E-Rezept als Türöffner für feindliche Übernahme

Ärzte kritisieren Douglas-Versandapotheke

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Berlin -

Die Freie Ärzteschaft sieht die nahende Einführung des E-Rezepts in Verbindung mit dem anhaltenden Wachstum der Telemedizin als Türöffner für die Übernahme der ambulanten medizinischen Versorgung durch kapitalgetriebene Großkonzerne. Die Übernahme des Hollandversenders Disapo durch die Parfümeriekette Douglas verdeutliche das.

Douglas habe „das lukrative Apothekengeschäft entdeckt“, so die Freie Ärzteschaft. Der Parfümeriekette sei es gelungen, durch den Kauf eines holländischen Versandhändlers in den Online-Medikamentenmarkt einzusteigen. „Wie schon andere Mitbewerber warten alle darauf, dass sich in Deutschland das elektronische Rezept für Kassenrezepte durchsetzt, ermöglicht durch in Berlin beschlossene Gesetze“, sagt die Vize-Vorsitzende der Freien Ärzteschaft, Dr. Silke Lüder. Verbunden mit immer neuen Wegen für telemedizinische Konsultationen bei fremden Patienten locke hier offenbar ein großes Renditepotential.

Nach wie vor befürchte die Freie Ärzteschaft, dass das E-Rezept zum „Türöffner für die Übernahme des ambulanten Medizinbetriebes durch Großkonzerne“ werde. „Da fast allen Patienten künftig ein großformatiger Papierausdruck mit einem QR-Code mitgegeben wird – zusätzlich zur online Weiterleitung des Rezeptes an den zentralen Server – können die Kassenrezepte direkt über eine App an ausländische Versandapotheken weitergeleitet werden“, so Lüder. „Diese verweisen teilweise gleich direkt auf Telemedizinfirmen.“

Das jüngst ergangene Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH), das der privaten Krankenversicherung Ottonova untersagte, für die Behandlung bei der Schweizer Telemedizinfirma „eedoctors“ zu werben, begrüßt die Freie Ärzteschaft deshalb. „Der BGH hat festgestellt, dass die beworbenen Fernbehandlungen dem ,allgemein anerkannten Standard medizinischer Behandlungen in Deutschland nicht entsprechen', weil dieser Standard voraussetzt, dass der Arzt den Patienten sehen und hören – und etwa durch Abtasten, Abklopfen oder Abhören oder mit medizinisch-technischen Hilfsmitteln wie Ultraschall – untersuchen kann“, so der FÄ-Vorsitzende Wieland Dietrich.

Das erfordere die physische Präsenz von Arzt und Patient und sei im Rahmen einer Videosprechstunde nicht möglich. Das höchstrichterliche Urteil sei zwar „ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die aus der Medizin ein einziges großes lukratives Geschäftsfeld mit niedriger Qualität machen wollen.“ Allerdings könne bezweifelt werden, dass die Entscheidung des BGH „ in Berlin jemanden kümmert“.

Lüders stellt sich dabei gegen das Konzept der Telemedizin als Ganzes. Es sei fraglich, wie sinnvoll es ist, die medizinische Versorgung in einen kapitalträchtigen Markt zu verwandeln und damit die vorhandene Medizinqualität drastisch zu senken. „Telemedizin ist keine Medizin, sondern allenfalls eine Konsultation auf Entfernung über mehr oder weniger schlechte Internetverbindungen“, so Lüders. „Medizinische Behandlung bedeutet Handeln, beinhaltet den direkten Kontakt, die körperliche Untersuchung und die persönliche Interaktion zwischen Patient und Arzt in einem durch die Schweigepflicht geschützten Vertrauensraum.“

Das E-Rezept werde das untergraben – nicht zuletzt deshalb fordert sie, das Projekt gänzlich zu streichen. „Bisher ist die Einführung des elektronischen Rezeptes über die Telematikinfrastruktur komplett gescheitert. Uns als Ärztinnen und Ärzten von oben aufgezwungen, funktioniert genau wie bei der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, in diesem staatlichen Modell bisher einfach gar nichts“, so Lüder. Dennoch würden hunderte Millionen Euro weiter verschwendet und Arztpraxen mitten in der Coronakrise mit Investitionen in eine Technik belastet, die die täglichen Arbeitsabläufe in den Praxen teilweise verunmöglichen – so wie es auch die KV Bayern jüngst im Petitionsausschuss des Bundestages dargestellt habe. „Die vorliegenden Pläne zum E-Rezept müssen daher beerdigt werden“, fordert die Freie Ärzteschaft.

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