In wenigen Tagen werden bundesweit die Impfzentren geschlossen. Oder doch nicht? Einige Bundesländer scheinen weiterhin vom Konzept überzeugt. Was passiert mit den noch vorrätigen Impfdosen, Kochsalzampullen, Spritzen und Kanülen in den Ländern, in denen ab Oktober Schluss mit dem Impfen im Zentrum ist? Der Einsatz von pharmazeutischem Personal wird auf jeden Fall eingeschränkt.
So ruckelig wie der Aufbau und die Inbetriebnahme der Impfzentren an vielen Standorten lief, so unstrukturiert scheinen auch die Schließung und der Übergang zu mobilen Impfungen zu sein. Ab Oktober werden die Impfzentren nicht mehr vom Bund mitfinanziert, dementsprechend setzen viele Bundesländer auf die alleinige Impfung durch Vertrags-, Privat- und Betriebsärzt:innen. Alten- und Pflegeheime sollen weiterhin von mobilen Teams versorgt werden. Was mit dem Equipment in den Impfenztren passiert, ist nicht bundesweit geregelt – einige Länder wollen die Spritzen und Kanülen an die mobilen Teams weitergeben.
„Nach der Schließung der Impfzentren werden die Impfstoffe beziehungsweise das Impfzubehör qualitätsgesichert durch die jeweiligen Kreise und kreisfreien Städte aufbewahrt und möglichst im Rahmen von geplanten Einsätzen durch zum Beispiel mobile Teams aufgebraucht“, teilt eine Sprecherin des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministeriums mit. „Der Einsatz von pharmazeutischem Personal ist weiterhin grundsätzlich möglich. Die Entscheidung über die Erforderlichkeit des Einsatzes sowie die Planung obliegt dabei den koordinierenden Einheiten der Kreise und kreisfreien Städte.“
Auch in Impfzentren könnte noch Impfstoff gebraucht werden, denn ganz schließen sollen diese in NRW nicht: „Einzelne Kreise und kreisfreie Städte haben Anträge auf Einrichtung kleiner temporär stationärer Impfangebote gestellt. Das benötigte Personal und die Sachkosten werden analog zu mobilen Impfungen vom Land beziehunsgweise vom Bund finanziert. Mit diesen dauerhaften Angeboten sollen insbesondere jene Personengruppen angesprochen werden, die über die Regelversorgungsstrukturen nicht erreicht werden können.“
„Die Bestände werden aufgebraucht über den Einsatz der mobilen Teams“, erklärt eine Sprecherin des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und gesellschaftlichen Zusammenhalt. „Das ist insofern auch unkompliziert, da die mobilen Teams weiterhin vom DRK in Sachsen koordiniert werden.“
Wie die mobilen Teams beliefert werden sollen, ist in Sachsen noch nicht abschließend geklärt. Schwerpunktapotheken könnten eine Möglichkeit sein. Tätig werden sollen Apotheker:innen und PTA in den Teams jedoch nicht mehr: „Der Einsatz von Apotheker:innen oder PTA ist zum gegenwärtigen Stand nicht vorgesehen.“ Das medizinische Personal wird von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) gestellt.
Ende des Jahres ist dann auch für die mobilen Teams Schluss: „Die 30 mobilen Teams bleiben bis Jahresende im Einsatz. Auch in Sachsens Krankenhäusern wird ab dem 1. Oktober verstärkt die Coronaschutzimpfung für die Bevölkerung angeboten. Etwa 6000 Impfungen pro Woche können dann in den Krankenhäusern vergeben werden.“
In Niedersachsen stehen am Wochenende in vielen Impfzentren die letzten Termine an. „Zur Unterstützung des Impferfolges werden die Landkreise und kreisfreien Städte ab Oktober im Auftrag des Landes angegliedert an den öffentlichen Gesundheitsschutz mobile Impfteams einrichten. Bei Bedarf können bis zu 134 mobile Impfteams (ein Team pro 70.000 Einwohner:innen) zum Einsatz kommen“, teilt eine Sprecherin des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung mit. „Die Versorgung der Teams mit Impfstoff wird deshalb durch Schwerpunkt-Apotheken sichergestellt, die sich für diese Aufgabe bereit erklärt haben. Die Grundlagen dafür hat das Land mit dem Landesverband der Apotheken verhandelt.“
Derzeit laufe der Rückbau der Impfzentren. Dieser sei – ebenso wie der Aufbau – eine gemeinschaftliche Aufgabe von Land und Kommunen. „Die Ausstattung der Impfzentren ist, soweit sie vom Land finanziert wurde, Eigentum des Landes und wird nach den Vorgaben der Landeshaushaltsordnung verwertet. […] Vorrangig ist die Nutzung der Ausstattung zur Fortführung der Impfkampagne.“ Niedersachsen lagert die Ausstattung für insgesamt acht Impfzentren ein, sodass diese im Bedarfsfall schnell wieder errichtet werden können. „Ein weiterer Teil der Ausstattung wird für die mobilen Impfteams bei den Gesundheitsämtern weiterverwendet.“
„Alles, was für die vorgenannten Zwecke nicht genutzt werden kann, wird nach den Regeln der Landeshaushaltsordnung gestaffelt nach Wertgrenzen veräußert. Ein kleiner Teil mit geringem Anschaffungswert kann über die Kommunen kostenfrei an soziale Einrichtungen abgegeben werden, die durch die Bewältigung der Pandemie besonders gefordert waren, zum Beipsiel Frauenhäuser oder Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit. Ziel ist, möglichst wenig zu entsorgen. Insgesamt gilt das Gebot der Wirtschaftlichkeit, auch im Rückbau.“
„Alle medizinischen Materialien werden nach Schließung des Impfzentrums in der Messehalle 7 in unsere neue Hauptstelle transportiert und dort fachgerecht gelagert“, informiert eine Sprecherin des Bremer Senates für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz. „Die Materialien werden dann dort sowohl an die mobilen Teams als auch an die dann vorhandenen dezentralen Impfstellen ausgegeben.“ So würde man auch mit den übrigen Vials verfahren, von dort können die Impfstoffe dann „an die mobilen Teams und die dezentralen Impfstellen ausgegeben“ werden. Auch in Bremen ist der Bestellprozess noch nicht endgültig geklärt: „Hierzu laufen noch Gespräche mit den Apotheken in Bremen, um die Belieferung im Detail zu klären. In der Hauptstelle sollen „weiterhin PTA und auch Apotheker:innen“ tätig sein – für die mobilen Teams ist der Einsatz von pharmazeutischem Persona, nicht vorgesehen.
„Hamburg hat ein zentrales Impfzentrum betrieben, das Ende August planmäßig geschlossen wurde“, informiert ein Sprecher der Sozialbehörde Hamburg. „Personal und Material wird weiterhin im Rahmen der umfangreichen dezentralen Impfangebote eingesetzt.“ Das gilt auch für das pharmazeutische Personal: „Weiterhin sind PTA in den Teams mit der Aufbereitung des Impfstoffes betraut.“ Laut Angaben der Sozialbehörde werden aktuell rund 1000 Impfungen an dezentralen Standorten durchgeführt. „Zum Teil bestehen noch Impfstoffvorräte, die zentral gelagert und sukzessive abgebaut werden. Zum Teil wird Impfstoff nach Bedarf zentral beschafft.“
In der Hauptstadt wurden die Bürger:innen in anfänglich sechs Impfzentren immunisiert. Nach einiger Zeit schlossen zwei Standorte, sodass die Berliner:innen nur noch in vier Impfzentren ihre Spritze erhalten konnte. Durch den Einstieg der Praxen in die dezentrale Impfung reichte die reduzierte Zahl an Impfzentren aus. Nun teilt der Senat mit, dass es auch nach dem 30. September die Möglichkeit geben soll, sich im Impfzentrum zu impfen. Die Standorte Tegel und Messe bleiben weiterhin geöffnet. Die ersten Termine für die Booster-Impfungen der über 80-Jährigen wurden verschickt. In Berlin stellt sich somit zunächst nicht die Frage, was mit dem übrigen Zubehör erfolgen soll.
Auch in Bayern kommt es nicht zur Schließung der Zentren: „Pro Landkreis beziehungsweise kreisfreier Stadt soll ab Oktober in der Regel maximal ein stationäres Impfzentrum als koordinierende Stelle und Basisstation für die mobilen Impfteams weiter betrieben werden“ heißt es seitens des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege. „In dieser Basisstation oder einer anderen geeigneten Örtlichkeit soll zur Ergänzung des regulären Angebots in geringem Umfang eine Impfsprechstunde für Bürgerinnen und Bürger […] angeboten werden.“ Übriggebliebener Impfstoff und überschüssige Materialen werden somit umverteilt. Die Impfstoffbestellung soll in Eigenregie laufen: „Von Seiten des StMGP sind keine Apotheken beauftragt oder Schwerpunktapotheken benannt worden. Die Auswahl der beliefernden Apotheken soll von den Impfzentren und mobilen Impfteams vor Ort in eigener Verantwortung nach sachlichen Kriterien erfolgen.“
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