Infektiöser, aber nicht tödlicher

Zwischenstand Mutationen Alexandra Negt, 20.01.2021 08:43 Uhr

Die neuen Mutationen von Sars-CoV-2 lassen in einigen Ländern die Infektionszahlen in die Höhe schnellen. Doch tödlicher scheinen die neuen Varianten nicht zu sein. Foto: CROCOTHERY/shutterstock.com
Berlin - 

Kontaktbeschränkungen, Lockdown-Verlängerungen, Maskenpflicht – die Pandemie hält an. Dazu kommen seit einigen Wochen zwei neue Mutationen, die aktuell in einigen Ländern zu einem rasanten Anstieg der Infektionszahlen führen. Laut aktuellem Kenntnisstand scheinen die Mutationen zwar infektiöser, jedoch nicht tödlicher zu sein.

Dass Viren mutieren ist bekannt. Auch Coronaviren passen sich im Laufe der Zeit immer wieder an ihre Wirte an, um ihr Überleben und ihre Vermehrung bestmöglich zu sichern. Mutationen sind zufällig. Kommt es zu solchen Mutationen, also Kopierfehlern bei der Vermehrung, so wird der genetische Code des Virus verändert. Zu den Mutationen, die aktuell für die Forscher besonders interessant sind, gehören zwei Varianten – eine aus Südafrika, eine aus Großbritannien. Die Mutation aus dem Vereinigten Königreich wird kurz B.1.1.7. genannt. Mittlerweile wurde sie als „Variant of Concern“ (VOC) eingestuft und trägt den Namen VOC2020/12/01. Sie tauchte in Südengland das erste Mal im Dezember auf und sorgt aktuell für hohe Inzidenz Werte in Irland. In Südafrika grassiert die Mutation 501.V2. Zum ersten Mal wurde sie im Oktober entdeckt.

Keine schwereren Verläufe

Mittlerweile sind auf der ganzen Welt Menschen mit den Mutationen infiziert. Erste Auswertungen zeigen jetzt, dass beide Mutationen zwar ansteckender sind, jedoch nicht zu schwereren Verläufen führen. Je nach Untersuchung ist die Infektiösität um 50 bis 70 Prozent gesteigert. Auch in Deutschland wurden mehrere Infektionen mit einer der Mutationen bestätigt. Laut Robert Koch-Institut (RKI) sind Menschen in Baden-Württemberg, Hamburg und Nordrhein-Westfalen bestätigt mit einer der neuen Variante infiziert. Das Problem: Es besteht die Gefahr einer hohen Dunkelziffer, da in Deutschland im Zuge einer PCR-Probe bislang nur selten das Erbgut des Virus entschlüsselt wird.

In Garmisch-Partenkirchen scheint nun ebenfalls eine Mutation gefunden worden zu sein. Derzeit werden die Proben an der Berliner Charité untersucht. Ergebnisse sollen Ende des Monats vorliegen. Noch ist nicht klar, ob die Veränderung Auswirkungen auf die Infektiosität oder die Schwere der Erkrankung hat. Seit Beginn der Corona-Pandemie wurden weltweit mehr als 12.000 Veränderungen in den Sequenzen des Virus festgestellt.

Als Zwischenergebnis kann Christian Drosten, Virologe an der Berliner Charité festhalten: „Wir haben keinerlei Hinweis auf eine besondere Mutation. Kein Grund zur Sorge“, schrieb er auf seinem Twitter-Account. Positiv zu bewerten sei auf jeden Fall, dass man die Mutation detektiert hat. Je früher man neue Varianten von Sars-CoV-2 findet, desto eher kann man angemessen auf die Mutation reagieren, so die Wissenschaftler.

Je schneller Mutationen festgestellt würden, desto schneller könne zum Beispiel auch der Impfstoff angepasst werden. Eine Umstellung der mRNA-Vakzine sei relativ schnell möglich, informierte Biontech bereits im Dezember. Der Corona-Impfstoffhersteller wäre nach eigenen Angaben prinzipiell binnen sechs Wochen in der Lage, auch ein Präparat gegen die in Großbritannien aufgetauchte Mutation des Virus herzustellen. „Das ist aber eine rein technische Überlegung“, sagte Biontech-Chef Ugur Sahin am Dienstag. Es gehe dabei nicht nur um technische Fragen, sondern auch darum, wie etwa die Zulassungsbehörden dieses Präparat bewerten würden.

Der Virologe Alexander Kekulé warnte davor, das Thema Mutation zu dramatisieren. Diese Ereignisse gehörten bei einer Pandemie dazu. Doch die bekannten Maßnahmen zur Eindämmung seien auch bei allen neuen Varianten wirksam. Alle Bürger müssten die AHA-Regeln weiterhin konsequent umsetzen. Das gelte zudem auch für bereits geimpfte Personen.