Die Telemedizin lockt neue Investoren an, immerhin winkt der Einstieg in den lukrativen Gesundheitsmarkt. Doch auch etablierte Player aus der Branche selbst wollen sich ein Stück vom Kuchen sichern. Bei der auf Kontrazeptiva spezialisierten Plattform Prio.One ist jetzt der Pharmaunternehmer Otto Prange eingestiegen.
„Finde deine Pille“, so das Motto von Prio.One. „Deine Pillenpackung ist leer? Alle gängigen Marken hier online bestellen. In 5 Minuten bestellt (ab 18 Jahren). Lieferung der Pille nach Hause. Nur 6,90 € (zzgl. Medikamentenpreis).“ Wie auch bei anderen Rx-Portalen üblich, füllt man einen Fragebogen aus, danach erhält man das Rezept, das man direkt einlösen kann. Kooperationspartner ist die Apotheke Bad Neuschanz (Apons) aus Bad Nieuweschans, die seit Kurzem zu Wellster Healthtech gehört und auch mit anderen Portalen wie GoSpring oder DoktorABC zusammenarbeitet.
Hinter Prio.One steht die Firma Healthcare Ventures mit Sitz in Hamburg. Über sie läuft auch die App, darüber hinaus ist das Geschäft auf verschiedene Unternehmen verteilt: Betreiber der Plattform ist die irische Tochterfirma DTC Healthtech Solution. Der Heilbehandlungsvertrag wiederum kommt laut AGB mit den ebenfalls irischen Firmen IPrimary Care (Valahealth) und Health Finder Pro Ireland (Health Finder) zustande, mit denen DTC nach eigenen Angaben kooperiert. „Für den Inhalt und die Kommunikation zwischen dir und deinem Arzt aus dem Behandlungsvertrag ist DTC nicht verantwortlich, weil dieser nicht Teil der Leistungen von DTC ist.“
Dasselbe gilt für den Versand. „Natürlich versenden wir deine Antibabypille ganz diskret“, wirbt der Anbieter zwar einerseits. Auf der anderen Seite stellt sich das Unternehmen im Kleingedruckten auch hier als reiner Vermittler dar: „Wenn du dich für einen Kaufvertrag mit der Versandapotheke entscheidest, kannst du von DTC einen Medikamentengutschein erwerben. Du bezahlst die Versandapotheke, indem du den Medikamentengutschein bei dieser einlöst.“
Die „Plattform für Frauengesundheit“ wurde von den beiden ehemaligen Investmentbankern Jan Mehner und Francesca Torre gegründet. Als Geldgeber konnten verschiedene Privatinvestoren aus Deutschland und Italien gewonnen werden. Mit kleinen Anteilen dabei sind neben diversen Foundern aus der Digitalwelt etwa Gründer des Cannabis-Startups Sanity Group sowie der Medizinprodukte-Vertriebsfirma Axnar. Auch der ehemalige TAD-Geschäftsführer Jure Kaptan sowie der Unternehmensberater Dr. Friedemann Wolf (Boston Consulting) sind an Bord.
Aus dem Pharmabereich kommt ein weiterer großer Investor: Otto Prange ist mit rund 12 Prozent beteiligt, der Unternehmer aus Plettenberg bei Iserlohn hat in den vergangenen Jahren immer wieder Arzneimittelfirmen und -marken zugekauft. Unter dem Dach von Invita hat der ehemalige Eigentümer von Mucos seine Pharma-Beteiligungen aktuell gebündelt: Wichtigste Pfeiler sind die Generikasparte Abanta – inklusive Mehrheitsbeteiligung an Genevida – sowie der Bereich der Lohnherstellung und -entwicklung (CDMO), der unter dem Namen Adragos firmiert.
Prange ist nicht der einzige Pharma-Unternehmer, der im Bereich Digital Health aktiv ist: Dermapharm ist mit 30 Prozent der größte Anteilseigner bei Wellster Healthtech, das mit GoSpring und MySpring ähnlich funktioniert wie Prio.One, nur eben vor allem Männer ansprechen soll. Der OTC-Hersteller Dr. Willmar Schwabe hat bis zur Übernahme durch Zur Rose über einen Fonds bei Teleclinic investiert.
Gesundheitsfragebogen ausfüllen, digitales Rezept erhalten – so einfach präsentiert Prio.one den Service. Patientinnen müssen zunächst mehrere Fragen etwa zu Allergien, Größe und Gewicht beantworten – und ob bereits mit der Anti-Baby-Pille verhütet wurde und dabei Nebenwirkungen aufgetreten sind. Die Plattform will auch wissen, wie hoch der Blutdruck ist und ob geraucht wird. Dann wird nach einer bestimmten Marke gefragt: Wer kein bestimmtes Produkt sucht, erhält diesen Hinweis: „Über unsere Plattform richtet sich ausschließlich an Patientinnen, die bereits eine bestimmte Pille einnehmen und an einer Fortsetzung der Behandlung interessiert sind.“
Im Anschluss werden mehrere mögliche Erkrankungen sowie Medikamente abgefragt. Wer angibt, etwa Johanniskraut oder Modafinil einzunehmen, wird an eine Praxis verwiesen: „Leider können wir dir aufgrund deiner medizinischen Vorgeschichte keine Verhütungsmittel online verschreiben. Deine Sicherheit und Gesundheit steht für uns an oberster Stelle. Wir empfehlen dir daher deine Hausarztpraxis oder Frauenarztpraxis in Bezug auf die Verschreibung hormoneller Verhütung sowie den entsprechenden Risiken und Nebenwirkungen zu konsultieren.“
Ist der Fragebogen ausgefüllt, wird er abgeschickt. Die telemedizinischen Behandlungen werden demnach ausschließlich durch Ärzte erbracht, die zur Erbringung von ärztlichen Leistungen in der EU berechtigt und zugelassen sind – und laut Prio.One in Irland niedergelassen sind. „Die Behandlungsmethoden werden durch in Deutschland zugelassene Ärzte sowie durch das Qualitätsmanagementteam von DTC stetig überprüft“, heißt es.
APOTHEKE ADHOC Debatte