Zu den noch offenen Gesetzesvorhaben aus dem Bundesgesundheitsministerium zählt auch das Gesetz zur Schaffung einer Digitalagentur für Gesundheit (GDAG). Dass es noch kommt wie geplant, scheint nach dem Ampel-Aus fraglich. Grundsätzlich begrüßen der AOK-Bundesverband und auch der GKV-Spitzenverband die Pläne, in denen auch eine Verbesserungen bei der digitalen Vermittlung von Arztterminen vorgesehen ist. Kern des GDAG sind aber Kompetenz-Erweiterungen für die Gematik, die die Kassen kritisch sehen.
Heute Nachmittag findet im Gesundheitsausschuss die Anhörung zum GDAG statt. Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann, äußert sich anlässlich des Termins entsprechend. Verbindliche Anforderungen an digitale Plattformen zur Buchung von Terminen seien wünschenswert – zumal angesichts der „Probleme privater Plattformen in puncto Datenschutz und Bevorzugung bestimmter Patientengruppen“.
Daher begrüße man den Auftrag an Kassen und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) „zur Schaffung eines bedarfsgerechten und diskriminierungsfreien Zugangs zu Terminen über diese Plattformen“. Die Termine sollten dann allerdings auch direkt in der AOK-App oder auf der AOK-Webseite buchbar sein können. „Dafür müssen die vorhandenen Schnittstellen auch durch die Krankenkassen genutzt werden können.“
Zudem fordert Reimann, dass Arztpraxen verpflichtet werden, ihre Terminkontingente zu übermitteln. „Außerdem muss das Zusammenspiel zwischen den Terminservicestellen und den Online-Plattformen zur Terminbuchung klar geregelt werden.“
Den Umbau der Gematik zur Digitalagentur sieht die AOK kritisch: „Die Pläne atmen den Geist einer Verstaatlichung und weiteren Zentralisierung der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Die Gematik agiert zu 93 Prozent auf Basis von Mitteln der Beitragszahlenden, soll aber hoheitliche Aufgaben bekommen und kann somit de facto wie eine dem Gesundheitsministerium unterstellte Behörde agieren. Inhaltliche Steuerung und finanzielle Verantwortung sind damit voneinander getrennt“, befindet Reimann.
„In dieser Konstellation befürchten wir, dass die Wirtschaftlichkeit bei den Entscheidungen der Gematik künftig unter die Räder kommt. Zudem fehlen uns wettbewerbliche Anreize, wenn das bisherige Marktmodell von zentralen Ausschreibungen der Gematik abgelöst wird. Diese Pläne gehen in die falsche Richtung.“ Stattdessen brauche es mehr Wettbewerb und die Einbindung der Selbstverwaltungs-Partner, um Qualität und Effizienz zu verbinden.
Ähnlich zwiegespalten äußert sich auch der GKV-Spitzenverband in Form seiner Vorstandsvorsitzenden Dr. Doris Pfeiffer. So sei es zu begrüßen, dass mit dem GDAG die Benutzerfreundlichkeit und Leistungsfähigkeit der TI-Anwendungen optimiert und die Digitalisierung vorangetrieben werde. „Der mit diesem Gesetz geplante Umbau der Gematik zur Digitalagentur Gesundheit birgt allerdings erhebliche finanz- und ordnungspolitische Probleme.“
So soll die neu geschaffene Digitalagentur mit eigenen Produkten auftreten, gleichzeitig aber auch die der Marktteilnehmer aus der Industrie zulassen. „Es besteht die große Gefahr, dass der notwendige Wettbewerb um die beste Lösung dadurch beeinträchtigt wird. Die für die Digitalagentur geplante Möglichkeit, eigene Komponenten und Dienste der TI zu betreiben, kann und sollte aufgrund dieses Interessenkonfliktes allenfalls für zentrale Produkte gelten, die nur einmal im System vorhanden beziehungsweise notwendig sind“, so Pfeiffer.
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