Curevac konnte mit einer Wirksamkeit von 47 Prozent nicht überzeugen. Begründet wurde die geringe Wirksamkeit mit der Vielzahl an Varianten. Die aktuellen Variants of Concern, also die besorgniserregenden Mutationen, könnten laut einigen Experten für eine vierte Welle im Winter sorgen. Insbesondere die Delta-Variante macht Experten sorgen. Doch wie gut schützen die aktuell zugelassenen mRNA-Impfstoffe gegen die neueren Mutationen? Moderna und Biontech können nur teilweise Studien liefern.
Das ursprüngliche Virus spielt heute bei den Infektionen in Deutschland kaum noch eine Rolle. Auch weltweit betrachtet werden fast nur noch Mutationen sequenziert. Curevac wies auf das Problem mit den Varianten bei der Veröffentlichung der Wirksamkeit des Impfstoffkandidaten CVnCoV hin. Der mRNA-Impstoff war in den zulassungsrelevanten Studien nur zu 47 Prozent wirksam. Das läge vor allem an der großen Varianz des Virus – knapp 30 Virusstämme wurden bei den Infizierten innerhalb der Phase-IIb/III der Harald Studie festgestellt. Doch bedeutet das, dass auch die beiden bereits zugelassenen mRNA-Impfstoffe von Biontech und Moderna heute gesamt betrachtet weniger wirksam sind, als zum Zeitpunkt der Zulassung vor Monaten? Beide Hersteller liefern Studiendaten zu den Alpha- und Beta-Varianten. Bei den anderen Variations of Concern liegen erste Erkenntnisse vor. Eine abschließende Bewertung steht allerdings noch aus.
„Hinsichtlich der Alpha- und Beta-Varianten gibt es veröffentlichte Studiendaten vom Januar diesen Jahres. Diese zeigen, dass der Impfstoff hier eine neutralisierende Wirkung behält“, informiert ein Sprecher von Moderna. „Generell verfolgt Moderna eine Strategie mit verschiedenen Impfstoffoptionen, um gegen Virusvarianten gewappnet zu sein. Neben der Erforschung eines spezifischen Auffrischungsimpfstoffs auf Basis der Beta-Variante (zuerst in Südafrika identifiziert) untersucht Moderna auch einen „multivalenten“ Auffrischungsimpfstoff, der Stränge des ursprünglichen Virus und der Beta-Variante kombiniert,“ heißt es weiter. Also eine laufende Anpassung des Impfstoffes scheint nötig, um auch in Zukunft wirksame Vakzine zu erhalten.
„Erste positive Daten zum Auffrischungsimpfstoff-Kandidaten auf der Grundlage der Beta-Variante wurden bereits im Rahmen einer Phase-II-Studie im Mai veröffentlicht. Die Studie zeigte, dass eine einzelne 50-µg-Dosis, die zuvor geimpften Personen als Auffrischung verabreicht wurde, die neutralisierenden Antikörpertiter gegen Sars-CoV-2 sowie die Beta- und Gamma-Variante erhöhten. Die Daten zum multivalenten Impfstoffkandidaten stehen derzeit noch aus.“ Alpha, Beta, Gamma – gegen diese drei Varianten scheint der mRNA-impfstoff also wirksam. Eine dritte Auffrischimpfung wird mittlerweile nicht nur von den Herstellern als sehr wahrscheinlich angesehen.
Abwarten heißt es jedoch bei der momentan gefürchtetsten Mutation: „Bezüglich der Delta-Variante liegen zum jetzigen Zeitpunkt keine durch Moderna selbst veröffentlichten Studiendaten vor. Dementsprechend kann Moderna noch keine Aussagen zur Wirksamkeit treffen oder kommentieren.“ Doch der Hersteller verweist auf eine aktuelle Preprint-Studie auf der Plattform bioRxiv, die die Wirksamkeit verschiedener Impfstoffe – darunter auch Moderna und Biontech – bei unterschiedlichen Mutationen untersucht. Hier wird unter anderem auch die Kappa-Variante (B.1.617.1) mit einbezogen. Beide mRNA.Impfstoffe scheinen wirksam gegen diese Mutation.
Auch Biontech kann bei der Alpha- und Beta-Variante Studiendaten vorlegen. „Aktuelle In-vitro-Studien zeigen, dass der Impfstoff Antikörper hervorrufen kann, welche auch die britischen (B1.1.7, Alpha) und südafrikanischen (B1.351, Beta) Sars-CoV-2-Virusvarianten neutralisieren können“, teilt ein Sprecher des Unternehmens mit.
Zur südafrikanischen Variante konnte Biontech bereits Ende Januar Ergebnisse vorlegen: „In Übereinstimmung mit jüngsten Berichten über die Neutralisierung von Sars-CoV-2-Varianten oder entsprechenden Pseudoviren durch Rekonvaleszenz- oder Post-Immunisierungsseren war die Neutralisierung gegen das Virus mit den drei Schlüsselmutationen, die in der südafrikanischen Variante (E484K+N501Y+D614G) vorhanden sind, im Vergleich zur Neutralisierung von Viren mit den anderen untersuchten Mutationen etwas geringer. Die bisher beobachteten kleinen Unterschiede in der Virusneutralisation zwischen den Virusvarianten führen vermutlich nicht zu einer signifikant verringerten Wirksamkeit des Impfstoffs.“ Zu den neueren Mutationen können laut Biontech noch keine Aussagen getroffen werden: „Weitere Untersuchungen zur Wirksamkeit der verschiedenen Impfstoffe bei anderen Mutationstypen stehen noch aus.“
Die Impfstoffe werden auch extern auf Wirksamkeit gegen Mutationen geprüft. Im Fachjournal „Nature“ publizierten Wissenschaftler der University of Texas in Galveston dass Comirnaty auch vor der zuerst in Indien aufgetretenen Corona-Variante Delta (B.1.617.2) schützt. Auch vor mehreren anderen Varianten wie beispielsweise der zuerst in Nigeria aufgetretenen Mutante B.1.525 schütze der mRNA-Impfstoff.
Innerhalb der Herald-Studie von Curevac wurde in 21 Prozent der Infektionsfällen die Lambda-Variation (C. 37) sequenziert. Diese erstmals im August in Peru aufgetretene Mutation wurde von der WHO in die „Variants of Interest“ aufgenommen. Nur 14 Prozent der berücksichtigten Fälle entfielen auf die Alpha-Variante. Unter ein Prozent entfiel auf den Urtyp.
Studienleiter Professor Dr. Peter Kremsner begründet die geringe Wirksamkeit vor allem damit, dass das Vakzin nicht hoch genug dosiert werden konnte. Das habe daran gelegen, dass die einzelnen Bestandteile nicht chemisch modifiziert worden seien, erläuterte Kremsner gegenüber dem SWR in der vergangenen Woche. Eigentlich sei dies immer als Vorteil gepriesen worden, wahrscheinlich sei das jetzt der Hauptnachteil.
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