Quelle war fragwürdig

Schnelles Comeback für Resochin

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Berlin -

Ende Mai beendete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die klinischen Tests mit Hydroxychloroquin und Chloroquin, da es unter der Anwendung dieser Wirkstoffe zu zahlreichen Nebenwirkungen ohne signifikante Wirkung gegen Covid-19 kam. Viele der ausgesetzten Tests könnten nun wieder aufgenommen werden. Experten hätten sämtliche Daten erneut überprüft und seien zu dem Schluss gekommen, dass nichts gegen eine Fortsetzung der Tests spreche, erklärte Tedros Adhanom Ghebreyesus, Chef der WHO. Das Unternehmen, auf dessen Datenbankanalyse sich die WHO bei der Entscheidung bezog, erwies sich als wenig seriös. Die ausgewerteten Daten seien nicht valide und könnten nur eingeschränkt genutzt werden.

Die WHO lenkt bei den abgebrochenen Studien mit Resochin & Co. ein: Die ausgesetzten Tests mit Chloroquin und Hydroxychloroquin könnten wieder aufgenommen werden. Beide Wirkstoffe waren Bestandteil einer von der WHO koordinierten Forschungsreihe mit mehr als 3500 Patienten in 35 Ländern. Innerhalb der global angelegten Studie soll untersucht werden, ob verschiedene schon vorhandene Medikamente einen Effekt gegen Covid-19 haben.

Vorübergehend ausgesetzt

Zuletzt hatte die WHO den Hydroxychloroquin- sowie Chloroquin-Arm der global angelegten „Solidarity“ Studie vorübergehend ausgesetzt. Verschiedene wissenschaftliche Artikel zeigten, dass Menschen, die das Medikament einnahmen, ein höheres Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse hatten als diejenigen, die das Malariamittel nicht einnahmen. Unter der Einnahme dieser Medikamente verstarben mehr Patienten als in den Kontrollgruppen (Standard-Covid-Therapie). Ein Team von Forschern aus den USA und der Schweiz führten hierfür eine internationale Registeranalyse an insgesamt 96.032 bestätigten Covid-Patienten in 671 Krankenhäusern auf sechs Kontinenten durch. Das Ergebnis: Das Risiko einer ventrikulären Arrhythmie während der Therapie war bei beiden Malariamitteln erhöht. In der Kombination mit dem Antibiotikum Azithromycin stieg das Risiko weiter. Die WHO schlussfolgerte zunächst: „Diese Ergebnisse legen nahe, dass diese Therapieschemata nicht außerhalb klinischer Studien angewendet werden sollten und eine dringende Bestätigung durch randomisierte klinische Studien erforderlich ist.“

Quelle wahrscheinlich unseriös

Eine erneute Überprüfung durch den Ausschuss für die Überwachung der Datensicherheit der WHO kam aber zu dem Ergebnis, dass die Studien wieder aufgenommen werden könnten, da die zugrunde liegenden Daten nicht valide gewesen seien. Die verwendeten Studieninhalte seien von einem relativ kleinen, global nicht namenhaften Unternehmen zu Verfügung gestellt worden. Bei genauerer Überprüfung des Unternehmens Surgisphere fiel auf, dass unverhältnismäßig große Mengen Daten in kurzer Zeit verarbeitet wurden. Der Internetauftritt sowie einige andere Faktoren würden nahelegen, dass die verwendeten Daten zum einen nicht fachgerecht aufgearbeitet wurden und zum anderen eventuell nicht offiziell erworben wurden. In New York seien sich die behandelnden Ärzte beispielsweise nicht bewusst gewesen, dass die Daten der Patienten an eine – ihnen unbekannte Firma – weitergegeben wurden.

Big Data – Little Reliability

Laut Internetauftritt ist es das erklärte Ziel von Firmengründer Dr. Sapan Desai, die Leistungsfähigkeit der Datenanalyse zu nutzen, um das Leben so vieler Menschen wie möglich zu verbessern. Die Firma lasse die Daten mittels einer speziellen Software auf Basis des maschinellen Lernens auswerten. Die Ergebnisse der zahlreichen Big-Data-Analysen seien in den vergangenen Jahren in diversen Fachzeitschriften veröffentlicht worden – unter anderem im „New England Journal of Medicine“ (NEJM), im „Journal of the American Medical Association“ (JAMA) und im „British Medical Journal“ (BMJ) publiziert, teilte die Firma entgegen der Anschuldigungen einer Reihe von Wissenschaftlern mit. Bei den verwendeten Daten handele sich um Einträge in elektronischen Krankenakten, die vom Unternehmen in anonymisierter Form für Analysen zur Verfügung gestellt werden würden, so Surgisphere.

„Expression of concern“ für Surgisphere

Wissenschaftler zweifeln nun die statistischen Analysen und die Datenintegrität an: Die statistische Analyse und Datenintegrität zur Chloroquin- und Hydroxychloroquin-Studie werden in einem offenen Brief von 146 Wissenschaftlern infrage gestellt. Die Fachzeitschrift „Lancet“ reagierte mit einer „Expression of concern“. Das NEJM schloss sich den Bedenken an. Die Mitarbeiter des Magazins haben die Autoren von Surgisphere gebeten, den Nachweis zu erbringen, dass ihre Daten zuverlässig sind, „in der Zwischenzeit und zum Nutzen unserer Leser“ werde auch hier eine „Expression of concern“ veröffentlicht. Dabei handelt es sich um eine Verdachtsmeldung – es stellt keinen Warnhinweis oder gar Nachweis dar, dass die Forscher bei ihren Arbeiten unsauber gearbeitet oder sogar gefälscht haben. Auch in Journals gilt die Unschuldsvermutung. Nun folgen unabhängige Prüfungen – Ergebnisse werden in den nächsten Tagen erwartet.

WHO revidiert zweite Aussage

Wiederholt kommt es dazu, dass die WHO während der Pandemie in ihre eigenen Entscheidungen eingreift und Äußerungen zurücknimmt. Mitte März revidierte sie das erste Mal eine Empfehlung. Zu dieser Zeit verbreitete sich die Annahme, dass die Einnahme von Ibuprofen eine Sars-CoV-2-Infektion verschlimmern könnte. Kurz darauf riet die WHO Menschen, die eventuell mit dem Corona-Virus infiziert sind, von der Einnahme des Analgetikums ab – empfohlen wurde Paracetamol. Einen Tag später erlebten die Apotheken einen regelrechten Ansturm auf das fiebersenkende Mittel – teilweise kam zur Kontigentierung. Nur drei Tage später wurde die Aussage seitens der WHO revidiert. Die Experten hatten nach ausgesprochener Warnung Studien analysiert und Ärzte konsultiert und seien zu dem Schluss gekommen, dass es über die bekannten Nebenwirkungen bei bestimmten Bevölkerungsgruppen hinaus keine Hinweise auf negative Ibuprofen-Konsequenzen bei Covid-19-Patienten gebe. „Auf der Basis der heute vorhandenen Informationen rät die WHO nicht von der Einnahme von Ibuprofen ab“, teilte die WHO mit.

 

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