Viruspartikel: Vom Winde verweht APOTHEKE ADHOC, 26.05.2020 07:58 Uhr
Bisher gelten rund zwei Meter Abstand zu den Mitmenschen im Falle von Husten und Niesen als sicher. Eine im Fachjournal „Physics of Fluids“ veröffentlichte Modellrechnung zeigt nun jedoch, dass bereits leichter Wind die vom Virus zurückgelegte Entfernung deutlich vergrößern kann.
Forscher der Universität Nikosia auf Zypern haben sich mit der Dynamik von Viruströpfchen beschäftigt. Im Zuge dessen betrachteten sie die Flugbahn, welche die Partikel zurücklegen, die beim Husten in die Umwelt abgegeben werden. Mithilfe eines Rechners haben die Fluiddynamiker auch Sars-CoV-2 unter die Lupe genommen.
Berechnungen statt Studie
Obwohl die Berechnungen rein theoretischer Natur sind und keine experimentellen Studien duchgeführt wurden, gelten die Berechnungen als wissenschaftlich valide. Sie beruhen auf der sogenannten „Lagrangian-Eulerian-Methode“ (ALE-Methode), welche in der Numerischen Strömungstechnik zum Einsatz kommt.
Durch das Öffnen des Mundes beim Husten wird eine virushaltige Sekretwolke in die Umgebungsluft ausgestoßen, welche nach einer Weile automatisch durch die Schwerkraft zu Boden sinkt. Bei den Berechnungen gehen die Forscher von einem 8,26 cm mal 4 cm großen „Mundabdruck“ aus: Dieser katapultiert eine Wolke von 1008 kleinsten Viruströpfchen mit einer Masse von 7,7 mg in die Umgebungsluft.
Wind gegen Schwerkraft
Bei Windstille sinkt diese Wolke nach etwa fünf Sekunden unter die Gürtellinie, nach 15 Sekunden ist sie noch 52 cm vom Boden entfernt, nach 49 Sekunden erreichen auch die letzten Tropfen den Boden. Die maximale Reichweite beträgt den Wissenschaftlern zufolge etwa einen Meter – die geforderten zwei Meter Sicherheitsabstand wären somit ausreichend, um eine Infektion der Mitmenschen beim Husten zu verhindern.
Einen wesentlichen Einfluss spiele jedoch die Umgebungsluft, genauer gesagt der Wind. Denn im Freien könne die Wolke größere Distanzen zurücklegen – vor allem wenn der Wind ungünstig stehe. Bereits bei einer Windgeschwindigkeit von 4 km/h – welche nur als leichter Windzug wahrgenommen wird – sind die Tröpfchen nach fünf Sekunden bereits sechs Meter weit geflogen und befinden sich noch auf einer Höhe von 49 cm. Eine Höhe, die kleine Erwachsene und Kinder durchaus gefährden kann. Das obere Ende der Tröpfchenwolke habe sich durch die Verwirbelungen zudem kaum zu Boden gesenkt.
Bei höheren Windgeschwindigkeiten wie einer leichten Brise mit etwa 15 km/h erreicht die Viruswolke bereits nach 1,6 Sekunden eine Distanz von sechs Metern. Das untere Ende der Wolke befindet sich den Berechnungen zufolge auf einer Höhe von 0,96 cm. Das obere Ende der Wolke kann sogar ansteigen und nicht wie bei Windstille durch die Schwerkraft zu Boden sinken.