Thapsigargin: Pflanzengift gegen Corona Cynthia Möthrath, 04.02.2021 15:04 Uhr
Verschiedene Substanzen wurden bereits im Kampf gegen Corona angepriesen. Darunter auch Wirkstoffe aus der Natur wie Sonnenhut oder Colchicin, ein Alkaloid der Herbstzeitlosen. Nun hat es ein weiteres Pflanzengift in die Schlagzeilen geschafft: Thapsigargin aus der Thapsia garganica – oft auch als „Karotte des Todes“ bezeichnet – soll gegen Covid-19 helfen können und die Vermehrung von Coronaviren im Körper hemmen.
Noch sind die Studienergebnisse ganz frisch: Die Justus-Liebig-Universität in Gießen hat sich mit der Giftpflanze beschäftigt. Zuerst hatte „Bild“ über das Pflanzengift berichtet, mittlerweile wird es als „Wundermittel“ gehyped. Thapsigargin (TG) wird aus der Gargano-Purgierdolde, welche lateinisch auch als Thapsia garganica bezeichnet wird, gewonnen.
Es seien bereits geringe Mengen in menschlichen Zellkulturen wirksam, wie Pharmakologe Professor Dr. Michael Kracht und sein Team berichten. „Wir haben eher zufällig entdeckt, dass Thapsigargin die Vervielfältigung von Coronaviren hemmt“, erklärt Kracht. Die ermittelte Wirkung halte sogar mehrere Tage an. „Es könnte daher tatsächlich sein, das Thapsigargin im Moment die effektivste breit wirksame Substanz gegen Coronaviren ist.“ Mit der Substanz könne die Viruslast in der Frühphase der Infektion schnell und vor allem massiv gesenkt werden. Das Pflanzengift unterbinde im Körper sofort die Virusvermehrung, indem die Coronaviren an der Replikation gehindert werden.
Auch weitere Wissenschaftler haben sich bereits mit der Pflanze und deren Gift beschäftigt. Professor Dr. Kin-Chow Chang von der Universität Nottingham hat ermittelt, dass TG die Viruslast hundertmal so stark hemmen kann wie Remdesivir. Dabei soll die Substanz auch gegen die kursierenden Mutationen wirksam sein. Dennoch stehen die Studien bislang noch ganz am Anfang. Eine Anwendung am Menschen ist noch weit entfernt. „Es ist aus meiner Sicht möglich, diese Schritte in 1 bis 1,5 Jahren zu durchlaufen, vielleicht auch deutlich schneller, wenn ähnlich wie bei der Entwicklung der mRNA Impfstoffe sehr viele Ressourcen gebündelt werden“, meint Kracht.
Thapsigargin wird bereits im Bereich der Krebsforschung untersucht: Es zeigte sich, dass das Gift die Calciumspeicher der Tumorzellen leeren kann. Dadurch wird die Zellmembran durchlässiger, Kationen von außerhalb können besser eindringen und der Zelltod verbessert werden. Dennoch ist die Substanz umstritten.