PIN für den digitalen Verkaufsbereich“ zu entwickeln, hatte es im Dezember zwar eine Vorabveröffentlichung gegeben. Die finale, mit den Gesellschaftern, dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) abgestimmte Spezifikation soll bis Ende des ersten Quartals vorliegen, was für bisherige Verhältnisse ein echter Schnelldurchlauf wäre.

Danach muss es aber auch noch Produkt- und Anbieterzulassung geben. „Erste Zulassungsverfahren sollen zeitnah danach erfolgen“, teilte die Gematik im Dezember mit. Experten gehen aber davon aus, dass es dann noch zwei bis sechs Monate bis zum Launch der ersten Angebote dauern könnte.

Kein TI-Zugang ohne Zulassung

Die Ankündigung des DocMorris-Chefs, dass das Verfahren noch im Februar genutzt werden kann, ist damit mehr als gewagt. Ohne Zulassung wäre ein Launch aber gesetzeswidrig: Nach § 326 Sozialgesetzbuch (SGB V) ist die „Nutzung der Telematikinfrastruktur ohne Zulassung oder Bestätigung“ ausdrücklich verboten. Aber wer weiß, vielleicht nimmt es auch mit dieser Vorgabe in Heerlen nicht ganz so genau.

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