Mit dem Digitale Versorgung und Pflege-Modernisierungs-Gesetz (DVPMG) soll der Deutsche Apotheker Verband (DAV) verpflichtet werden, der Gematik ein vollständiges Apothekenverzeichnis zu übermitteln. Dessen Daten sollen offiziell die Basis für die Ausgabe von elektronischen Heilberufsaausweisen (HBA) und Institutionenkarten (SMC-B) bilden. Doch die Abda sieht darin ein trojanisches Pferd, das die Anbindung europäischer Versandapotheken ermöglicht – die anders als der DAV nicht für die Datenübermittlung zahlen müssen. In ihrer Stellungnahme zum DVPMG fordert die Abda deshalb, den entsprechend Passus zu streichen. Und wenn nicht, die Gematik selbst dafür zahlen zu lassen.
„Die Apotheken sind bereit und in der Lage, innovative Versorgungsangebote zu unterbreiten“, schreibt die Abda an die Adresse des Bundesgesundheitsministeriums. „Dies setzt es aber voraus, dass auch bei digitalen Angeboten ein fairer Leistungswettbewerb besteht, der es allen Apotheken, insbesondere auch im ländlichen Raum, erlaubt, den von ihnen versorgten Versicherten solche Leistungen zu offerieren.“ Regeln für einen fairen Leistungswettbewerb sieht die Standesvertretung im DVPMG aber offenbar nur bedingt. Unter anderem, weil der DAV auf eigene Kosten die Daten bereitstellen soll, mit denen ausländische Versandapotheken in die deutsche Versorgung eingebunden werden.
Denn mit dem DVPMG will der Gesetzgeber den DAV verpflichten, der Gematik unentgeltlich ein Apothekenverzeichnis zur Verfügung zu stellen, das mindestens monatlich aktualisiert – also auch entsprechend gepflegt – werden muss. Dessen Daten sollen nicht nur der Ausgabe von HBA- und SMC-B dienen, sondern nach Sicht der Abda auch der von „Komponenten zur Authentifizierung von Leistungserbringerinstitutionen an (Versand)Apotheken aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union“. Die Standesvertretung ist damit alles andere als glücklich. Neben der Frage, ob die Übermittlung überhaupt mit dem Grundsatz der Datenminimierung – also so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich zu übermitteln – vereinbar ist, kritisiert die Abda, dass es diese Regelung eigentlich gar nicht gebraucht hätte.
Denn eigentlich sei im Referentenentwurf noch vorgesehen gewesen, dass die Versandapotheken verpflichtet werden, jährlich eine Bestätigung darüber vorzulegen, dass sie weiterhin dem Rahmenvertrag beigetreten sind. „Mit einer solchen Regelung bestände für die Übermittlung des gesamten Apothekenverzeichnisses an die Gematik keine Notwendigkeit“, so die Stellungnahme. Es wäre demnach eigentlich ausreichend, wenn die Versandapotheken der Gematik vor Ausgabe der HBA und SMC-B eine entsprechende Bestätigung vorlegen. Deshalb „regen wir an, die vorgesehenen Änderungen (…) ersatzlos zu streichen“, so die Abda.
Wenn die Gematik auf die Datenübermittlung beharrt, dann solle sie auch selbst für deren Kosten aufkommen – schließlich sieht der DAV sich nicht in der Pflicht, unentgeltlich Dienstleistungen für Versandapotheken zu übernehmen. „Die Datenbereitstellung und -übermittlung an die Gematik erfolgt allein im Interesse der (Versand)Apotheken aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die jedoch – auch mangels einer Mitgliedschaft im DAV – an keinerlei der hierbei entstehenden Kosten beteiligt sind“, so die Abda. „Dies ist aus unserer Sicht nicht gerechtfertigt.“ Soweit an den Änderungen festgehalten wird, fordere sie daher, dass die Gematik die Kosten für die Bereitstellung und Übermittlung der Daten des Apothekenverzeichnisses einschließlich der Kosten für die Bereitstellung und Übermittlung notwendiger Änderungen zu tragen hat.
Auch die Apothekerkammern sollen mit dem DVPMG verpflichtet werden, Apothekendaten an den elektronischen Verzeichnisdienst zu übermitteln. Eine Vergütung ist dafür allerdings nicht vorgesehen. Was das bedeuten könnte, zeigte sich erst kürzlich in Hessen: Die dortige Kammer hat eine Beitragserhöhung auch damit begründet, dass durch die Ausgabe des elektronischen Heilberufsausweises durch die Kammer neue Kosten hinzugekommen seien. Die Abda fordert auch hier eine Nachbesserung: „Durch den Gesetzgeber wurde bislang nicht berücksichtigt, dass die Apothekerkammern der Länder keine Leistungserbringerorganisationen im Sinne des SGBV sind und insoweit an der Finanzierung des GKV-Systems durch die gesetzlichen Krankenkassen nicht partizipieren“, so die Stellungnahme.
„Gleichwohl nehmen sie im Rahmen der Ausgabe der HBA und SMC-B sowie bei der Datenlieferung an den elektronischen Verzeichnisdienst Aufgaben wahr, die unmittelbar dem GKV-System zugutekommen.“ Das gelte insbesondere für jene Pflege des elektronischen Verzeichnisdienstes – eine Leistung, die die Kammern nicht gegenüber ihren Mitgliedern, sondern gegenüber der Gematik erbringen müsse. Deshalb müsse im Gesetz geregelt werden, dass die Krankenkassen den Kammern die Bereitstellung und Pflege der Verzeichnisdaten erstatten müssen.
Und auch das Dauerbrennerthema Makelverbot dürfte erneut für Streit zwischen Standesvertretung und Bundesgesundheitsministerium sorgen. Denn mit den nun vorgesehenen Neuregelungen ist das aus Sicht der Abda keineswegs sichergestellt. Denn nach wie vor ist geplant, dass das E-Rezept oder dessen Token aus der E-Rezept-App der Gematik über die Schnittstelle an die App eines Drittanbieters weitergegeben werden können. „Neben der Gefahr, dass Rezeptzuweisungen/-steuerungen durch Apps der Drittanbieter (…) vorgenommen werden, sehen wir auch datenschutzrechtliche Risiken, da die Drittanbieter regelmäßig weder überwachbar sind noch ihnen berufsrechtliche Verschwiegenheitsverpflichtungen obliegen“, so die Stellungnahme. „Wir können auch keine Notwendigkeit für die Weitergabe von Verordnungsdaten an Drittanbieter vor der Abgabe erkennen, da sinnvolle ergänzende Angebote für die Versicherten nicht auf Grundlage der Verordnungsdaten, sondern nur auf Grundlage der Abgabedaten denkbar sind.“
Anbieter außerhalb der Telematikinfrastruktur (TI) sollen deshalb vor der Belieferung der Verordnung keinen Zugang zu Rezeptschlüsseln und Rezeptdaten erhalten, fordert die Abda. Es sei darüber hinaus auch notwendig, dass die Zuweisungs- und Makelverbote, die bereits im SGB V und im Apothekengesetz (ApoG) festgeschrieben sind, nicht nur für das E-Rezept selbst gelten, sondern auch für den Token. Nach Rechtsauffassung der Abda sei das zwar bereits so, da das ApoG auch Absprachen, welche die Zuführung von Patienten zum Gegenstand haben, verbietet und die Vermittlung von Verschreibungen durch Dritte an Apotheken untersagt. „Ob dies damit befasste Gerichte jedoch stets ebenso beurteilen werden, ist offen“, so die Sorge. „Um jegliche Unsicherheiten in dieser wichtigen Frage zu vermeiden“ regt die Abda deshalb an, auch den Begriff des Tokens explizit ins Gesetz aufzunehmen.
Eine mögliche Benachteiligung der Apotheken sieht die Abda wiederum bei den Regelungen zum elektronischen Medikationsplan (eMP). Denn der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sollen nicht mehr nur die Festlegungen für Interoperabilität von Daten der elektronischen Patientenakte, sondern auch für die Daten zur Fortschreibung der Vorgaben des eMP und der elektronischen Notfalldaten obliegen. Dazu muss sie lediglich das Benehmen mit dem DAV herstellen. Die Abda befürchtet nun, dass die KBV dabei keine Rücksicht darauf nimmt, wie diese Daten in der Apotheke verarbeitet werden können. „Vor dem Hintergrund, dass die Festlegungen zum eMP erhebliche Relevanz für die Apothekensoftware und damit für die täglichen Arbeitsabläufe in den Apotheken haben, erachten wir das Erfordernis einer ‚Benehmensherstellung‘ als nicht ausreichend, um sicherzustellen, dass die berechtigen Interessen der Apotheken in diesen Fragen ausreichend berücksichtigt werden“, so die Kritik. Statt den DAV nur ins Benehmen zu setzen, soll vorgeschrieben werden, dass zwischen beiden Parteien Einvernehmen hergestellt wird.
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