Deutschland wird von der Corona-Pandemie eingeholt – mal wieder. Der Winter kommt, die Inzidenzen gehen durch die Decke, die Impfkampagne stockt und nach wie vor wird über die Booster-Impfungen gestritten, statt sie durchzuführen. Über anderthalb Jahre nach Beginn der Pandemie vertraut nun offenbar kaum noch jemand auf die Informationen, die aus der Politik zum Thema kommen. Zu diesem Ergebnis gelangt eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsunternehmens Appinio. Das Vertrauen liegt demnach insbesondere bei der Vor-Ort-Gesundheitsversorgung.
Die Kampagne für Booster-Impfungen muss erst noch richtig anlaufen, da zeichnet sich schon ab, dass die Nachfrage enorm sein könnte: 53 Prozent derer, die bereits gegen Covid-19 geimpft sind, möchten sich bald eine Auffrischungsimpfung holen. 10 Prozent geben sogar an, bereits einen Termin haben. Nur 12 Prozent gaben an, dass sie keinen Booster wollen, mit 21 Prozent gab jeder Fünfte an, noch unentschlossen zu sein. Dabei sind es vor allem die jüngeren Geimpften im Alter zwischen 16 und 24 Jahren, die noch unentschlossen sind. 34 Prozent von ihnen gaben an, noch keine Entscheidung getroffen zu haben, 17 Prozent wollen keine Auffrischungsimpfung. Größer ist die Nachfrage offenbar in der Altersgruppe der 55- bis 65-Jährigen: Hier gaben lediglich 14 Prozent an, noch unentschlossen zu sein, gerade einmal 8 Prozent wollen auf die Booster-Impfung verzichten.
Von denjenigen, die sich kein drittes Mal impfen lassen wollen oder noch unentschlossen sind, gaben nur 14 Prozent an, dass sie die erste Impfung beziehungsweise die ersten beiden Impfungen nicht gut vertragen hätten. 15 Prozent gaben an, dass sie sich generell ungern impfen lassen. Immerhin zwölf Prozent haben so viel Vertrauen in die Impfung, dass sie eine dritte Dosis für nicht notwendig halten. Sie gaben an, sich nicht mehr vor einer Covid-Erkrankung zu fürchten. 9 Prozent nannten Bedenken wegen des unnötigen Arztbesuchs. Die beiden häufigsten Bedenken betreffen hingegen die Sicherheit – 29 Prozent gaben das an – sowie die Wirksamkeit. 38 Prozent gaben an, nicht von ihr überzeugt zu sein.
Der Informationsbedarf ist also groß. Zwar gaben zwei Drittel der Befragten an, sich gut oder eher gut über die Auffrischungsimpfungen informiert zu fühlen – doch in der Bevölkerung herrscht offensichtlich kein großes Vertrauen mehr in die öffentlichen Institutionen. Danach gefragt, welche Quellen beim Thema Booster-Impfungen als vertrauenswürdig empfunden werden, gaben gerade einmal 13 Prozent das Bundesgesundheitsministerium (BMG). Die Gesundheitsministerkonferenz ist mit 8 Prozent sogar noch weiter abgeschlagen. Immerhin: War sie vor der Corona-Pandemie noch den allerwenigsten Menschen ein Begriff, kommt die Ständige Impfkommission (Stiko) nun auf einen passablen Vertrauenswert von 29 Prozent. Sie liegt damit aber immer noch spürbar hinter der Quelle, der Patienten am meisten vertrauen: ihren Hausärzten. 38 Prozent gaben an, dass sie am ehesten auf deren Rat hören.
Dass Politik, Behörden und Leistungserbringer sich öffentlich teils widersprechen, bleibt den Menschen nicht verborgen. Entsprechende Folgen hat die Uneinigkeit: 37 Prozent der Befragten gaben an, aufgrund der unterschiedlichen Empfehlungen zur Booster-Impfung verunsichert zu sein. Ebenfalls 37 Prozent gaben an, dass es ihnen schwerfalle, relevante Informationen zu Booster-Impfungen zu finden.
Auf der Suche nach Informationen zum Thema zeigt sich dabei ein spürbares Altersgefälle: Jeweils 58 Prozent der Menschen zwischen 55 und 65 Jahren gaben an, sich über öffentlich-rechtliche Medien oder von ihren Hausärzten zum Thema zu informieren. Bei den 16- bis 24-Jährigen sind es lediglich 40 und 33 Prozent. Sie wiederum holen sich ihre Informationen eher aus Sozialen Medien: 41 Prozent gaben an, sich dort ihre Informationen zu beschaffen – von den 55- bis 65-Jährigen tun das lediglich 15 Prozent. Durchweg schlecht schneidet auch hier das BMG ab: Hier informieren sich im Schnitt 24 Prozent der Befragten. Im Mittelfeld liegen die klassischen Medienangebote wie Nachrichtenseiten, sie kommen im Schnitt auf 38 Prozent ohne größere Unterschiede in den Altersgruppen.
So groß wie die Verunsicherung ist auch die Sorge vor dem Winter und der gerade anlaufenden vierten Welle. Zwar hat die Bundesregierung seit längerem betont, dass es keinen neuen Lockdown geben werde – aber das Vertrauen ist überschaubar. 86 Prozent gaben an, dass sie glauben, die Corona-Auflagen werden in den kommenden Wochen wieder verschärft. Aber im Schnitt nur rund ein Drittel gab an, von sich aus wieder stärkere Einschränkungen hinnehmen zu wollen: Am häufigsten waren dabei noch freiwillige Kontaktbeschränkungen. 37 Prozent der Befragten gaben an, wieder weniger Menschen treffen zu wollen. Auch hier zeigen sich wieder Altersunterschiede: Während sich mit 45 Prozent fast die Hälfte der 55- bis 65-Jährigen bei den sozialen Kontakten zurücknehmen will, sind es unter den 25- bis 34-Jährigen nur 28 Prozent.
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