Die Vorstellung der Apotheken über die Vergütung von Schnelltests und die der Politik klaffen auseinander. Das geht aus einer Blitzumfrage des Apothekerverbandes Nordrhein hervor. Die teilnehmenden Apotheken erwarten demnach eine wirtschaftlich angemessene Honorierung von etwa 35 Euro. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) soll dagegen mit 18 Euro kalkulieren.
An der Befragung in Nordrhein nahmen von Freitag bis Montag 300 Apotheken und damit knapp 15 Prozent der 2100 Mitgliedsapotheken teil. Demnach führt bereits heute jede zehnte Apotheke Corona-Schnelltests durch. „Das bedeutet, dass rein rechnerisch pro Stadt oder Gemeinde an Rhein und Ruhr etwa zwei Apotheken diese für das Gemeinwohl so wichtige Angebot schon heute anbieten. Und die Tendenz ist steigend. Denn viele weitere Apotheken beschäftigen sich damit, Schnelltests in naher Zukunft durchzuführen“, sagte Verbandschef Thomas Preis.
Die Ergebnisse der Befragung zeigten, dass sich die Zahl der testenden Apotheken verdreifachen ließe. „Das wären dann gut 750 Apotheken an Rhein und Ruhr - jede dritte Apotheke“, so Preis. Um diesen Service anzubieten, müssen die Apotheken dem Verband zufolge teilweise erheblich investieren, im Schnitt rund 1000 Euro pro Apotheke, teilweise auch weit darüber hinaus. Laufende Vorhaltungskosten wie Miete für separate Räume, EDV, Hygiene- und Schulungsmaßnahmen kämen dazu. Deshalb erwarten die Apotheken der Befragung zufolge eine wirtschaftlich angemessene Honorierung von etwa 35 Euro. Das entspreche den aktuellen Preisen, die in den Apotheken im Durchschnitt bei 37 Euro pro durchgeführtem Test lägen. Zurzeit werden die Kosten noch nicht von Kostenträgern übernommen.
Auch der Impfschutz für Mitarbeiterteams sei eine unabdingbare Voraussetzung: „Eine der wichtigsten Voraussetzungen, sich in eine Teststrategie einbinden zu lassen, ist aber ein Infektionsschutz der testenden Mitarbeiter:innen durch eine Corona-Impfung“, sagte Preis. „Mit Blick auf die zentrale Bedeutung der Apotheken für die Arzneimittelversorgung und dem bei der Durchführung von Nasen-Rachen-Abstrichen sehr hohen Expositionsrisiko, ist die Sorge der Kolleg:innen um die Gesundheit ihrer Mitarbeiterteams richtig, nachvollziehbar und wird von uns sehr deutlich unterstützt.“ Nur 25 Prozent der Umfrageteilnehmer wollen in keinem Fall die Durchführung von Corona-Schnelltests in ihr Dienstleistungsangebot aufnehmen.
Der Apothekerverband geht davon aus, dass noch in dieser Woche die ersten Corona-Schnelltests zu Selbstanwendung durch Laien in Apotheken erhältlich sein werden. Zahlreiche Anbieter wollten dieses sehr beratungsintensive Produkt zunächst nur über die 18.000 Apotheken in Deutschland vertreiben. „Unsere pharmazeutischen Teams in den Apotheken sind bestens vorbereitet, jedem Kunden die wesentlichen Beratungshinweise zu geben, damit der Test zu Hause auch erfolgreich durchgeführt werden kann“, sagte Preis.
Preis kritisierte die politische Entscheidung, den Verkauf auch außerhalb von Apotheken etwa in Discountern zu erlauben. „Der Verkauf von Schnelltests außerhalb der Apotheken ohne Beratung wird unser Gesundheitswesen durch zahlreiche Falschanwendungen belasten und falsch getestete Menschen verunsichern oder in falscher Sicherheit wiegen.“ Es sei ein großer Fehler der Politik, dieses sehr erklärungsbedürftige Produkt wie eine herkömmliche Konsumware in Handelskanälen zu vermarkten, die keine fachliche Expertise habe.
Die fachkundige Beratung sei unverzichtbar. „Nur richtig angewendete Selbsttests können auch zuverlässige Ergebnisse erzielen und den Schutz und die Sicherheit gewährleisten, die sich jeder zu Recht davon verspricht. Nur so können Schnelltests einen Beitrag zur Pandemiebewältigung, zu mehr Sicherheit und zu einem Leben mit weniger Einschränkungen leisten“, sagte Preis. „Wir haben da jetzt eine große Verantwortung.“ Unabhängig von der wichtigen Bedeutung von Corona-Schnelltests zur Pandemiebewältigung weist er darauf hin, dass Corona-Schnelltests immer nur eine Momentaufnahme darstellen. Auch bei einem negativen Testergebnis sei es unverzichtbar, weiterhin die zentralen Schutzmaßnahmen wie Abstand halten, Hygiene beachten und eine wirksame Schutzmaske tragen zu beherzigen.
Laut einer aposcope-Umfrage winken viele Inhaber:innen dankend ab, wenn es um Tests in Apotheken geht. Zwar wird der Nutzen einer umfassenden Testung durchaus gesehen, allerdings auch die Risiken einer solchen Strategie. Und mit der vom BMG vorgesehenen Vergütung sind die Apotheken auch nicht einverstanden.
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