Die Forschung rund um das neue Coronavirus läuft seit Monaten auf Hochtouren. Immer wieder erlangen Forscher neue Erkenntnisse. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hat in Zusammenarbeit mit verschiedenen Forschungsgruppen aus Deutschland festgestellt, dass die Spike-Proteine von Sars-CoV-2 überraschend beweglich sind. Die neuen Erkenntnisse könnten Einfluss auf die Impfstoff-Entwicklung haben.
Spike-Proteine befinden sich auf der Virusoberfläche. Sie werden von den Erregern benötigt, um in die Zellen eindringen zu können: Mit den Spikes binden sie an bestimmte Rezeptoren auf der Oberfläche von menschlichen Zellen und infizieren diese schließlich. Spike-Proteine spielen daher eine Schlüsselrolle, wenn es um das Verständnis des Virus und die Entwicklung von Impfstoffen und Therapien geht.
Zusammen mit dem Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie in Heidelberg und dem Max-Planck-Institut für Biophysik in Frankfurt hat das PEI hochauflösende, bildgebende Verfahren genutzt, um Sars-CoV-2 in seiner natürlichen Umgebung zu erforschen. Mithilfe von modernen Technologien der Kryo-Elektronentomografie, Subtomogramm-Mittelung und Molekulardynamik-Simulationen konnte ein strukturelles Bild in nahezu atomarer Auflösung erstellt werden. Für die Analyse wurden Sars-CoV-2-Partikel verwendet, die aus dem Überstand infizierter Zellen gewonnen wurden.
Dem PEI zufolge ergaben sich aus den Analysen erfreuliche Ergebnisse für die Impfstoff-Entwicklung: Der obere Kugel- beziehungsweise V-förmige Teil des Spikes weise unter natürlichen Bedingungen eine Struktur auf, die von rekombinanten Proteinen – welche für die Impfstoffentwicklung genutzt werden – gut wiedergegeben werden.
Neue Befunde gab es auch über den Stiel der Spikes: Mit ihnen wir der globuläre Teil der Spikes auf der Virusoberfläche fixiert – entgegen bisheriger Erwartungen ist der Stiel sehr flexibel und beweglich. „In den Aufnahmen stand er selten gerade auf der Membran, sondern war in alle Richtungen geneigt“, schreibt das PEI.
Zudem konnten verschiedene Abschnitte im Stiel identifiziert werden: Er unterteilt sich in Hüft-, Knie-, Knöchel- und Fuß-Domäne. Die einzelnen Abschnitte könnten dann „Biegebewegungen“ durchführen. „Wie ein Ballon an einer Schnur scheinen sich die Spikes auf der Oberfläche des Virus zu bewegen und so den Rezeptor für das Andocken an der Zielzelle suchen zu können", erläutert Professor Dr. Jacomine Krijnse Locker.
Der Stiel sei zudem mit vielen sogenannten „Glykanketten“ versehen, welche ihm einen „schützenden Mantel“ verleihen. Dadurch werde er von neutralisierenden Antikörpern abgeschirmt. „Dies kann jetzt in weiteren Experimenten geklärt werden und wird zum Verständnis der immunologischen Eigenschaften des Spikeproteins auf dem Weg zu wirksamen Impfstoffen beitragen“, meint das PEI.
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