Respiratorische Virusinfekte

Was hat Pollenflug mit Sars-CoV-2 zu tun?

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Berlin -

Das der Lockdown den stärksten Einfluss auf das Covid-19-Infektionsgeschehen hatte, ist allgemein bekannt. Wissenschaftler:innen haben jedoch herausgefunden, dass auch ein erhöhter Pollenflug maßgeblich an der Verbreitung von respiratorischen Virusinfekten beteiligt war.

Eine hohe Pollenbelastung schwächt die angeborene Abwehr gegen Atemwegsviren im Allgemeinen. Forscher:innen untersuchten im Zeitraum von 2019 bis 2021, inwieweit diese Erkenntnis sich mit dem Infektionsgeschehen von Sars-CoV-2 deckt. Anhand von Daten die Pollenallergiker:innen innerhalb des Untersuchungszeitraumes von zwei Jahren täglich ein Symptomtagebuch eintrugen, konnte belegt werden, dass pulmonale Symptome während des „harten Lockdowns“ schwächer ausgeprägt waren als vor der Pandemie. Stefanie Gilles, Leiterin des Fachbereiches Umwelt-Immunologie am Institut für Umweltmedizin der Universität Augsburg, bestätigt: „Der Lockdown Light im Frühjahr und Sommer 2020 wirkte sich dagegen nicht merklich auf das Symptomgeschehen aus. Anzumerken ist, dass der Rückgang der Herbstsymptome vermutlich vor allem darauf zurückzuführen ist, dass es durch den harten Lockdown zu weniger Atemwegsinfekten kam.“

Antivirale Abwehr eingeschränkt

Es konnte demnach in Studien ein Zusammenhang zwischen starkem Pollenflug und der Sars-Cov-2-Infektionsrate beobachtet werden. Schon bevor die Pandemie begann, konnten Wissenschaftler:innen zeigen, dass Nasen-und Bronchialepithelzellen, die mit Pollen stimuliert wurden, anfälliger für eine Infektion mit Rhinoviren waren. „In einem Mausmodell konnten wir darüber hinaus zeigen, dass Ähnliches für das Respiratorische Synzytialvirus gilt. Durch die Pollenexposition kommt es im Epithel zu einer Herunterregulation der antiviralen Typ-1- und Typ-3-Interferone. Das Epithel ist also durch die Pollen in seiner antiviralen Abwehr eingeschränkt, “ so Gilles.

Die gedrosselte Interferonantwort durch Pollen wurde auch bei gesunden Studienteilnehmer:innen beobachtet: „Pollen könnten also auch bei Nicht-Allergikern die Anfälligkeit gegenüber respiratorischen Viren verstärken. Der jährlich wiederkehrende Peak der Atemwegsinfekte im Frühjahr ist vielen HNO-Ärzten bekannt. Aufgrund unserer Ergebnisse vermuten wir, dass dieser Anstieg zumindest teilweise mit dem extrem hohen Pollenflug im Frühjahr zusammenhängen könnte“, so Gilles. So führten die Wissenschaftler:innen im ersten Pandemiejahr eine weltweite Analyse der Daten zu Pollenflug und Covid-Infektionen durch.

Pollenflug begünstigt Infektionen

„In dieser Arbeit beobachteten wir eine statistisch signifikante positive Korrelation der Sars-CoV-2-Infektionsraten mit den Faktoren Lockdown und Populationsdichte (was nicht weiter erstaunlich war), aber auch mit Umweltfaktoren wie Temperatur, relative Luftfeuchte und der Pollenkonzentration in der Luft. Ob Pollen ebenfalls über die Beeinträchtigung der Interferonantwort im Epithel die Anfälligkeit für Sars-CoV-2 verstärken, muss erst noch in Zellkulturversuchen gezeigt werden,“ erläutert Gilles.

Fazit: Umweltfaktoren wie Temperatur, Luftfeuchte und Pollenflug modulieren das Infektionsgeschehen. Vor allem in gemäßigten Klimazonen im Frühjahr begünstigt hoher
 Pollenflug allgemein respiratorische Virusinfekte. Daher liegt die Vermutung nahe, dass hoher Pollenflug die Infektionen mit Covid-19 in die Höhe treibt.

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