Die Entwicklung von Impfstoffen gegen Sars-CoV-2 läuft auf Hochtouren. Nun konnte der zweite Kandidat die ersten klinischen Tests bestehen und gute Ergebnisse zeigen.
Der chinesische Impfstoff von Cansino Biologics ist bereits der zweite Kandidat, für den erste klinische Ergebnisse vorgestellt wurden. Sie wurden im Fachjournal „Lancet“ veröffentlicht. Bei dem Impfstoff wird ein genetisch modifiziertes Virus als Basis verwendet: Dazu wurde das ungefährliche Adenovirus Typ 5 (Ad5) mit dem Gen für das Spike-Protein von Sars-CoV-2 versehen. Ad5 ist im Körper nicht vermehrungsfähig, das Spike-Protein wird jedoch vom Körper als Eindringling erkannt, wodurch es zu einer Immunreaktion kommt, die schließlich vor einer Infektion mit Sars-CoV-2 schützen soll. Als Vorbild diente den Wissenschaftlern ein ähnlicher Impfstoff, den sie vor etwa fünf Jahren gegen Ebola entwickelt hatten.
Im März hatte die klinische Phase-I-Studie begonnen: 108 Probanden wurden dabei mit ad5-nCoV geimpft. Voraussetzung für die Teilnahme war ein negativer Antikörper-Test. Außerdem wurden die Geimpften nach der Injektion für 14 Tage in Quarantäne gesetzt, um eine konkurrierende Infektion mit Sars-CoV-2 zu verhindern. Die Impfungen wurden in drei unterschiedlichen Stärken verabreicht – alle waren den Forschern zufolge gut verträglich. Es kam in den darauffolgenden 28 Tagen zu keinen schwerwiegenden unerwünschten Wirkungen, lediglich leichte bis mittelschwere Reaktionen wie Schmerzen an der Injektionsstelle (54%), Fieber (46%), Müdigkeit (44%), sowie Kopf- und Muskelschmerzen (39 und 17%) waren häufig. Da es unter der höchsten Dosierung vereinzelt auch zu schwereren Reaktionen wie Dyspnoe kam, sollen in der folgenden Phase-II-Studie nur die beiden niedrigeren Stärken weiter getestet werden.
14 Tage nach der Impfung folgten die ersten Untersuchungen: Bereits zu diesem Zeitpunkt waren bei den meisten Probanden Antikörper gegen Sars-CoV-2 nachweisbar. Nach 28 Tagen hatte sich der Titer bei Verabreichung der niedrigen Dosierung bei 97 Prozent der Teilnehmer vervierfacht, bei der mittleren Dosierung waren es 94 Prozent der Probanden. Bei 50 Prozent der Geimpften konnte zudem ein entsprechender Anstieg der protektiven Antikörper gezeigt werden. Die Forscher sind daher von ihrem Kandidaten überzeugt.
Im März hatten auch die USA mit der klinischen Testung eines Kandidaten begonnen: Entwickelt wurde er von der privaten Biotechfirma Moderna, welche ein relativ neues Verfahren verwendet. Der Impfstoff beruht auf der Technologie einer RNA-Vakzine. Bei mRNA-Impfstoffen wird dem Körper durch die Vakzine nur der Bauplan für das Virusprotein verabreicht, allerdings kein Bestandteil des Erregers selbst. Dadurch soll ein entsprechendes Virusprotein hergestellt werden, welches bei Kontakt mit dem Immunsystem spezialisierte Antikörper produzieren soll. Bislang ist jedoch noch kein Impfstoff dieser Art zugelassen worden.
Kürzliche Meldungen über Fortschritte beim Impfstoffkandidaten von Moderna ließen den Dow Jones um knapp 4 Prozent in die Höhe schießen – der stärkste Kursanstieg innerhalb eines Tages seit sechs Wochen. Doch Experten äußerten Zweifel an dem Kandidaten – denn Moderna hat noch nie ein Medikament auf den Markt gebracht und weniger als 1000 Mitarbeiter. Dafür hat die Firma gute Verbindungen: Die Biotechfirma habe so schnelle Ergebnisse liefern können, weil unter anderem die US-Gesundheitsbehörde rund 500 Millionen Dollar in das Moderna-Projekt investiert habe, berichtete der Spiegel. Außerdem sei das Unternehmen „gut vernetzt“: So rief US-Präsident Donald Trump kürzlich den Pharmamanager Moncef Slaoui zum Leiter seiner Impfstoffoperation „Warp Speed“. „Slaoui saß bis vor Kurzem im Verwaltungsrat von Moderna und von Lonza“, erklärt der Spiegel. Gemeinsam mit dem Schweizer Pharmazulieferer und Auftragsproduzent will Moderna den den potenziellen Impfstoff mRNA-1273 gegen das neuartige Coronavirus herstellen.
Gemäß der Weltgesundheitsorganisation (WHO) befinden sich derzeit zehn Impfstoffe gegen Sars-CoV-2 in der klinischen Testung und insgesamt 114 in der präklinischen Phase. Zwei Kandidaten aus Europa werden bereits getestet: „ChAdOx1 nCoV-19“, eine Vakzine der Universität Oxford, die auf einem nicht replizierenden Adenovirus von Schimpansen basiert, und ein RNA-Impfstoff der Firma Biontech aus Mainz, welche seit Ende April an gesunden Probanden getestet wird.
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