Aktuell läuft die Impfstoffentwicklung auf Hochtouren. Mehr als 150 Impfstoffe gegen das Coronavirus werden derzeit weltweit getestet. Zuletzt hatte die US-Arzneimittelbehörde FDA ein beschleunigtes Zulassungsverfahren für zwei potenzielle Covid-19 Impfstoffe genehmigt. Es handelt sich um zwei der neuartigen RNA-Impfstoffe von Biontech und Pfizer. Auch das chinesische Unternehmen Sinovac startet mit der klinischen Phase-III seines Impfstoffkandidaten in Brasilien und könnte bei positiven Ergebnissen der Zulassung ein Stück näherkommen.
Mit einem Flug aus Frankfurt ist ein wichtiger Corona-Testimpfstoff im brasilianischen São Paulo angekommen: Der chinesische Pharmakonzern Sinovac möchte in Brasilien damit die entscheidende dritte Testphase seines Impfstoffs starten. Die Ankunft bestätigte das brasilianische Fernsehen. Demnach sollte der Impfstoff weiter zum federführenden Forschungszentrum Instituto Butantan in der brasilianischen Metropole gebracht werden.
Fast 9000 Angestellte aus dem Gesundheitssektor sollen den Impfstoff erhalten. Nach einem Bericht der Zeitung „O Globo“ hatten sich für den Test zuletzt in fünf Tagen eine Million Freiwillige gemeldet. In Phase III wird die Wirksamkeit eines Stoffes an einer größeren Gruppe von Menschen ermittelt. Der Test von Sinovac ist einer der ersten weltweit und bereits die zweite Phase-III Studie in Brasilien. Ein Corona-Impfstoff des britischen Pharmaunternehmens AstraZeneca, der von Forschern der Universität Oxford entwickelt wurde, wird in dem größten und bevölkerungsreichsten Land Lateinamerikas schon getestet.
In dem Staat mit 210 Millionen Einwohnern breitet sich das Virus immer noch rasant aus. Brasilien durchbrach vergangene Woche die Marke von zwei Millionen bestätigten Infektionen. Täglich melden die Behörden rund 1000 Todesfälle. „Wenn alles gutgeht, werden wir die Impfung in Brasilien vielleicht im ersten Quartal 2021 haben“, sagte Ricardo Palacios, Direktor für medizinische Studien des Instituto Butantan, kürzlich in einem Interview.
Picovacc, so der Name des Impfstoffes, besteht aus Virusfragmenten, die selbst nicht mehr zur Replikation fähig sind. Am Tier war die Vakzine bereits Mitte Mai erfolgreich: Affen konnten nach der Injektion in ausreichenden Mengen Antikörper bilden und sich nicht mehr mit Sars-CoV-2 infizieren. Die Arbeiten zur Entwicklung eines Impfstoffes begannen im Januar in Zusammenarbeit mit weiteren akademischen Forschungsinstituten in China. Im April erhielt Sinovac die Genehmigung zur Durchführung der Phase-I/II-Studien. Die Phase-I-Studie schließt 144 gesunde Erwachsenen im Alter von 18 bis 59 Jahren ein. An Menschen wird seit Mitte April getestet.
Gegründet wurde Sinovac 2001 in Peking. nNach eigenen Angaben hat das Biotech-Unternehmen bereits mehrere Impfstoffe entwickelt, darunter ein Vakzin gegen das H1N1-Grippevirus. Mittlerweile ist das Unternehmen an der US-Börse notiert und nach eigenen Aussagen innerhalb kürzester Zeit schnell gewachsen. 2018 verzeichnete Sinovac einen Umsatz von rund 230 Millionen US-Dollar – mehr als dreimal so viel wie zwei Jahre zuvor. Der Impfstoff wir in Kooperation mit mit der Universität in Peking und der chinesischen Seuchenschutzbehörde entwickelt.
Experten sind zuversichtlich, dass es mehrere Erfolge bei den Impfstoffkandidaten geben wird. „Es wäre sehr viel Pech, sollten alle scheitern“, sagt etwa Soumya Swaminathan, Chefwissenschaftlerin der WHO. Sie geht davon aus, dass Mitte 2021 ein Impfstoff in größerem Maßstab zur Verfügung stehen könnte. Doch selbst dann – das muss klar sein – wird Impfen vermutlich nur ein Baustein im Kampf gegen das Virus sein. Sie hält breite Corona-Impfungen Mitte 2021 für möglich.
APOTHEKE ADHOC Debatte