Apotheker: „E-Rezept erleichtert Heimversorgung“ Sandra Piontek, 04.01.2024 15:06 Uhr
Das E-Rezept gilt in der Heimversorgung als schwierig, denn die Einlösung mittels elektronischer Gesundheitskarte (eGK) ist nicht praktikabel. Thomas Kleine, Inhaber der Apotheke an der Universität in Bielefeld versorgt zahlreiche Heimbewohner und setzt auf die Übermittlung per KIM („Kommunikation im Gesundheitswesen“). Für ihn ist klar: „E-Rezepte bieten in der Heimversorgung deutliche Vorteile.“
Die Digitalisierung im Gesundheitswesen und insbesondere das E-Rezept bieten viele „Optionen, die Versorgung von Patienten in Pflegeheimen zu verbessern“, so Kleine. „Denn der zeitraubende Weg des Papierrezepts entfällt.“ Verordnungen ließen sich schneller übermitteln, gleichzeitig sei die Kommunikation zwischen Arzt und Apotheke intensiver. „Essentiell ist dafür ein effizienter Weg für das Rezept von der Arztpraxis zur heimversorgenden Apotheke. Das E-Rezept und KIM bieten dafür eine ideale Lösung.“
Mit der Einführung des E-Rezepts haben sich in der Zusammenarbeit von Arztpraxen und Apotheken in der Heimversorgung keinerlei neue rechtliche Rahmenbedingungen ergeben: „Es ist absolut gängige Praxis, dass in der Heimversorgung Muster-16-Rezepte direkt aus den Arztpraxen an Apotheken übermittelt werden, sei es durch Abholung der Rezepte aus den Praxen durch Apothekenboten oder durch das Versenden der Rezepte per Post“, so Kleine. „Diese Vorgehensweise verstößt in der Heimversorgung nicht gegen das Zuweisungsverbot, wenn die Apotheke einen behördlich genehmigten Versorgungsvertrag mit dem Heimträger geschlossen hat und das Einverständnis des jeweiligen Bewohners zur Versorgung durch die Vertragsapotheke vorliegt.“
Die Schlussfolgerung: „Warum sollte nun die Übermittlung der Token per KIM oder notfalls per Fax von der Arztpraxis an eine Apotheke im Rahmen der Heimversorgung gegen das Zuweisungsverbot verstoßen“, so Kleine.
Gematik-Vorschlag realitätsfern
Kritisch sieht er die Einlassungen der Gematik zum Prozess in der Heimversorgung: Mit Hinweis auf das Zuweisungsverbot beschreibt die Gematik den Prozess so, dass E-Rezepte von der Praxis per KIM erst an die Pflegeeinrichtung übermittelt und von dort an die Apotheken weitergeleitet werden sollen. „Aus welcher Motivation die Gematik solche Hinweise gibt, kann nur spekuliert werden“, so der Inhaber.
„Jedenfalls haben Äußerungen der Gematik keinen Gesetzescharakter und sind in keiner Weise für Praxen und Apotheken verbindlich.“ Mehr noch: „Dieser Vorschlag der Gematik ist völlig realitätsfern“, so Kleine. Eine Umsetzung sei schon deshalb nicht möglich, weil Heime nicht an KIM angeschlossen sind, erklärt er. „Selbst wenn für diese Vorgehensweise in Zukunft mal die technischen Voraussetzungen bestehen sollten: Dieser Prozess würde in jedem Fall die Versorgung von Heimbewohnern mit Arzneimitteln deutlich verschlechtern. Jeder Umweg in der Rezeptübermittlung führt zwangsläufig zu Verzögerungen bei der Arzneimittelversorgung, gerade bei der angespannten personellen Situation in den Pflegeeinrichtungen.“
Zudem merkt der Inhaber an: „Die Standesvertretungen arbeiten aus nachvollziehbaren Gründen zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken mit absoluter Priorität daran, das Makeln von Rezepten und die Lenkung von Rezepten an bestimmte Apotheken zu unterbinden. Dabei haben sie die Versandapotheken im Blick, vergessen aber, dass durch hohe Hürden in der direkten Rezeptübermittlung die Versorgung der Schwächsten, nämlich Personen in Pflegesituationen, massiv erschwert wird“, so Kleine. „Menschen in Pflegesituationen benötigen effiziente Prozesse und eine gute Kooperation zwischen Arztpraxen und Apotheken für eine optimale Versorgung“, appelliert er.
E-Rezept für BtM gefordert
Für Kleine wird das BtM-E-Rezept ebenfalls ganz wesentliche Verbesserung bringen: „Dadurch können gerade Palliativpatienten in Heimen deutlich besser versorgt werden. Um das Leiden der Heimpatienten in den letzten Lebenstagen oder -stunden zu mindern, können Rezepte dann digital übermittelt und unmittelbar beliefert werden“, ist sich Kleine sicher.
Denn: „Heute ist dafür zwangsläufig immer noch ein Botendienst zur Abholung der BtM-Rezepte aus den Praxen notwendig. Das kostet Zeit, die der sterbende Heimbewohner nicht mehr hat“, so der Apotheker. Tragisch sei es besonders dann, wenn Betäubungsmittel die Heime erst dann erreichen, wenn der Bewohner verstorben sei, so der Apotheker. „Das liegt nicht an der trägen Reaktionszeit der heimversorgenden Apotheken, sondern an der ungenügenden Kooperation der Leistungserbringer und insbesondere an dem aufwendigen Weg des BtM-Rezepts vom Arzt zur Apotheke“, so Kleine.