Phase-III-Studie abgeschlossen

Remdesivir: Wirksamkeit bestätigt

, Uhr
Berlin -

Gilead hat Ergebnisse der Phase-III-Studie mit Remdesivir bekannt gegeben. Eine intravenöse Gabe des antiviralen Mittels über fünf Tage erzielte eine signifikante Zustandsverbesserung des Patienten im Vergleich zu Erkrankten, die eine Standardbehandlung erhielten. Der Pharmakonzern denkt bereits über andere Darreichungsformen nach und forscht an neuen Formulierungen.

Gilead veröffentlichte Daten der Simple-Studie in der verschiedene Therapieregime miteinander verglichen wurden. In der Phase-III-Studie wurde die Wirksamkeit von Remdesivir bei Krankenhauspatienten mit mittelschwerem Covid-19-Verlauf untersucht. Es wurden eine fünftägige und zehntägige Behandlung mit dem antiviralen Medikament mit einer Standardbehandlung verglichen. Im Ergebnis zeigt die Studie, dass Patienten im kurzen Verum-Arm am elften Tag eine um 65 Prozent höhere klinische Verbesserung aufwiesen als Patienten in der Kontrollgruppe. Auch die Verbesserung des klinischen Zustandes innerhalb der zehntägigen Behandlung war nachweisbar. Gilead plant, die vollständigen Daten in den kommenden Wochen von Experten begutachteten zu lassen, um sie dann in zu veröffentlichen.

5 Tage Remdesivir am wirkungsvollsten

In der Studie wurden hospitalisierte Patienten mit bestätigter Covid-19-Infektion und Anzeichen einer Lungenentzündung ohne reduzierten Sauerstoffgehalt randomisiert: Sie erhielten entweder Remdesivir für fünf oder für zehn Tage oder eine Standardbehandlung allein. Der primäre Endpunkt war der klinische Status des Patienten. Dieser wurde anhand eines 7-Punkte-Ordnungswerts am elften Tag bewertet. Als primärer Endpunkt wurde eine Verbesserung der Symptome um mindestens zwei Punkte auf einer Sieben-Punkte-Skala festgelegt. Die Skala reichte vom Punkt „nicht hospitalisiert“ bis „tot“. Bei der Auswertung der Studie erreichten 64 Prozent der 5-Tage-Gruppe und 54 Prozent der 10-Tage-Gruppe den primären Endpunkt. Am Tag 11 erreichte ein höherer Anteil der Patienten in der 5-Tage-Behandlungsgruppe eine Verbesserung des klinischen Status im Vergleich zum Standard der Pflegegruppe und erreichte eine statistische Signifikanz für eine Verbesserung der Ordnungsskala um mehr als einen Punkt.

„Unser Verständnis der verschiedenen Symptome und Ausprägungen der Sars-CoV-2-Infektion entwickelt sich weiter“, sagte Dr. Francisco Marty, Arzt für Infektionskrankheiten am Brigham and Women's Hospital und außerordentlicher Professor für Medizin an der Harvard Medical School. „Diese Studienergebnisse bieten positive Daten für Remdesivir, die zeigen, dass wir den klinischen Zustand von Patienten signifikant verbessern können, wenn wir frühzeitig mit einer fünf Tage langen Remdesivir-Behandlung in den Krankheitsprozess eingreifen.“

Remdesivir wurde in beiden Behandlungszeiträumen gut vertragen. Die häufigsten Nebenwirkungfen bei mehr als 5 Prozent der Patienten in beiden Behandlungsgruppen waren Übelkeit, Durchfall und Kopfschmerzen. Remdesivir ist derzeit in Japan zur Behandlung von Patienten zugelassen, die mit Sars-CoV-2, dem Virus, das Covid-19 verursacht, infiziert sind. Außerhalb Japans ist Remdesivir ein nicht zugelassenes Prüfpräparat. Die US-Arzneimittelbehörde FDA erteilte Remdesivir eine Notfallgenehmigung ausschließlich für die Behandlung von Krankenhauspatienten mit schwerem Covid-19-Verlauf. Die Genehmigung ist vorübergehend und ersetzt nicht das formelle Verfahren zur Einreichung, Überprüfung und Genehmigung neuer Arzneimittelanträge.

Planung alternativer Formulierungen

„Wir haben jetzt drei randomisierte, kontrollierte klinische Studien, die zeigen, dass Remdesivir die klinischen Ergebnisse durch verschiedene Maßnahmen verbessert. Die heutigen Ergebnisse zeigten, dass eine fünftägige Remdesivir-Behandlung bei mittelschwerer Erkrankung zu einer größeren klinischen Verbesserung führt, als eine Standardbehandlung, sagte Dr. Merdad Parsey, Chief Medical Officer von Gilead Sciences. Die placebokontrollierte Studie des Nationalen Instituts für Allergien und Infektionskrankheiten (National Institute of Allergy and Infectious Diseases, NIAID) habe gezeigt, dass Remdesivir eine schnellere Genesung ermöglichte und dass eine frühzeitige Behandlung die klinischen Ergebnisse verbessert. „Unsere Simple-Severe-Studie hat gezeigt, dass fünf Tage Remdesivir bei der Behandlung von Patienten mit schwerer Erkrankung zu ähnlichen klinischen Verbesserungen führten wie eine zehntägige Behandlung.“ Die zusätzlichen Daten, die man heute zur Verfügung habe, dienten als Grundlage für weitere Forschung – einschließlich der Bewertung der Behandlung im Krankheitsverlauf, Kombinationsstudien mit anderen Therapien für die schwerstkranken Patienten, pädiatrische Studien und der Entwicklung alternativer Formulierungen.

Um die Wirksamkeit von Remdesivir zu überprüfen, startete Gilead zwei randomisierte, offene, multizentrische klinische Phase-III-Studien, die in Ländern mit einer hohen Prävalenz von Covid-19-Infektionen durchgeführt wurden. Die Studien wurden an mehr als 180 Versuchsstandorten auf der ganzen Welt durchgeführt, darunter in den USA, China, Frankreich, Deutschland, Hongkong, Italien, Japan, Korea, den Niederlanden, Singapur, Spanien, Schweden, der Schweiz, Taiwan, Großbritannien und den USA.

Die erste Simple-Studie untersuchte die Sicherheit und Wirksamkeit von fünftägigen und zehntägigen Behandlungsintervallen von Remdesivir, bei intravenöser Gabe bei hospitalisierten Patienten mit schweren Covid-19-Verläufen. Die Topline-Ergebnisse wurden am 29. April bekannt gegeben und die vollständigen Daten wurden am 27. Mai im „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht. Eine Erweiterungsphase der Studie wurde hinzugefügt, sodass bis zu 5600 zusätzliche Patienten aufzunehmen, auch Patienten mit mechanischer Beatmung. Die zweite Simple-Studie bewertet die Sicherheit und Wirksamkeit der beiden Behandlungsintervalle bei intravenöser Verabreichung von Remdesivir bei Krankenhauspatienten mit moderatem Verlauf im Vergleich zu einer Standardbehandlung. Auch hier wurde eine Erweiterungsphase der Studie hinzugefügt, um bis zu 1000 zusätzliche Patienten mit mittelschwerer Erkrankung aufzunehmen. Die Ergebnisse der Expansionsphase werden in den kommenden Monaten erwartet.

Zulassung in Deutschland

Der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft, Wolf-Dieter Ludwig, steht einer baldigen eingeschränkten Zulassung des Medikaments Remdesivir zur Behandlung von Corona-Erkrankten kritisch gegenüber. „Wir wissen noch viel zu wenig über die Nebenwirkungen“, sagte Ludwig der Tagesschau. Das Einzige, was Remdesivir bisher gezeigt habe, sei, dass es die Krankheitsdauer um vier Tage verkürzt. „Aber das Mindeste müsste doch sein, dass die Patienten, die es rechtzeitig bekommen, weniger schwer krank werden.“

Eine baldige Zulassung des ursprünglich zur Behandlung von Ebola entwickelten Medikaments wird derzeit erwartet. Schon jetzt können Covid-19-Patienten in bestimmten Fällen damit behandelt werden. Es sei ein ungewöhnlicher Schritt, dass der zuständige Ausschuss der Europäischen Arzneimittelagentur schon vor der Zulassung einen breiteren Einsatz ermöglicht habe, hatte Clemens Wendtner Mitte Mai gesagt. Er ist Chefarzt an der Klinik für Infektiologie der München Klinik Schwabing, die an weltweiten Studien zu Remdesivir beteiligt ist. Die Spitze der EMA habe mitgeteilt, dass eine Zulassung noch „vor dem Sommer“ erfolgen könnte, sagte Wendtner.

 

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema
Mehr zum Thema
Verzögerungen wegen „KOB light“?
ePA: Die Angst vor Abmahnungen
Tausende Filialen schließen
USA: Kahlschlag bei Apothekenketten
Benzolbildung verhindern
BPO besser im Kühlschrank lagern
Mehr aus Ressort
„Auffällig höhere Fallzahlen“
Corona: Sommerwelle ist da
„Pandemie der Ungeimpften“
RKI-Protokolle bringen Spahn unter Druck

APOTHEKE ADHOC Debatte