Das E-Rezept soll nach den offiziellen Plänen der Gematik zwar vorerst mit nur 120 Apotheken in Berlin und Brandenburg getestet, dann aber im vierten Quartal schrittweise bundesweit ausgerollt werden. Kommen also alle Apotheken vor der verpflichtenden Einführung zum 1. Januar wenigstens einige Wochen lang mit elektronischen Verordnungen in Kontakt? Das BMG geht offenbar nicht davon aus. Es rechnet erst zu Beginn des kommenden Jahres mit einer flächendeckenden Einführung des E-Rezepts.
Weniger als acht Wochen vor dem offiziellen Start des E-Rezepts sind viele Fragen noch offen. Angefangen von den genauen Teilnehmern der Erprobung über den Fahrplan für die schrittweise bundesweite Einführung, die sich an den Testlauf im dritten Quartal anschließen soll. Gematik und Abda betonen, dass die Apotheken sowieso „E-Rezept-ready“ seien – aber werden wirklich alle deutschen Apotheken die Gelegenheit haben, Empfang, Verarbeitung und Belieferung elektronischer Verordnungen einzuüben, bevor sie es müssen?
Das BMG geht nicht davon aus, dass das E-Rezept noch dieses Jahr bundesweit verfügbar sein wird. „Eine flächendeckende Ausstellung und Einlösung von E-Rezepten durch Leistungserbringer wird erst ab dem 1. Januar 2022 erfolgen“, erklärt es auf Anfrage. Immerhin geht es davon aus, dass die Gematik bis zum 1. Juli mit den technischen Grundlagen fertig sein wird. Sie werde „das E-Rezept bis zum 1. Juli 2021 entwickeln“, so das BMG.
Die dreimonatige Testphase ab dem 1. Juli werde zunächst „mit realen Nutzungsszenarien hinsichtlich Funktionalität und Interoperabilität der beteiligten Komponenten stattfinden“. Ziel der Testphase sei es, vor einer flächendeckenden Nutzbarkeit des E-Rezepts die Praxistauglichkeit der Fachanwendung sicherzustellen und unterstützende Prozesse wie Betriebs- oder Supportprozesse sowie verschiedene Produktausprägungen der beteiligten Produkte und Produkttypen in realer Einsatzumgebung prüfen zu können. Dazu zählten insbesondere auch die technischen Systeme, die nicht von der Gematik bereitgestellt werden wie die Abrechnungssysteme oder die Praxisverwaltungssysteme der Ärzte.
Die Erprobung des E-Rezept in der Testregion Berlin-Brandenburg schließt sich nach Angaben der Gematik an das bisherige Modellprojekt der dortigen Zukunftsregion Digitale Gesundheit (ZDG) an. Welche Betriebe sich am E-Rezept-Piloten beteiligen werden, steht jedoch wenige Wochen vor Beginn anscheinend noch gar nicht fest. „Teilnehmende Apotheken des bisherigen Modellprojektes sind bevorzugte Partner der Testphase in Q3/2021“, so die Gematik. „Weitere Apotheken werden durch das ZDG-Projekt in Abstimmung mit dem Berliner Apothekerverein zudem gezielt angesprochen, dabei wird auch auf die lokale Nähe zu den teilnehmenden Ärzten geachtet.“
Als Teilnehmer sind auf der ZDG-Seite allerdings nur 51 Apotheken aufgezählt, die zur Überführung in das Gematik-Projekt noch ihre Zustimmung geben müssen. Die restlichen Apotheken in Deutschland sollen später im Jahr nach und nach folgen.
Die Gematik beteuert, dass sich die bundesweite Einführung „ab dem 4. Quartal“ anschließen werde, „sodass alle (Zahn)Ärzte und Apotheker bis zum 01. Januar 2022 ausgestattet werden können“. Den Worten des BMG zufolge ist allerdings keineswegs davon auszugehen, dass noch im vierten Quartal mit genug zeitlichem Abstand zum Jahresende alle Apotheken elektronische Verordnungen werden empfangen und bedienen können.
Während aufseiten der Vor-Ort-Apotheken noch Unklarheit herrscht, wer mit an Bord ist, hat unter den großen Versendern zumindest Shop-Apotheke bereits Gewissheit. „Wir haben gerade die Bestätigung erhalten, dass wir in der Lage sein werden, elektronische Verordnungen aus der Testregion Berlin-Brandenburg zu erhalten, wenn sich ein Kunde entscheidet, sie an uns zu senden“, erklärte CEO Stefan Feltens am Donnerstag. „Das wird uns ermöglichen, unsere Prozesse und Systeme zu erproben. Wir werden in der Lage sein, als Online-Apotheke ein Teil der Testregion zu sein.“
Allerdings wird Shop-Apotheke wohl nicht direkt zum 1. Juli angeschlossen sein: Die Rechtsverordnung des BMG, die die Datenaustausch zwischen Gematik- und Drittanbieter-Apps regelt, wird erst im Laufe des Juli erwartet.
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