Corona-Impfstoffe

Thrombosen: Ist der Vektor das Problem? dpa/APOTHEKE ADHOC, 15.04.2021 13:34 Uhr

Thrombosen bei Vektorimpfstoffen: Experten vermuten, dass die Impfstoff-Art dem Problem zugrunde liegen könnte. Foto: New Africa/shutterstock.com
Berlin - 

Die seltenen schweren Nebenwirkungen nach der Impfung mit den Präparaten von AstraZeneca und Johnson & Johnson hängen deutschen Experten zufolge möglicherweise mit dem speziellen Typ dieser Impfstoffe zusammen.

„Die Tatsache, dass beide Impfstoffe auf dem gleichen Prinzip beruhen und die gleichen Probleme verursachen, spricht meines Erachtens eher dafür, dass der Vektor selbst die Ursache ist“, sagte Johannes Oldenburg vom Universitätsklinikum Bonn. Allerdings sei das zum gegenwärtigen Zeitpunkt spekulativ.

Der US-Pharmakonzern Johnson & Johnson hatte am Dienstag wegen Berichten über sogenannte Sinusvenenthrombosen nach der Impfung den Marktstart seines Präparats in Europa aufgeschoben. Zuvor hatten Behörden in den USA ein vorübergehendes Aussetzen der Impfungen empfohlen, nachdem im Land sechs Fälle der Hirnvenenthrombosen erfasst worden waren.

Erst im März hatte Deutschland Impfungen mit dem Produkt des Herstellers AstraZeneca vorübergehend ausgesetzt. Auch andere europäische Länder stoppten die Impfungen zeitweise. Hintergrund war ebenfalls eine auffällige Häufung der speziellen Thrombosen in Verbindung mit einem Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie) nach Impfungen mit dem Präparat. Inzwischen wird der Einsatz von AstraZeneca hierzulande nur bei Menschen ab 60 Jahren empfohlen.

In beiden Präparaten wird ein an sich harmloses Adenovirus als sogenannter Vektor genutzt, um Erbinformationen des Coronavirus in den Körper zu schleusen. Es sei theoretisch auch denkbar, dass das Spike-Protein des Virus, das in allen verfügbaren Impfstoffen dem Immunsystem zur Bildung von Abwehrstoffen präsentiert wird, die Nebenwirkungen verursacht, erklärte Oldenburg.

Auch Clemens Wendtner vermutet, dass bei beiden Impfstoffen ein ähnlicher Mechanismus den Nebenwirkungen zugrunde liegt. „Wir haben im Fall von Johnson & Johnson die gleichen Nebenwirkungen, die auch bei AstraZeneca aufgetaucht sind“, sagt Wendtner, Chefarzt an der München Klinik Schwabing. „Da stellt sich die Frage, ob es hier einen Klasseneffekt gibt, also die Adenoviren, die als Vektoren genutzt werden, die Probleme auslösen.“

Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) will nächste Woche ein Gutachten über mögliche Thrombosen durch den Corona-Impfstoff von Johnson & Johnson abgeben. Die Prüfung werde beschleunigt, teilte die Behörde am Mittwoch in Amsterdam mit. Bis zu der Entscheidung könne der Impfstoff aber weiter uneingeschränkt eingesetzt werden. Die EMA hält weiterhin daran fest, dass die „Vorzüge des Impfstoffs, Covid-19 zu verhindern“, höher zu bewerten seien als die Risiken von Nebenwirkungen.

Da es sich bei den Vektorimpfstoffen im Vergleich zu anderen Vakzinen um eine relativ neue Klasse von Impfstoffen handelt, sind die Daten zu ähnlichen Nebenwirkungen bislang begrenzt. Zuvor gab es lediglich zwei Impfungen auf Vektorbasis: Neben einem Impfstoff gegen Ebola ist ein weiterer gegen das Dengue-Fieber zugelassen.