Warum Schleswig-Holstein und Westfalen-Lippe?

Ärzte als E-Rezept-Pioniere

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Berlin -

Arztpraxen in Schleswig-Holstein und Westfalen-Lippe sollen das E-Rezept als erste in die Fläche führen. Dass die Wahl auf diese beiden Kammerbezirke fiel, ist kein Zufall. Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) versichern, dass sie konstruktiv mitarbeiten werden.

Noch vor drei Wochen reagierte die KV Schleswig-Holstein empört auf die Pläne, das E-Rezept für alle Praxen in ihrem Sprengel verpflichtend zu machen. Die Vorstandsvorsitzende Dr. Monika Schliffke sprach von „politischer Erpressung“ und einem „Kommunikations-GAU erster Klasse“, der zeige, wie weit Bundesgesundheitsministerium (BMG) und Gematik von Praxisabläufen entfernt seien. „Ohne irgendeine Rücksprache und Planung setzen uns BMG und Gematik erneut etwas vor, was nur zu Chaos in den Praxen führen kann.“

Nunmehr haben sich die Wogem geglättet, gemeinsam mit der KV Westfalen-Lippe (KVWL) werde man „die bundesweite Einführung des E-Rezepts einleiten und so die Digitalisierung in Deutschland vorantreiben“. Keine Praxis müsse die Umsetzung fürchten, „denn uns ist bewusst, dass es derzeit vielfach noch an zentralen Modulen fehlt und digitale Prozesse Strukturänderungen in Praxen bedingen, die vor der Routine Aufwand erfordern“.

Wie die Wahl auf Schleswig-Holstein fiel, ist nicht bekannt. Nach der verpufften Pilotphase in Berlin/Brandenburg musste die Gematik wohl Ersatz finden. Dabei dürfte der Norden schnell ins Auge gefallen werden, liegt er doch schon jetzt beim E-Rezept vorn: Laut KVWL werden bereits täglich 300 bis 500 E-Rezepte ausgestellt und eingelöst. Und auch auf Apothekerseite gab es einen gewissen Vorsprung: Der frühere Verbandschef Peter Froese war bei der Abda lange für das Thema zuständig.

Der ursprünglich als zweite Region für den verpflichtenden Start vorgesehene KV-Bezirk Bayern wurde nun durch Westfalen-Lippe ersetzt. Auch dies kein Zufall: Mit Ministerialrat Mathias Redders gab es im nordrhein-westfälischen Gesundheitsministerium jahrelang einen leitenden Beamten, der sich die Telematik auf die Fahne geschrieben hatte. Mehrere Modellprojekte liefen unter seiner Beteiligung, von 2016 bis zu seiner Pensionierung vor drei Jahren war er außerdem Vorsitzender des Beirats der Gematik. Insofern soll er im Hintergrund zuletzt noch vermittelt haben.

Dr. Dirk Spelmeyer, Vorstandsvorsitzender der KV Westfalen-Lippe (KVWL), erklärt die Intention des Projekts: „Der wichtigste Schritt auf dem Weg zur flächendeckenden Nutzung des E-Rezepts ist es, Prozesse und Strukturen belastbar zu evaluieren. Denn eines ist sicher: Die technischen Komponenten und die Prozesse in der Praxis müssen perfekt aufeinander abgestimmt sein und harmonieren.“

KVWL und KVSH seien bekannt für ihre Vorreiterrolle und Expertise im Bereich der Digitalisierung, so Spelmeyer. „Daher werden wir in einem zeitlich und regional gestuften Vorgehen als kompetenter Ansprechpartner gemeinsam die Praxen unterstützen und leiten. Deren Aufwand darf nämlich in keinem Fall erhöht werden – wir wollen Bürokratie und zeitaufwändige Hybridlösungen abbauen, nur so kommt der Nutzen des E-Rezepts auch bei allen Beteiligten an.“

Schliffke und Spelmeyer erwarten von der Gematik und den Softwarehäusern, dass sie sich direkt mit den KVen abstimmen, für stabil laufende Technik sorgen und dafür auch Verantwortung übernehmen. „KVSH und KVWL werden einen besonderen Support für die Anwender der einzelnen PVS-Systeme gewährleisten und dabei den Kreis sukzessive größer ziehen, wenn das E-Rezept zu einer Routine geworden ist. Dies schließt nicht aus, dass selbstverständlich jede Praxis ihren Startpunkt selbst bestimmt.“

Vor diesem Hintergrund spricht sich auch Dr. Thomas Kriedel, Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), für die Startphase aus: „Das E-Rezept wird für Patienten papierlos und elektronisch ausgestellt und kann über digitale Lösungen in Apotheken vor Ort oder Versandapotheken eingelöst werden. Ein komplexer Prozess, denn neben den Ärzten sind auch Apotheker, Patienten und Krankenkassen beteiligt. Das Zusammenspiel muss gewährleistet sein, denn ein einfacher Ablauf ist für alle entscheidend: für Ärzte, Apotheken und Patienten. Es darf auf keinen Fall so sein, dass ein Arzt abhängig vom einzelnen Patienten immer wieder ein anderes Produkt für das Ausstellen einer digitalen Verordnung anwenden muss.“

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