Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat auf einer Pressekonferenz über die aktuelle Entwicklung des neuartigen Coronavirus informiert. Demnach lassen sich in einigen Ländern Anstiege von 20 bis 30 Prozent zum Vortag feststellen. Die Zahlen seien sehr dynamisch und würden sich täglich ändern.
Mittlerweile sei ganz klar, dass sich das Virus nicht mehr aufhalten lasse. Das Ziel sei daher die Verbreitung weiter zu verlangsamen. Diesbezüglich sei es wichtig auch die internationale Lage und besonders die der Nachbarländer im Blick zu behalten. Man müsse sich solidarisch zeigen, erklärte Prof. Lothar Wieler vom RKI. Insgesamt seien laut aktuellem Stand von heute morgen 7 Uhr weltweit 98.120 Fälle bekannt, das sei ein Anstieg um 2707 Fälle zum Vortag.
Insgesamt wurden bisher 3388 Todesfälle aufgrund des neuen Coronavirus dokumentiert. China habe nach wie vor die höchsten Erkrankungszahlen, diese würden auch weiterhin ansteigen. Dennoch seien auch zahlreiche Patienten dort bereits genesen. Insgesamt wurden offiziell mittlerweile in 80 Ländern Erkrankungsfälle gemeldet. Insgesamt gebe es eine starke Zunahme, das Geschehen sei nach wie vor sehr dynamisch, erklärte Wieler. Zudem wurde Südtirol gestern Abend zum Risikogebiet erklärt: Entscheidende Kriterien dafür seien die Anzahl der Infektionen, das dynamische Geschehen, sowie die Verbreitung von Infektionen aus Südtirol in andere Länder gewesen.
„Leider Gottes ist das Virus in der Lage Menschen zu töten“, erklärte Wieler. Viele schwere Verläufe seien vor allem mit der Entwicklung einer Lungenentzündung verbunden. Im Iran und Südkorea habe man im Vergleich zum Vortag einen Anstieg der Infektionen um 20 bis 30 Prozent verzeichnet und auch in der WHO-Region „Euro“ würden sich die Zahlen täglich ändern. Derzeit liege die Sterberate in dieser Region bei 2,84 Prozent, schwere Verläufe gebe es bei 6,8 Prozent. Auch die Weltgesundheitsorgansisation (WHO) informierte gestern über eine gestiegene Sterblichkeitsrate.
Italien mache derzeit mit 68 Prozent der Fälle den Großteil der WHO-Region „Euro“ aus. In Deutschland wurden bis heute morgen 534 Fälle bestätigt. Die Dunkelziffer liege jedoch wahrscheinlich weitaus höher, erklärte Wieler. Denn etwa 80 Prozent der Erkrankungen würden mild verlaufen. Einige würden daher nichtmal einen Arztbesuch in Erwägung ziehen, unentdeckt bleiben und demnach nicht in die Statistiken einfließen.
Man versuche den Prozess der Verbreitung so weit wie möglich in die Länge zu ziehen. Es gebe Überlegungen, dass sich die Streckung über ein bis zwei Jahre ziehen könnte, auch ein saisonales Auftreten sei derzeit noch im Gespräch. Je länger es dauere bis neue Menschen infiziert werden, umso besser könne man reagieren und die bereits Erkrankten versorgen. Das System müsse sich auf eine Krise einstellen und sich entsprechend vorbereiten, um sie zu meistern. Die Denkweise bei allen Beschwerden zum Arzt zu gehen, müsse sich ändern – um einerseits das Gesundheitssystem nicht zu überlasten und zum anderen weitere eventuelle Infektionen mit dem Coronavirus zu vermeiden. Zudem sollten Operationen, die nicht dringend notwendig sind, verschoben werden, um Kapazitäten in Krankenhäusern freizuräumen. „Der Routinebetrieb schwenkt um in einen Krisenbetrieb.“ Es müssten Prioritäten gesetzt werden.
In Bezug auf die Quarantäneregeln wies Wieler erneut darauf hin, dass immernoch der Eindruck entstehe, dass jeder, der mit einem Patienten in Kontakt stand in Quarantäne müsse – dies sei jedoch nie der Fall gewesen. Es gebe drei Kategorien von Kontakten mit unterschiedlichen Kontanktintensitäten in Bezug auf Dauer und Nähe. Die Behauptung, eine Praxis müsse geschlossen werden, sobald ein mit Corona infizierter Patient vor Ort gewesen sei „schlichtweg falsch“. Es müsse verhältnismäßig gehandelt werden. Lungenentzündungen als Erkrankungsbild seien schließlich nicht neu und würden zum Alltag vieler Ärzte gehören.
„Die Zahlen werden weiter zunehmen“, erklärte Wieler. Wann der Höhepunkt erreicht werde, sei jedoch derzeit noch unklar. Man versuche ihn so weit wie möglich hinauszuzögern und arbeite mit der Eindämmungsstrategie. Einzelne Landkreise seien dabei stärker gefährdet als andere. Der Kreis Heinsberg sei mit 281 Erkrankten derzeit am intensivsten betroffen – hier wurde ein Anstieg um 100 Patienten zum Vortag verzeichnet. Bekannt seien mittlerweile Fälle im Alter von 2-91 Jahren, der Durschnitt liege bei etwa 40 Jahren – darunter 55 Prozent Männer und 45 Prozent Frauen.
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