Antigen-Schnelltests gehören zur neuen Teststrategie. Sie können als Point-of-Care-Tests direkt und unkompliziert vor Ort eingesetzt werden. Die von den Herstellern angegebenen Spezifitäts- und Sensitivitätswerte sind nicht extern überprüft. Wissenschaftler um Professor Dr. Christian Drosten haben nun sieben der Tests, darunter auch die häufig verwendeten Modelle von Roche und Nal von Minden untersucht.
Alle Antigen-Schnelltests auf Sars-CoV-2 unterliegen der EU-Richtlinie über In-vitro-Diagnostika (IVD), diese regelt in Europa die Marktzulassung aller IVD. Innerhalb dieser Richtlinie sind diese Antikörper-Schnelltests als „IVD niedrigen Risikos“ eingestuft. Wie zuverlässig die Tests sind, geben die Hersteller jeweils selbst an. Die Sensitivitäts- und Spezifitätswerte wurden zumeist anhand von wenigen hundert Durchführungen berechnet. Da man sich bislang allein auf die Angaben des jeweiligen Herstellers verlasse, fordern Patientenschützer geprüfte Angaben zur Zuverlässigkeit von Corona-Schnelltests.
Auch ein Team um Professor Dr. Christian Drosten wollte es genauer wissen und untersuchte einige Tests auf dessen Zuverlässigkeit. Für sieben Tests wurden die Sepzifitätswerte überprüft:
Die Tests wurden mit verschiedenen Proben getestet, darunter Nukleoprotein-Proben, eingelagerte Proben von Sars-CoV-2-positiven Patienten, Proben von Gesunden und Proben von Personen mit anderen Atemwegserkrankungen als Sars-CoV-2.
Die Sensitivität steht für den Prozentsatz der Betroffenen, bei denen die Infektion tatsächlich erkannt wird. Der Wert gibt also an, wie häufig der Test bei einer tatsächlich vorliegenden Infektion positiv ist. Die Schnelltests sind, je nach Infektionsstadium unterschiedlich sensibel. Je höher die Viruslast im Rachen, desto eher wird die Infektion erkannt. Die meisten Tests detektieren bei einer Viruslast zwischen 5 und 25 ng/ml zuverlässig. So hohe Viruskonzentrationen sind im Rachen vor allem in den ersten Tagen nach der Infektion nachweisbar (ausgenommen am ersten Tag).
Die Spezifität sagt aus, wie viele Nicht-Infizierte von dem Test auch tatsächlich als gesund erkannt werden. Die Tests sind fähig, Infektionen im infektiösen Stadium des Patienten zuverlässig nachzuweisen. Die Forscher halten fest, dass der Konzentrationsbereich, in dem die Tests zuverlässig Sars-CoV-2 detektieren, relativ genau der Viruskonzentration entspricht, bei der der Patient infektiös ist. Ein Test konnte nicht überzeugen. Der Healgen Coronavirus Ag Rapid Test wies in der Untersuchung eine ungefähr 10 Prozent geringere Spezifität auf, als vom Hersteller angegeben.
Durch die Studie fällt die Einschätzung leichter, wie valide die Herstellerangaben tatsächlich sind. Bei der Studie handelt es sich mit sieben Prüfobjekten zwar lediglich um eine Art Stichprobe, doch fünf der sieben Tests finden sich auch auf der aktuell gültigen BfArM-Liste und können so nun doppelt bewertet an Arztpraxen und Pflegeheime abgegeben werden.
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz fordert für einen transparenteren Umgang mit den Spezifitäts- und Sensitivitätswerten externe Prüfungen. „In den letzten Wochen ist die Zahl der Anbieter von Schnelltests explodiert“, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. Beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) werden Antigen-Tests zum Nachweis von Sars-CoV-2 aufgelistet, die laut Herstellerangaben die Mindestkriterien erfüllen, die durch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) festgelegt werden.
„Dass Schnelltests rasche Ergebnisse über die Infektiösität liefern, ist unbestritten“, so Brysch. „Jedoch sind die Ergebnisse nicht immer von gleicher Qualität.“ Für Käufer wie Pflegeheime sei nicht zu erkennen und nicht prüfbar, ob die von den Herstellern gemachten Angaben tatsächlich stimmten. Brysch plädiert dafür, nur staatlich geprüfte Antigentests einzusetzen. Der Markt müsse geordnet, die Aussagekraft der Angaben gesichert werden. „Sonst wiegen sich die Tester in einer Scheinsicherheit“, sagte er. „Ich habe da aus Patientensicht große Sorgen.“
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