ABDA-Halbzeitbilanz

Schmidt lobt Spahn: Entschlossener Krisenmanager

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Berlin -

Gemeinsam mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat Abda-Präsident Friedemann Schmidt das bislang unvollendete Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) entwickelt und mehrfach geändert. Bei Kammern und Verbänden stieß der Gesetzentwurf auf Kritik und Gegenwehr. Noch immer hängt dieses wichtige Gesetz für die Apotheker in der Schwebe. Trotz allem findet Schmidt in einer Halbzeitbilanz in der Zeitschrift „iX-Forum“ überwiegend anerkennende Worte für den umtriebigen Gesundheitsminister und lobt Spahn für sein Corona-Krisenmanagement. Allerdings hat Schmidt auch eine versteckte Botschaft eingebaut: Den Anschluss aller Apotheken an die Telematikinfrastruktur (TI) hält er bis Ende September für kaum zu schaffen.  

„Jens Spahn hat in der Krise ohne Zögern die Rolle des besonnenen und zugleich entschlossenen Krisenmanagers vor und hinter den Kulissen angenommen“, schreibt Schmidt in seinem Mitte März angefertigten Text. Er habe die Öffentlichkeit offensiv informiert, den Schulterschluss mit den Verbänden im Gesundheitswesen gesucht und gemeinsam mit anderen Ressorts zahlreiche Maßnahmen in einem für die Bundespolitik ungewohntem Tempo auf den Weg gebracht. Ein Beispiel seien kurzfristige Ausnahmen von der Biozidverordnung, „die es Apotheken ermöglichen, dringend benötigte Desinfektionsmittel in ihren Laboren selbst herzustellen“, ein anderes die kurzfristigen Finanzierungszusagen an Krankenhäuser. Auch der Appell, die Zahl der Arzt- und Apothekenbesuche zu minimieren, sei Teil des Spahnschen Krisenmanagements gewesen, der die Verantwortung für das Gesundheitswesen nachvollziehbarerweise auf viele Schultern verteilen wolle. In der Tat seien die Krankenkassen, Kliniken, Ärzte, Zahnärzte und Apotheker im Rahmen der Selbstverwaltung für ihre jeweiligen Bereiche verantwortlich und auf absehbare Zeit durch Covid-19 im Dauer-Stresstest.

Auch für Spahns Gesetzeseifer finde Schmidt lobende Worte: Die Bundestagswahl 2017 liege zwar gefühlt schon eine Ewigkeit zurück. Im „Dauersprint“ habe Spahn allerdings die lange Regierungsbildung in der Gesundheitspolitik wieder aufgeholt: „Ein Gesetzentwurf nach dem anderen hat in den vergangenen zwei Jahren das Bundesgesundheitsministerium verlassen. TSVG, GSAV, DVG, VOASG, FKG, PDSG – das sind nur einige der vielen Kürzel, hinter denen sich Gesetze mit teils weitreichenden Folgen auch für die Apothekerschaft verbergen. Doch der Ausstoß an Gesetzen ist nicht nur quantitativ bemerkenswert. Vielmehr hat sich hier auch ein neuer Politikstil festgesetzt.“

Den Abda-Präsidenten erinnert Spahns Vorgehen „an die Entwicklung von Softwareprodukten“: Es gehe nicht darum, immer gleich „das große Ganze“ zu liefern, sondern darum, zwar schrittweise, dafür aber zügig voranzukommen und Gesetzentwürfe „unterwegs“ im politischen Prozess zu testen und von etwaigen Fehlern zu befreien. Dieser schrittweise Ansatz eines „learning by doing“ bedinge einen intensiven Austausch zwischen Exekutive und Legislative als „Entwickler“ sowie den Krankenkassen und Heilberuflern als „Anwender“. Und er werde begleitet von einer offensiven öffentlichen Kommunikation.

Das gelte natürlich ganz besonders in dem ebenso dynamischen wie unübersichtlichen Feld der Digitalisierung, „wo Minister Spahn von Anfang an einen seiner gesundheitspolitischen Schwerpunkte verortet hatte“, so Schmidt. Wer geglaubt habe, dass mit einem oder zwei E-Health-Gesetzen die vierjährige Legislaturperiode bestritten werden könnte, „muss nun eigentlich in jeden Gesetzentwurf aus dem BMG schauen, um nicht in Anhängen oder Anträgen noch durch irgendeine Detailregelung zur Telematikinfrastruktur (TI) oder zu Apps überrascht zu werden“.

„In Bezug auf die Apotheken wartete Spahn gleich zu Beginn seiner Amtszeit mit einem Paukenschlag auf“, schlägt Schmidt den Bogen zum Apothekengesetz. Das im Koalitionsvertrag zumindest als ernsthaften Prüf-, wenn nicht sogar als klaren Umsetzungsauftrag genannte Versandhandelsverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel habe der Minister mit der Aussage „kassiert“, ein Verbot entspreche nicht dem Zeitgeist einer modernen und liberalen Gesellschaft. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs, das ausländischen Versendern im Oktober 2016 das Unterlaufen einheitlicher Abgabepreise erlaubt habe, sei solch ein Schritt auch europa- und verfassungsrechtlich nicht zulässig. Spahn habe daraufhin eine sozialrechtliche Lösung für die GKV vorgeschlagen.

Schmidt: „Für die Apothekerschaft war das ein schwer verdaulicher Brocken, einen Mangel an Diskussionsfreude und Konfliktfähigkeit bei diesem Thema konnte man Spahn aber zumindest nicht vorwerfen.“ Regelmäßig habe Spahn den Apothekergremien Rede und Antwort gestanden – zuletzt auf dem Deutschen Apothekertag im Herbst 2019. Bereits im Juli 2019 habe die Bundesregierung einen Kabinettsbeschluss für ein Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) gefasst. Der Botendienst der Apotheken vor Ort sei inzwischen liberalisiert worden und könne nun grundsätzlich allen Patienten angeboten werden. Durch höhere Zuschüsse für den Nacht- und Notdienst sowie für die Abgabe dokumentationspflichtiger Medikamente (zum Beispiel Betäubungsmittel) würden die Apotheken seit Jahresbeginn darüber hinaus auch bei der Erfüllung ihrer Gemeinwohlpflichten gestärkt.

„Doch die zentralen ordnungspolitischen Punkte des VOASG-Paketes kamen und kommen nicht von der Stelle“, kritisiert der Abda-Präsident den anhaltenden Stillstand. Der Kabinettsbeschluss sei gebunden an eine Vorabstimmung mit der EU-Kommission hinsichtlich der Binnenmarkt-Verträglichkeit des VOASG. „Diese Rückmeldung stand auch im März 2020 noch aus. Erst langsam mehren sich die Stimmen insbesondere in der CDU-Fraktion, den überfälligen Gesetzentwurf nötigenfalls ohne das Kommissionsvotum an den Bundestag zuzuleiten und zu beschließen. Und dafür wird es höchste Zeit.“

Neben dem VOASG waren und sind natürlich weitere Verfahren für die Arzneimittelversorgung relevant. Beim Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) wurde festgelegt, dass die Gematik bis zum 30. Juni 2020 die technischen Standards für das E-Rezept festlegen müsse. Das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) habe den Anschluss der Apotheken an die Telematikinfrastruktur auf den 30. September 2020 datiert, „auch wenn dies flächendeckend kaum mehr zu schaffen sein wird“.

Ob bei der Wiederherstellung der Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente oder beim Einführen des E-Rezepts: Jede Maßnahme müsse sich daran orientieren, ob und wie sie das System einer dezentralen, wohnortnahen Arzneimittelversorgung durch Apotheken vor Ort stütze, so Schmidt: „Der Wert und die Resilienz dieses Systems stellen sich gerade während der Corona-Krise unter Beweis. Auch die Politik muss das anerkennen.“ Und wenn im Abflauen der Krise die Diskussion um die „lessons learned“ beginne, dann werde die Zukunft der Apotheken zu besprechen sein. Der Abda-Präsident: „Die vielen tausend inhabergeführten Apotheken vor Ort sind eine der wichtigsten, stabilsten und zugleich flexibelsten Säulen des Gesundheitssystems in Deutschland. Sie ordnungspolitisch abzusichern und gesundheitspolitisch zu fördern, ist eine raison d‘être. Nur eine klare Zukunftsperspektive erlaubt es jungen Pharmazeuten, ihre Fachkompetenz und ihr freiberufliches Engagement in den Dienst der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung zu stellen.“

 

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