Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in Berlin wird ab heute in Abwesenheit des Hausherren verwaltet. Denn Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wurde gestern Nachmittag positiv auf Sars-CoV-2 getestet. Dem Vernehmen nach geht es ihm den Umständen entsprechend gut, er zeige bisher nur Erkältungssysmptome. Spahn ist nun in häuslicher Isolation, wo er physisch keine Menschen treffen darf. Seine interne Vertretung ist bereits geregelt, wer ihn nach außen vertritt, wird derzeit geklärt.
Seine Amtsgeschäfte führt er nach Angaben des Ministeriums aber weiter: An Meetings und Besprechungen nimmt er demnach telefonisch und über Videokonferenzen teil. Unterschriftenmappen werden ihm per Bote an seine Privatadresse gebracht. Seine Vertretung innerhalb des Ministeriums übernimmt Staatssekretär Dr. Thomas Steffen. Steffen gilt als Spahn-Vertrauter. Seit 2019 ist er im BMG, zuvor war er von 2012 bis 2018 Staatsekretär im Bundesfinanzministerium und damit von 2015 bis 2018 Kollege von Spahn, der dort denselben Posten innehatte. Vergangenes Jahr wechselte Steffen dann ins BMG. Wer Spahn bei Außenterminen vertritt, welche davon überhaupt stattfinden und welche abgesagt werden, klärt das BMG derzeit. Eine feste Vertreterregelung gibt es dafür nicht.
Wo sich Spahn angesteckt hat – ob privat oder bei dienstlichen Terminen – ist bisher noch nicht bekannt. Ebenso wenig, ob er selbst weitere Menschen angesteckt haben könnte. Das Bundeskabinett muss nach eigenen Angaben jedenfalls nicht in Quarantäne, obwohl es nur Stunden vor Spahns positivem Test im Kanzleramt zusammengekommen war.
Das wirft bei vielen Menschen Fragen auf. Denn zwar verweist die Bundesregierung darauf, dass Abstands- und Hygieneregeln vorbildlich eingehalten worden seien. Fotos zeigen allerdings, wie die Kabinettsmitglieder, darunter Spahn, die Sitzung mit Masken betreten, diese aber am Platz abnehmen.
In anderem Kontext wie bei geschäftlichen Treffen würde die Infektion eines Sitzungsteilnehmers unter ähnlichen Umständen durchaus eine Quarantäne aller Anwesenden nach sich ziehen. Die Bundesregierung betont allerdings, dass die Sitzung am Mittwochvormittag nicht wie sonst üblich im Kabinettssaal des Kanzleramtes stattgefunden habe, sondern im sogenannten Internationalen Konferenzsaal, der eigentlich für 180 Menschen ausgelegt ist. Entsprechend groß dürften die Abstände gewesen sein. Spahns engstes Umfeld aus dem Ministerium hat direkt nach Bekanntwerden Schnelltests durchführen lassen und sich laut BMG ins Home Office begeben. Weitere Kontaktpersonen werden nun nachverfolgt und informiert.
Dass ausgerechnet der Bundesgesundheitsminister als erstes Kabinettsmitglied ist, das an Covid-19 erkrankt, ist politisch heikel. Oppositionspolitiker halten sich bisher jedoch mit Kritik zurück und wünschen ihm unisono gute Besserung. Für Empörung sorgte lediglich AfD-Bundesvorstandsmitglied Stephan Proschka. Er sehe in Spahns Infektion den – Zitat – „nächsten Beweis, dass entweder Masken nichts bringen oder sich Jens Spahn nicht an seine Vorgaben hält“. Er behaupte, die Maskenpflicht bringe nichts gegen Corona, so Proschka. Erst vier Stunden und zahlreiche kritische Kommentare später schob er, nach dass er selbstverständlich hoffe, dass die Infektion glimpflich verläuft.
Gänzlich anders äußerte sich Spahns Kollege und Koalitionspartner Dr. Karl Lauterbach. „Ich weiß, wie vorsichtig er immer selbst war“, so Lauterbach. Dass selbst Spahn sich infiziert habe, zeige nur, wie hoch das Infektionsrisiko heute für jeden Einzelnen ist. Er unterstütze zwar die Entscheidung, das Kabinett nicht in Quarantäne zu schicken, weil die Minister systemrelevant seien. Sie müssten künftig mit Maske weiterarbeiten, forderte er. Außerdem zeige Spahns Infektion, dass es an der Zeit sei, dass die Kabinettsmitglieder regelmäßig auf Corona getestet werden, nämlich alle zwei bis drei Tage.
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