Schnelltests für jedermann – das könnte in weniger als 14 Tage tatsächlich Realität werden. Die Hersteller der In-vitro-Diagnostica haben nun nämlich zwei Möglichkeiten ihre Produkte auf den Markt zu bringen. Neben der Zulassung durch eine Benannte Stelle wie TÜV oder Dekra ist nun auch der Weg mittels Sonderzulassung über das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) möglich. Auch Christian Cichon, Geschäftsführer von CM Medical ist zuversichtlich, dass er die Schnelltests, die er im Angebot hat, schon bald an den Endkunden verkaufen darf.
Für die Tests, die Geschäftsführer Cichon vertreibt, wurden Anträge auf Sonderzulassung beim BfArM gestellt. „Mit der Sondergenehmigung rechnen wir im Laufe der nächsten zwei Wochen.“ Die Lager sind gefüllt. Aktuell dürfen die Tests mit der erleichterten Probennahme jedoch nur an medizinisches Personal und einige andere Personengruppen abgegeben werden.
Nach Österreich darf Cichon auch schon an Endverbraucher verschicken. Dort sind Tests wie der Joysbio Spucktest bereits durch das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) zur Eigenanwendung freigegeben. Die Genauigkeit der Tests ist mittlerweile gut und für ein Massenscreening geeignet. Der Test von Joysbio weist eine Spezifität von knapp 99 Prozent und eine Sensitivität von 95 Prozent auf. Der Speichel wird bei diesem In-vitro-Diagnostikum direkt in einen mitgelieferten Beutel gespuckt. Im Anschluss soll der Inhalt aus einer Pufferflasche in ein Extraktionsreagenzglas gedrückt werden. Danach werden drei Tropfen Speichel aus dem Sammelbeutel entnommen und ebenfalls in das Röhrchen gegeben. Diese Mischung landet letztlich in der Testkassette. Das Ergebnis soll nach 15 Minuten ablesbar sein.
Auch die Firma Modl hat den Spucktest im Sortiment. Das bayerische Unternehmen ist eigentlich im Bereich Energie und Mechatronik tätig. Seit Pandemiebeginn hat Geschäftsführerin Nicole Modl umgedacht und eine eigene Medizinsparte ins Unternehmen integriert. Sie plädiert schon seit Monaten dafür Schnelltest für die große Masse zugänglich zu machen. Vielen Branchen hätte in der Krise damit geholfen werden können. Umso mehr freut sie sich, dass es jetzt vorwärts geht und die ersten Laientests in wenigen Wochen tatsächlich über den Ladentisch gehen können.
Michael Halverscheid, Geschäftsführer bei W&W Vertrieb, setzt auf einen anderen Test. Er vertreibt einen innovativen Urintest, der mittels Schaumbildung Aufschluss über eine Covid-Infektion gibt. Zur Durchführung muss der Anwender nicht mehr machen, als Urin in einem Becher sammeln. Auch Halverscheid wartet auf die Freigabe seitens Benannter Stelle oder BfArM. Der Geschäftsführer ist ebenfalls davon überzeugt, dass breit angelegte Testungen die Infektionszahlen eindämmen können. „Die Probennahme ist so simpel, dass wirklich jeder den Foaming-Test anwenden kann.“ Halverscheid steht bereits mit Drogerien im Gespräch, einen Verkauf über Apotheken schließt er allerdings nicht aus.
Die meisten Hersteller oder Vertriebe schreiben, dass die Tests bereits beim BfArM gelistet sind. Aktuell bedeutet das jedoch nur, dass die Anwendung durch medizinisches Personal erfolgen kann und eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse im Rahmen der Testverordnung möglich ist. Die Liste beinhaltet nämlich diejenigen Tests, die sich laut Herstellerangaben gemäß den Vorgaben des Medizinproduktegesetzes (MPG) rechtmäßig in Europa beziehungsweise Deutschland in Verkehr befinden und alle vom Paul-Ehrlich-Institut in Abstimmung mit dem Robert Koch-Institut (RKI) festgelegten Mindestkriterien für Antigen-Tests erfüllen. Die Listung steht nicht im Zusammenhang mit der Laienanwendung.
Auch für die geplante großangelegte kostenfreie Testaktion ab Anfang März müssten die Produkte nun schnellstmöglich für die Laienanwendung freigegeben werden. Denn in wenigr als zwei Wochen sollen alle Bundesbürger:innen Zugang zu kostenlosen Corona-Schnelltests erhalten – auch Laientests sind in dieses Vorhaben miteingeschlossen. Für Bevorratung und Mitarbeiterschulung wird die Zeit knapp. Viele Hersteller setzten deshalb auch auf Schulungsmaterial in Form von Videos. Zwar ähneln sich Abstrich-, Spuck- und Lutschtests, doch nicht jeder Test ist gleich. Apotheker:innen und PTA müssen sich im Schnelldurchlauf selbst schulen um die Kunden gut beraten zu können. Sollte es zu einer Freigabe für Drogerien und Supermärkte kommen bleibt der Punkt der Beratung offen.
APOTHEKE ADHOC Debatte