Patientenschützer fordern Rückkehr zu Gratis-Tests

Virologe: Testpflicht für Geimpfte wäre kontraproduktiv

, Uhr aktualisiert am 09.11.2021 11:20 Uhr
Berlin -

Der Kieler Virologe Helmut Fickenscher sieht den Vorschlag einer Einführung verpflichtender Tests für Geimpfte kritisch. Diese sei kontraproduktiv, „weil sie den Ungeimpften vermittelt, dass es kein Argument mehr gibt, sich impfen zu lassen”, sagte Fickenscher, der in Kiel am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein das Institut für Infektionsmedizin leitet, dem „Flensburger Tageblatt” (Dienstag). Man müsse sich über diese Signalwirkung klar sein. „Viel sinnvoller ist es, wenn wir Ungeimpften noch besser deutlich machen, dass sie bei einer Impfung eine Schutzrate von deutlich über 90 Prozent erreichen.” Die Deutsche Stiftung Patientenschutz rief gleichzeitig dazu auf, die Pläne für eine Rückkehr zu den Gratis-Tests so schnell wie möglich umzusetzen.

Mit Blick auf Impfdurchbrüche sagte Fickenscher, man müsse unterscheiden zwischen Geimpften, die trotz der Impfung erkrankten, und solchen, die sich zwar infizierten, aber keine Symptome entwickelten. „Ein Viertel der Infektionen trotz Impfung bleiben symptomlos, und nur selten kommt es zur Krankenhauseinweisung oder Intensivtherapie.” Geimpfte seien also durch die Impfung sehr gut, aber eben nicht vollständig geschützt.

Auf Forderungen nach einer Testpflicht für alle – auch für Geimpfte und Genesene – reagierte Fickenscher eher verhalten. „Der goldene Weg ist immer noch, die Impfquote zu erhöhen, darauf müssen wir uns konzentrieren.” Massentestungen seien die zweite Wahl. „Ihr Nutzen ist übersichtlich, die Kosten hingegen sind immens.” Sinnvoller wäre es aus Sicht des Virologen, über eine Impfpflicht nachzudenken, zumindest dort, wo enger Kontakt zu vulnerablen Bevölkerungsgruppen bestehe. „Da aber ein Impfpflicht politisch schwer durchzusetzen ist, kommen Testungen ganz besonders dort infrage, wo besonders hohe Inzidenzen beobachtet werden.”

Die Patientenschützer fordern dagegen die Gratis-Tests: „Wenn jetzt nichts geschieht, fällt ein weiteres gemeinsames Weihnachtsfest der Pandemie zum Opfer“, sagte Vorstand Eugen Brysch. Die Rückkehr zu den Bürgertests sei überfällig, um das Virus effizient zu enttarnen. Die entsprechende Verordnung lasse auf sich warten, kritisierte er. „Wieder verspielt Deutschland wertvolle Zeit.“ Der amtierenden Bundesregierung müsse klar sein, dass eine Wiederbelebung der erforderlichen Teststrukturen Wochen dauern werde.

Vertreter der voraussichtlichen künftigen Ampel-Koalition hatten am Montag deutlich gemacht, dass sie eine Wiedereinführung der kostenfreien Schnelltests für alle planen. Nach Angaben des geschäftsführenden Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU) laufen darüber mit den Ampel-Vertretern derzeit Gespräche. Seit dem 11. Oktober gibt es die kostenfreien Schnelltests nur noch für bestimmte Gruppen, die sich nicht impfen lassen können, etwa Kinder unter 12 Jahren.

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