Die meisten Apotheken in Deutschland haben in den vergangenen Monaten eine Achterbahnfahrt hinter sich. Doch auch wenn auf den Patientenansturm und die massive Arbeitsbelastung ein Einbruch folgte, sollten Apotheker nicht vergessen, dass sie immer noch sehr viel besser dastehen als die meisten anderen Branchen, sagt Inhaber Michael Althoff. Er lebt deshalb Solidarität: Für die gebeutelten Gastronomiebetriebe seiner Region hat er Care-Pakete geschnürt und erhält dafür einen Sturm der Begeisterung.
„Wir sind als Apotheken bisher gut durch die Krise gekommen“, sagt Althoff, der vier Apotheken in Bendorf, Kaltenengers und Neuwied betreibt. „Wir haben hier gerade auch weniger Kunden, doch wir alle hatten einen anstrengenden, aber ertragreichen März.“ Natürlich sei es im April wieder bergab gegangen, aber wenn man die letzten drei Monate zusammennimmt, seien sie im Durchschnitt nach Umsatz normale Monate gewesen. „Wir sollten froh sein, dass wir in einem systemrelevanten Beruf arbeiten! Es gibt andere, denen es sehr viel schlechter geht als uns“, sagt Althoff.
Dass es vielen anderen Selbstständigen und Inhabern kleiner Betriebe tatsächlich sehr viel schlechter geht, hat er dabei in seiner eigenen Apotheke erfahren. Die Idee zu den Care-Paketen hatte er, als ein Gastronom, den er kennt, in die Offizin kam: „Er hat gesagt, dass er nächste Woche endlich wieder aufmachen darf und wollte Desinfektionsmittel und einen Spender haben. Er hat mich gefragt, was das kostet – da habe ich ihm gesagt, er braucht mir nichts zu bezahlen.“ Er hat ihm dann ein Paket geschnürt und noch ein bisschen Traubenzucker und Magnesiumgranulat beigelegt – zusammen mit einem Zettel: „Lieber Heiner, das Magnesium packe ich dazu, weil ich hoffe, dass du bald so viel rennen musst, dass dir die Muskeln schmerzen“, schrieb er ihm.
Doch sein Bekannter ist nicht der einzige Gastronom, dem es so geht – im Gegenteil, die Branche erlebt gerade den schwersten Einbruch ihrer Geschichte. Also entschied sich Althoff, zu helfen. Er begann Care-Pakete zu schnüren: viermal 250 ml Händedesinfektionsmittel, einmal 500 ml Flächendesinfektionsmittel, fünf OP-Atemmasken, viermal Magnesium Direktgranulat und viermal Traubenzucker. Zusammen betrage der Wert eines Pakets rund 40 Euro, sagt Althoff. Und das summierte sich – die Pakete gehen nämlich weg wie heiße Semmeln.
„Am Montag haben wir Pakte gepackt, Dienstag mit der Abgabe begonnen und bis Donnerstag waren schon 60 Stück weg“, erklärt Althoff. Das geht natürlich auch irgendwann ins Geld. „Ich habe bisher gesagt, bei 100 ist die Schmerzgrenze. Ich kann ja auch nicht von Luft und Liebe allein leben.“ Die Reaktionen auf die Aktion zeigen ihm aber, dass das Geld gut investiert ist: Nicht nur in den sozialen Medien erhielten Althoffs Apotheken das, was man neudeutsch einen Candystorm nennt, sondern auch vor Ort erhielt er „überwältigende Reaktionen“, wie er erzählt. „Es kamen schon Kunden herein und sagten, wir haben sie mit der Aktion als neue Stammkunden gewonnen. Sie würden jetzt ganz bewusst zu uns kommen, weil sie das so toll finden.“
Dass der Marketing-Effekt ganz erheblich ist und auch keine allzu kleine Rolle gespielt hat, sagt Althoff ganz offen. „Die Posts wurden online hunderte Male geteilt und auch hier vor Ort spricht sie die Aktion natürlich rum“, sagt er. „Ich habe vier Apotheken und bei hundert Paketen also tausend Euro pro Apotheke ausgegeben – mit so wenig Geld habe ich noch nie so viel Feedback erhalten.“
Dennoch: Eine reine Werbemaßnahme sei die Aktion keineswegs – vielmehr hoffe er, dass sich möglichst viele andere Apotheken seinem Beispiel anschließen. „Ich habe mich gefragt, warum nicht viel mehr Apotheker solche Pakete verschenken. Wenn das auch nur fünf Kollegen lesen und dasselbe machen, ist schon wieder hunderten Menschen geholfen worden“, sagt er. „Tue Gutes und sprich darüber“, sei seine Devise. „Außerdem macht es Spaß, Dankbarkeit ist doch immer noch der schönste Lohn.“
APOTHEKE ADHOC Debatte