Sars-CoV-2: Auslöser für Typ-1-Diabetes? Cynthia Möthrath, 09.09.2020 14:12 Uhr
Das Gesamtausmaß und die gesundheitlichen Folgen von Covid-19 sind noch immer nicht in vollem Umfang bekannt. In einigen Ländern konnten Diabetologen seit der Corona-Pandemie einen ungewöhnlich hohen Zuwachs an Typ-1-Diabetes-Neuerkrankungen verzeichnen. Sars-CoV-2 steht daher im Verdacht diesen Diabetes-Typ auslösen zu können.
Einer dieser ungewöhnlichen Erkrankungsfälle wurde kürzlich im Fachjournal „Nature Metabolism“ vorgestellt: Die Eltern eines 19-jährigen Mannes waren Mitte März in Österreich gewesen und an Covid-19 erkrankt. Er selbst blieb zwar symptomlos, ein sechs Wochen zuvor durchgeführter Test war jedoch positiv.
Anfang April machten sich bei dem jungen Patienten typische Symptome eines Insulinmangels bemerkbar: Er litt unter Abgeschlagenheit, vermehrtem Durstgefühl und häufigem Harndrang, sowie Gewichtsverlust. Schließlich landet er in der Notaufnahme im Campus Kiel des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein. Die Ärzte diagnostizieren eine schwere diabetische Ketoazidose, einen Blut-pH-Wert von 7,1 und einen Blutzucker von 522 mg/dl. Der HbA1c-Wert liegt bei 16,8 Prozent. Nach einer dreitägigen Behandlung auf der Intensivstation normalisiert sich sein Stoffwechsel unter Insulingabe wieder.
Typische Autoantikörper fehlen
Normalerweise lassen sich bei Typ-1-Diabetikern Autoantikörper gegen die sogenannten „Inselzellen“, Glutaminsäure-Decarboxylase, Tyrosinphosphatase, Insulin oder den Zinktransporter 8 nachweisen. Dies war bei dem Patienten jedoch nicht der Fall. Außerdem ließ sich keine genetische Veranlagung für Typ-1-Diabetes ermitteln. Die Ärzte vermuten daher, dass der Typ-1-Diabetes unmittelbar mit der Covid-19-Erkrankung zusammenhängt. Denn auf den insulinproduzierenden Betazellen befinden sich ACE-2-Rezeptoren, von denen mittlerweile bekannt ist, dass sie die Eintrittspforte für Sars-CoV-2 in den Körper darstellen. Dadurch könnte der Ausbruch des Diabetes erklärt werden. Einen Beweis für die Theorie gibt es jedoch nicht.
Nicht nur hierzulande konnten solche Beobachtungen gemacht werden, auch andere Länder berichten über ähnliche Fälle. Experten des King´s College in London haben daher nun ein Patientenregister angelegt, um derartige Fallberichte zu sammeln und einen möglichen Zusammenhang weiter zu erforschen.