Retoure möglich?

Wenn die Praxis AstraZeneca verweigert Alexander Müller und Carolin Ciulli, 12.04.2021 10:32 Uhr

Apotheker:innen bekommen teilweise Rückmeldung von Ärzt:innen, dass sie keinen Corona-Impfstoff von AstraZeneca haben wollen. Foto: shutterstock.com/Marc Bruxelle
Berlin - 

Gemäß den neuen Vorgaben erhalten die Arztpraxen ab der kommenden Woche die Corona-Impfstoffe von Biontech und AstraZeneca im Verhältnis 1:1 – bezogen auf die Vials. Die liefernden Apotheker:innen sehen sich schon ersten Diskussionen ausgesetzt, weil die Vakzine unterschiedlich beliebt sind.

Ein Apotheker aus Süddeutschland berichtet, dass eine Praxis bereits angefragt hat, ob sie Vaxzevria (AstraZeneca) bestellen muss oder ob sie auch weniger Impfstoff – dafür aber ausschließlich Comirnaty (Biontech) – bekommen kann. Denn die Prio-Gruppe 1 sei in der Praxis fast vollständig durchgeimpft und in der Gruppe 2 seien auch Patient:innen unter 60 Jahren – die wollten sich aber häufig nicht mit der Vakzin von AstraZeneca impfen lassen. Der Apotheker will jetzt mit seinem Landesapothekerverband klären, wie er mit solchen Fällen umgehen soll.

Der Berliner Apotheker-Verein (BAV) hat seinen Mitgliedern schon eine Argumentationshilfe an die Hand gegeben: „Sollten Vertragsärztinnen und Vertragsärzte mit diesem Verfahren nicht einverstanden sein, verweisen Sie diese bitte an die Kassenärztlichen Vereinigungen auf Landes- oder Bundeseben“, heißt es in einem Rundschrieben. Das Verfahren – generische Bestellung der beiden Impfstoffe im Verhältnis 1:1 – sei schließlich auf Bundesebene mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) unter Beteiligung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) abgestimmt.

Apotheker Dr. Milad Khosravani sieht es genauso: „Ich werde mich auf keine Debatten mit Ärzten oder Patienten einlassen. Das ist eine Vorgabe der Regierung, daran habe ich mich zu halten“, so der Inhaber der Karolinger-Apotheke in Aachen.

Gleichwohl kann er die Bedenken verstehen. Denn er selbst sei schon im März mit AstraZenca geimpft worden und habe mehrere Tage flachgelegen. „Im Nachgang würde ich mir das nicht mehr geben lassen“, sagt der Apotheker. Er fordert, dass das Patent von Biontech aufgehoben wird und alle Hersteller diesen Impfstoff produzieren: „Wir diskutieren über AstraZeneca oder Biontech, nehmen Tote in Kauf, obwohl man die einfachste und beste Lösung – eine Patenfreigabe – vor der Haustüre hat.“

Biontech sei sehr gut verträglich und problemlos zu rekonstruieren, so Khosravani. Trotzdem würden sechs Monate später immer noch Debatten geführt, ob der eine oder der andere Impfstoff verimpft werden soll. „Das bestärkt das negative Image der Pharmaindustrie, der es mehr um Geld als das Leben eines Menschen geht. Auch mit Patentfreigabe wären die Gewinne hoch genug. Also das Argument der Wirtschaftlichkeit mit Verweis auf die Entwicklungskosten ist ein sehr schwaches“, findet der Apotheker.

Auch Dr. Thomas Klose kennt das Problem: „Wir haben Praxen, die keinen Impfstoff von AstraZeneca wollen. Aus welchen Gründen auch immer.“ Die Diskussionen über die Vakzine kennt der Apotheker zur Genüge. Er selbst ist aber ein Befürworter von Vaxzevria. Die abwehrende Haltung anderer Heilberufler kann er nicht nachvollziehen. „Gerade viele Ärzt:innen und Altenpfleger:innen boykottieren den Impfstoff, da ist es schwierig gegenzureden. Das Vertrauen ist nicht mehr da.“

Klose erklärt Kritikern beispielsweise, dass auch bei den anderen Impfstoffen Nebenwirkungen aufträten. „Die Frage ist auch, ob etwa beim Impfstoff von Biontech überhaupt im Vorfeld Daten erhoben wurden oder erst jetzt“, sagt er. Zudem empfiehlt er Mediziner:innen, bei Risikopatient:innen über eine Begleittherapie mit Heparin als Thromboembolieprophylaxe nachzudenken. „Die Ärzte sollten AstraZeneca bestellen und den Patienten die Entscheidung überlassen. Es gibt genug, die sich damit impfen lassen wollen.“

Der ebenfalls vorgesehenen Kontingentierung blickt Apotheker Klose gelassen entgegen. „Ich werde die Anfragen pro Kassensitz runterechnen“, sagt der Inhaber zweier Apotheken in Koblenz. Die Aufteilung müsse fair verlaufen. Man dürfe keine Praxis bevorzugen, nur weil man mit ihr öfter zusammenarbeite. Klose erwartet sich der Aufwand hält in Grenzen halten wird, die Aufteilung sei in ein paar Minuten erledigt.