Der Arztvorbehalt zur Durchführung von Antigen-Schnelltests wurde gelockert. Auch Kranken- und Altenpfleger, sowie Rettungssanitäter dürfen demnach seit einigen Wochen solche Tests durchführen. Mit der jetzigen Aufnahme von Sars-CoV-2 in die Liste der Krankheiten, die mittels patientennahem Schnelltest vom Laien selbst diagnostiziert werden dürfen, steigt die Angst der Ärzte vor Superspreadern. Sie sehen vor allem in der falschen Durchführung die Gefahr der „falschen Sicherheit“.
Früher oder später würden die Schnelltests für die Heimanwendung kommen, das prognostizierte Jens Spahn bereits vor Wochen. Doch bis ein Test für die Laienanwendung die Marktzulassung bekommt, wird es noch zu dauern. Die Zulassungsvoraussetzungen für solch ein Produkt sind anders, erklärt eine Sprecherin des Unternehmens Nal von Minden. „Für eine Heimzulassung müssten wir zuerst eine Laienstudie durchführen, die Gebrauchsanweisung vereinfachen, eventuell die Art der Probenentnahme ändern.“ Dennoch – die niedergelassenen Ärzte bekunden bereits jetzt ihre Angst vor Superspreadern durch falsche Anwendungen von zu Hause aus.
Der Virchowbund, Verband der niedergelassenen Ärzte, warnt davor, dass nicht jeder einen Abstrich und die darauffolgende Auswertung korrekt vornehmen könnte. Die Gefahr von falsch-negativen Ergebnissen könnte steigen. Gleichzeitig steige aufgrund der „falschen Sicherheit“ die Gefahr von Superspreadern. „Abstriche auf das Coronavirus können nur durch geschultes Fachpersonal durchgeführt werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die hohe Sensitivität, die den Antigen-Schnelltests bescheinigt wird, auch tatsächlich erreicht wird. Es wäre fatal, wenn Menschen nach einem fehlerhaften Selbstabstrich ein falsch-negatives Ergebnis erhalten und sich dadurch in trügerischer Sicherheit wiegen. Das gefährdet Menschenleben, anstatt sie zu schützen,“ heißt es seitens des Verbandes.
Die Ärzte befürchten eine drohende Unvernunft in der Bevölkerung, gerade mit Blick auf die kommenden Feiertage: „Wir dürfen jetzt nicht den Fehler machen, die momentan lebenswichtigen Kontaktbegrenzungen durch Selbsttests zu unterlaufen. Die Maxime heute lautet: Kontakte begrenzen, Kontakte begrenzen, Kontakte begrenzen!“ Dr. Dirk Heinrich, der Bundesvorsitzende des Virchowbundes, mahnt weiterhin: „Tagtäglich verzeichnen wir hunderte von Toten. Das sind keine anonymen Ziffern in einer Statistik, sondern konkrete Personen, die alle Weihnachten nicht mehr erleben werden.“
Die Änderung des §24 des Infektionsschutzgesetzes und die Empfehlung des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU) zur Selbsttestung der Lehrer könnte zu den Befürchtungen der Ärzte geführt haben. §24 IfSG fasst die Krankheiten zusammen, für die patientennahe Selbsttest zur Durchführung durch Laien erlaubt sind. Neben HIV, Hepatitis C und Treponema pallidum wurde nun auch das Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus-2 (Sars-CoV-2) mit aufgenommen. Bislang ist noch kein Schnelltest für den Endkunden am Markt. Theoretisch wäre die Durchführung von zu Hause dann aber ab Markteinführung eines hierfür zugelassenen Tests erlaubt.
In Amerika können sich Interessierte bereits selbst zu Hause testen. Vor gut drei Wochen ließ die US-Arzneimittelbehörde FDA erstmals einen Corona-Test für den Hausgebrauch zu. Das Testkit des US-Herstellers Lucira Health erhielt eine Notfall-Zulassung, teilte die FDA mit. „Diese neue Test-Möglichkeit ist ein wichtiger Diagnose-Fortschritt, um die Pandemie zu bekämpfen und die öffentliche Last der Krankheitsübertragung zu reduzieren“, sagte FDA-Chef Stephen Hahn. Wer den Test nutzt, muss mit einem Stäbchen eine Probe aus der Nase entnehmen, dieses dann in ein Röhrchen legen und das Röhrchen wiederum in einem Testmodul befestigen. Die Durchführung ist also ähnlich der von anderen Schnelltests zur Anwendung durch medizinisches Personal.
Um Infektionsketten einzuschränken und Superspreader zu vermeiden sollen sich zukünftig auch Lehrer testen dürfen. „Kitas und Schulen beziehungsweise ihre Träger können von Freitag an eigenständig Schnelltests beziehen und nutzen“, informierte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Das genaue Vorgehen hierbei ist bislang nicht geklärt. Die Abgabe von Schnelltests an Schulen und Kitas wurde durch die Anpassung der Medizinprodukteabgabeverordnung (MPAV) erlaubt.
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