Abrechnung mit Spahn

Ärztepräsident: E-Rezept verschieben!

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Ärztepräsident Klaus Reinhardt wetterte beim Ärztetag gegen das E-Rezept (ab Minute 8:30).Screenshot
Berlin -

Der Widerstand der Ärzteschaft gegen das E-Rezept ist weiter ungebrochen. Bei der Eröffnung des 124. Deutschen Ärztetages hat Ärztepräsident Dr. Klaus Reinhardt am Dienstag zum Rundumschlag gegen die Digitalisierungspolitik von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ausgeholt. Dabei forderte er unter anderem, die Einführung des E-Rezepts zu verschieben.

„Es ist ein kleiner Skandal, dass der freie Beruf Arzt nach 30 Jahren immer noch keine reformierte, moderne Gebührenordnung erhalten hat“, erklärte der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK) bei der Eröffnung des Ärztetages. Doch es ging ihm nicht nur ums Geld, sondern über weite Strecken vor allem über die nach seiner Darstellung erzwungene Digitalisierung des Berufsstandes. Er unterstütze die Digitalisierung – allerdings nicht in der Form, wie sie umgesetzt wird. „Ich warne aber zugleich vor einer zu engen Taktung bei der Digitalisierung, die keine Zeit mehr dafür lässt, neue Anwendungen mit der dafür notwendigen Gründlichkeit auf ihre Praxistauglichkeit hin zu erproben“, so Reinhardt. „Die vom Gesetzgeber beschlossenen Fristen für die nächsten Digitalisierungsschritte wären schon ohne Pandemie nicht zu halten. Zumal wir nicht davon ausgehen können, dass das Ausrollen neuer digitaler Anwendungen friktionsfrei verläuft.“

Ein Beispiel dafür sei der Feldtest zum Notfalldatensatz – eigentlich eine sinnvolle Neuerung, die jedoch aus Sicht Ärzte nicht praktikabel und zu fehleranfällig sei. „Eine 30-prozentige Fehlerquote ist definitiv inakzeptabel“, so der Allgemeinmediziner. „Und ich bleibe deshalb dabei: Die Anwendungen, die nicht primär die Patientenbehandlung unterstützen, sollten verschoben werden. Das betrifft das E-Rezept und auch die E-AU.“ Stattdessen, so fordert er, sollten medizinische Anwendungen wie Notfalldaten, elektronischer Medikationsplan und die elektronische Patientenakte „endlich von der Industrie praxistauglich umgesetzt werden“.

Insbesondere, dass Spahn die Digitalisierung des Berufsstandes mit Sanktionen durchsetzen will, erzürnt den BÄK-Präsidenten: „Und, Herr Minister, natürlich müssen auch die Sanktionen gestrichen werden. Das gilt vor allem für die Sanktionen, die an die Verfügbarkeit notwendiger Ausstattung anknüpfen, aber bereits heute erkennbar ohne Verschulden der Ärzteschaft nicht zu den gesetzlich vorgesehenen Terminen zur Verfügung stehen werden.“

So werde der durch die verspätete Verfügbarkeit zugelassener ePA-Konnektoren ebenfalls mit Sanktionen behaftete Termin zur Ausstattung der Arztpraxen bis zum 30. Juni „wohl kaum eingehalten werden können“, erklärte Reinhardt.

Noch drastischer sehe es bei den elektronischen Heilberufsausweisen (eHBA) aus. Nach Auskunft der Vertrauensdienstanbieter gebe es derzeit mehrere tausend Bestellungen für den eHBA, „welche nur mit deutlichem Verzug von mindestens vier bis sechs Wochen produziert und ausgeliefert werden können“, so Reinhardt. „Dieser Bearbeitungsstau macht eine Vollausstattung der Vertragsärztinnen und Vertragsärzte und damit eine Betriebsbereitschaft zum 30. Juni dieses Jahres schlichtweg unmöglich.“

Aus Reinhardts Sicht müssen deshalb die Ärzte für Verfehlungen geradestehen, für die sie selbst keine Schuld trifft. „Für all diese Verzögerungen, Herr Minister, sind nicht die Ärzte verantwortlich. Gleichwohl hängt nach wie vor das Damoklesschwert der Sanktionen über den Praxen“, so Reinhardt. „Das bringt weder Vertrauen, noch Motivation in den Prozess der Digitalisierung.“

Außerdem, so insinuierte er, würden die falschen Interessen verfolgt: „Digitalisierung ist allerdings kein Selbstzweck, sie muss sich in erster Linie an den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten orientieren und nicht an den Marktinteressen. Das gilt auch für alle anderen Bereiche unseres Gesundheitswesens. Preiswettbewerb, Kosteneffizient und Renditestreben bestimmen mehr und mehr unseren ärztlichen Alltag.“

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