Corona-Impfplan: 15 Minuten in der Kirche Lothar Klein, 17.11.2020 14:40 Uhr
Noch vor Weihnachten könnten die ersten Impfstoffe gegen Corona zugelassen und erste Mengen ausgeliefert werden. Entsprechend laufen die Vorbereitungen für die anstehenden Massenimpfungen auf Hochtouren. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat dazu einen nationalen Impfplan vorbereitet. Der Entwurf sieht drei Impfphasen vor. Das Ziel ist klar: „Im Jahr 2021 soll bereits eine hohe Durchimpfungsrate erzielt werden.“ Länder und Kommunen sollen die Impfungen in Impfzentren durchführen. Sie dauern 15 Minuten. Auch Kirchen könnten dafür in Frage kommen.
„Zielvorgabe ist die schnellstmögliche Bereitstellung von wirksamen und sicheren Impfstoffen in einer ausreichenden Menge“, heißt es in Spahns Impfkonzept. Grundsätzlich werde angestrebt, mögliche Impfstoffe nach Zulassung der gesamten Bevölkerung zugänglich zu machen. Zu Beginn würden jedoch vermutlich „limitierte Mengen von verschiedenen Impfstoffen zur Verfügung stehen“. Daher sei bei der Impfempfehlung durch die Ständige Impfkommission (STIKO) eine Priorisierung von vorrangig zu impfenden Personengruppen erforderlich. Aufgrund der Priorisierung von Zielgruppen, der begrenzten Anzahl an Impfstoffdosen, der besonderen Produkteigenschaften bei Lagerung und Transport sei in einer ersten Phase die Durchführung der Impfungen in zentralen Impfzentren und mit mobilen Teams sinnvoll. „Sobald ausreichende Impfstoffmengen zur Verfügung stehen, wird angestrebt, die Impfaktivitäten in das Regelsystem übergehen zu lassen“, so das Konzept.
Um eine ausreichende Verfügbarkeit von COVID-19-Impfstoffen in Deutschland möglichst zeitnah sicherzustellen, beschaffe der Bund über einen europäischen Beschaffungsmechanismus Impfstoffe zentral. Zum jetzigen Zeitpunkt Anfang November sei auf EU-Ebene bereits der Zugang zu bis zu 800 Millionen Dosen für die europäische Bevölkerung von verschiedenen Herstellern gesichert worden. Diese Dosen würden im Verhältnis zur jeweiligen Bevölkerungszahl auf die EU-Mitgliedstaaten verteilt: „Einige Impfstoffhersteller haben noch im Jahr 2020 eine mögliche erste Auslieferung von Impfstoffdosen an die EU-Mitgliedstaaten in Aussicht gestellt.“
Besondere Anforderungen an Transport- und Lagerungsbedingungen müssten bei der Planung berücksichtigt werden: Bei bestimmten Impfstoffkandidaten (mRNA-Impfstoffen) bestünden spezielle Anforderungen an die Lagerung (Kühlkette, Temperaturen unter -60°C). Es werde zudem erwartet, dass die Impfstoffe in Mehrdosenbehältnissen geliefert werden. Es sei davon auszugehen, dass benötigtes Impfzubehör (Spritzen, Kanülen) und benötigtes Lösemittel nicht im Lieferumfang enthalten seien: „Demzufolge sollte die Zurverfügungstellung des Impfzubehörs und gegebenenfalls erforderlichen Lösemittels durch die Länder sichergestellt werden.“
Die bisher durch die EU-Kommission mit den Impfherstellern abgeschlossenen Verträge sähen vor, dass die Hersteller Impfstoffdosen an zentrale Stellen in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten liefern. Die Verteilung der Impfdosen in Deutschland soll nach dem Bevölkerungsanteil des jeweiligen Bundeslandes an von den Ländern benannte Stellen erfolgen. Aufgrund der besonderen Pandemiesituation sollen in einer ersten Phase COVID-19-Impfungen über Impfzentren, denen auch mobile Impfteams angehören sollen, durchgeführt werden.
Um unter diesen Rahmenbedingungen eine Impfkampagne kontrolliert und effizient durchführen zu können, seien „zentralisierte Strukturen erforderlich“. Sobald es die Rahmenbedingungen erlaubten und ausreichende Impfstoffmengen mit geeigneten Lagerungskonditionen zur Verfügung stünden, werde angestrebt, die Impfstoffverteilung in das Regelversorgungssystem dezentral über Apotheken übergehen zu lassen. Für die zentralisierte COVID-19-Schutzimpfung obliege den Ländern die Organisation der Impfzentren. Diese würden sie mit Unterstützung der niedergelassenen Ärzteschaft, insbesondere der KVen, und medizinischem Personal der Krankenhäuser oder anderen, einrichten und betreiben. Die Vorbereitung und Durchführung könne dabei durch weitere externe Akteure wie Hilfsorganisationen, die Bundeswehr oder Logistikunternehmen unterstützt werden.
„Mögliche COVID-19-Impfstoffe sollen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden können“, heißt es in Spahns Plan weiter. Die Finanzierung der COVID-19-Impfung in Impfzentren solle einfach und effizient gestaltet werden, um hohe Impfquoten und eine schnelle Impfung zu erreichen. Das BMG werde eine Rechtsverordnung erlassen, um zu bestimmen, dass gesetzlich Versicherte und nicht gesetzlich Krankenversicherte Anspruch auf eine COVID-19-Schutz-impfung haben: „Der Bund stellt den Impfzentren die durch ihn beschafften Impfstoffe ohne Refinanzierung zur Verfügung.“
In Phase 1a und 1b, wenn „wenig“ beziehungsweise „mehr“ Impfstoff verfügbar ist, sollen Menschen in Impfzentren „immunologisiert“ werden. Für Phase 2, wenn „Impfstoff großflächig verfügbar“ ist, werden „ärztliche Einrichtungen, niedergelassene Ärzte, Betriebsärzte“ genannt. Als geplante Orte für die schnelle Errichtung solcher Impfzentren werden neben Turn-, Messe- und Konzerthallen auch Kirchen empfohlen, schreibt die Bild-Zeitung. Die Impfzentren sollen gut erreichbar, gesichert und mit abschließbaren Räumen ausgestattet sein beispielsweise für Materiallager mit Ultratiefkühl-Möglichkeit für Impfstoffe.
Die Impfzentren bekommen einen „Check-In“ und einen „Check-Out“, sollen wie Einbahnstraßen mit festgelegten Stationen organisiert sein. Vor dem Eintritt soll Impfwillige von „geschultem Sicherheitspersonal“ auf Erkältungssymptome überprüft werden, gegebenenfalls soll mit einem Stirnthermometer Fieber gemessen werden. Wer Symptome hat, muss draußen bleiben. Ohne Termin kommt niemand hinein. Drinnen soll man dann in ein „Corona-gerechtes Wartezimmer“ kommen, berichtet die Bild-Zeitung. Zum Schutz vor Regen und Kälte sollen die Warteschlangen „wettergeschützt“ werden, alle Räume müssen beheizt sein. Das BMG weist inzwischen darauf hin, dass der in der Bild-Zeitung zitierte Impfplan nicht aus dem Bundesgesundheitsministerium stammt.
Der komplette Ablauf sei streng festgelegt, berichtet Bild. Pro Impfung werden 15 Minuten Zeitaufwand eingeplant, davon je fünf Minuten für Registrierung und Beratung. Man rechnet damit, dass ein Arzt der vollumfänglich zum Impfen abgestellt ist, 96 Personen pro Tag schafft. Im Anschluss an die Impfung ist eine „Beobachtung des allgemeinen Gesundheitsstatus“ geplant, um mögliche Nebenwirkungen festzustellen. Später folgt dann die zweite Impfung. Das bedeutet – zumindest rein rechnerisch – rund 160 Millionen Spritzen für ganz Deutschland.
Mobile Teams sollen Pflegebedürftige oder Personen impfen, die nicht alleine ins Impfzentrum kommen können. Hier werden auch Flüchtlinge, Obdachlose oder Menschen mit Suchterkrankungen genannt. Und: Bei manchen Berufsgruppen „Einrichtungen der Gesundheitsversorgung oder Polizei, Feuerwehr, etc.“ sei es sinnvoll, sie in Kohorten zu impfen, damit nicht jeder einzeln die Impfzentren aufsuchen muss. Im Gespräch sind „Mini-Teams“ für Impfungen, aber auch „Impf-Busse“, die Teams sollen aber an die Impfzentrum angebunden werden.