Arzt fürchtet Regresse

Apotheken müssen E-Rezept zurückgeben Sandra Piontek, 05.06.2024 12:02 Uhr

Dr. Marcus Rothsching, Facharzt für Innere Medizin und Diabetologe, plädiert für engere Zusammenarbeit zwischen Arztpraxen und Apotheken. Foto: Dr. Marcus Rothsching
Berlin - 

In manchen Apotheken scheint der Freigabeprozess zum E-Rezept noch nicht gut zu laufen. Das stellte Dr. Marcus Rothsching, Facharzt für Innere Medizin und Diabetologe, in den vergangenen Wochen immer wieder fest. „Ein reserviertes Rezept kann von uns bei Nichtbelieferung nicht storniert werden“, so der Facharzt. Folglich sei weder dem Patienten noch der Apotheke oder der Arztpraxis geholfen. „Wir müssen aufhören, uns gegenseitig den schwarzen Peter zuzuschieben, und zusammenarbeiten.“

Rothsching bildet neben seiner ärztlichen Tätigkeit auch häufiger Kolleg:innen zu IT-Themen und insbesondere zum E-Rezept fort. Er sieht sich als Schnittstelle zwischen Arztpraxen und Apotheken: „In letzter Zeit fällt mir vermehrt auf, dass viele Apotheken nicht wissen, wie sie ein E-Rezept, das sie nicht beliefern können, wieder freigeben“, so Rothsching. Dies sei aber zwingend notwendig, damit „die Arztpraxis dieses stornieren kann“.

Versuche, dazu Hilfe zu leisten, scheitern laut dem Mediziner häufig – „weil die Apotheken oft gar nicht verstehen, was freigeben heißt“. Zudem fehle die Kenntnis, dass sie zuvor das Rezept für ihre Apotheke reserviert haben. „Ich kann in der Praxis aber das Rezept nur stornieren und ein neues ausstellen, wenn zuvor die Freigabe durch die Apotheke erfolgte“, so Rothsching.

Doppelte Verordnung vermeiden

Anderenfalls drohe ihm der Regress: „Besonders bei den sogenannten Dreimonatsverordnungen wie Ozempic passiert es nicht selten, dass ich trotz fehlender Freigabe ungewollt ein zweites Rezept für ein und denselben Patienten erstellen soll und im Nachhinein dann in die Gefahr gerate, eine Rechnung von der Kasse zu erhalten“, so der Arzt.

Ihm werde dann eine doppelte Verordnung in einem Quartal unterstellt: „Das kostet mich dann eine horrende Summe, die Diskussion mit der Kasse muss nicht sein.“ Deswegen: „Ohne Wissen auf Seiten der Ärzte und der Apotheker wird das E-Rezept nicht erfolgreich sein können. Dann werden weiter Gerüchte und gegenseitige Anschuldigungen zu lesen sein, die keiner der beiden Seiten helfen“, so Rothsching, der für mehr Zusammenarbeit zwischen Arztpraxen und Apotheken plädiert.

Prozess ist transparent

In den Softwaresystemen sei dieser Prozess aber eigentlich eindeutig und transparent dargestellt: „Wird ein Rezept in der Apotheke aus der Cloud geladen und dann doch nicht beliefert, gibt es bei unserem System mehrere Auswahlwege“, heißt es etwa von Pharmatechnik. Die Apotheken könnten entscheiden zwischen:

  • Das Rezept resevieren, dann kann es in keiner anderen Apotheke eingelöst werden.
  • Das Rezept zurückgeben. Mit einer Zeitverzögerung von bis zu drei Minuten kann es anschließend in einer anderen Apotheke eingelöst werden.
  • Den Vorgang abbrechen oder den Verkauf stornieren.
  • Das E-Rezept löschen. Beispielsweise bei abgelaufenen Verordnungen oder doch nicht mehr benötigten Medikamenten. Ansonsten tauchen bei jedem eGK-Abruf diese sogenannten „Karteileichen“ immer wieder auf.

Man könne den Prozess der Weiterverarbeitung nicht ignorieren, so Pharmatechnik. „Alles, was innerhalb von zwei oder drei Tagen nach Ausstellung des E-Rezeptes abläuft, ist unkompliziert.“ Anders sehe es aber nach zwei Wochen aus, denn hier beginne eine Grauzone: „Die Apotheke hat das E-Rezept geladen, den Verkauf abgeschlossen und das Medikament bestellt, welches der Patient dann später abholen kann, das ist der normale Ablauf. Schwierig kann es aber werden, wenn der Kunde zwei Wochen später überlegt, dass er doch nicht mehr warten möchte.“

Denn dann sei das Rezept schon beim Rechenzentrum: „Hier muss dann individuell der gebuchte Kassenvorgang in der eigenen Warenwirtschaft storniert werden.“ Da das E-Rezept kein physisches Rezept ist, kann das Zurückfordern nur durch die Funktion „E-Rezept stornieren“ erfolgen. Das geht aber nur, wenn dieses noch nicht abgerechnet ist. Im letzten Schritt muss die digitale Verordnung wieder in die „Cloud“ zurückgebucht werden. Erst dann können die Arztpraxis oder auch eine andere Apotheke erneut mit der Verordnung arbeiten.