Nicht warten auf den Großhandel

Profi- vs. Laientest: Erste Apotheken verkaufen Schnelltests

, Uhr
Berlin -

Schnell sein lohnt sich: Die ersten Apotheken versorgen ihre Kunden mit Antigen-Schnelltests. In Berlin haben mehrere Betriebe die Produkte auf Lager – verkauft werden auch Tests, die nicht zur Eigenanwendung durch Laien zugelassen sind.

Der Berliner Apotheker Robert Roggenbuck bietet bereits Selbsttests an. Er vertreibt die Tests seit Montag. Besonders beworben oder in der Apotheke sichtbar aufgestellt sind sie nicht. Das dürfte einen Grund haben: Denn angeboten werden die Tests MPV Antigenschnelltest Family. Der Test soll laut Hersteller durch „fachkundiges Personal“ durchgeführt werden. Er findet sich nicht auf der Liste des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zur Eigenanwendung durch Laien. Der Preis pro Stück liegt bei 10,99 Euro.

Der Apotheker wollte sich auf Nachfrage nicht äußern. Dem Test liegt eine Gebrauchsanweisung bei. Darin heißt es auf der zweiten Seite unter dem Punkt „bestimmungsmäßiger Gebrauch“ explizit: „Nur für den professionellen Anwender geeignet. Nicht für Laienanwender geeignet.“ Der sogenannte Lepu-Test ist laut Herstellerangaben CE-konform, klinisch getestet und kommt unter anderem in Österreich in Schulen zum Einsatz.

Die Firma MPV Medical distanziert sich von dem Verkauf an Laien: „Die Apotheken haben keine Freigabe, den Test abzugeben“, sagt Geschäftsführer Franz Abstreiter. „Auch wenn der Test prädestiniert für den Verkauf an Laien ist, darf er das noch nicht.“ Eine Sonderzulassung durch das BfArM sei beantragt. „Wir warten auf die endgültige Zulassung“, so Abstreiter. Für Fachpersonal sei er bereits als Anterior-nasal-Test zugelassen. Der Abstrich sei schmerzfrei im vorderen Nasenraum durchführbar.

 

In der Bong-Apotheke im Berliner Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf werden Antigen-Selbsttests bereits seit einer Woche angeboten. Inhaber Tarik El-Dessouki setzt jedoch auf eine zugelassene Variante. Er dürfte einer der ersten Apotheker gewesen sein, der die Tests auf Lager hat. Bereits am vergangenen Mittwoch bezog er sie von einem Lieferanten. „Wir haben es persönlich abgeholt, damit es schneller geht“, sagt er. „Hier im Umkreis hat noch niemand die Tests im Angebot.“

Auf den Großhandel wollte El-Dessouki nicht warten. Per Vorbestellung sei ihm ein Lieferdatum in der 10. Kalenderwoche angedeutet worden – als ab kommenden Montag. Das sei zu spät, so der Apotheker. Denn dann hätten Supermärkte und Drogerien die Tests ebenfalls im Angebot. Für Apotheken sei es dann schwierig, mit dem Preis mithalten zu können.

Der Apotheker verkauft den Clinitest Rapid Covid-19 Self-Test von Siemens. Eine Gebrauchsanleitung für Laien sei extra mitgeschickt worden. Die Produkte liegen in einem Display in der Offizin aus. Da das Auseinzeln nicht erlaubt ist, bietet die Apotheke 20er-Packungen für 238 Euro an. Die Nachfrage ist gut: „Wir verkaufen drei bis vier Packungen pro Tag“, sagt El-Dessouki. Die Selbsttests müssten beraten werden, sagt der Apotheker. „Wir erklären, dass der Nasenabstrich aus dem vorderen Bereich entnommen werden muss.“

Auch Apo-Discounter verschickt bereits Profi-Tests an Kunden: Im Webshop werden verschiedene Antigen-Schnelltests angeboten, darunter verschiedene Großpackungen mit 5, 15, 25 oder 50 Stück. Vereinzelt sind auch Einzelpackungen zu finden. In der Produktübersicht finden sich mitunter Hinweise darauf, dass die Tests eigentlich nur für den professionellen Einsatz zugelassen sind. „Nur für medizinisches Personal geeignet“, heißt es etwa. „Testdurchführung nur durch medizinisches Fachpersonal“, lautet eine andere Formulierung.

Beim „Antigen Spucktest Novel Coronavirus“ von Unizell heißt es sogar: „Abgabe nur an medizinisches Fachpersonal“. Doch darüber scheint man sich in Markleeberg keine weiteren Gedanken zu machen, denn eine Testbestellung wurde ohne weitere Nachfragen ausgeführt. Dabei ist auf dem Umkarton noch einmal explizit deklariert, dass das Produkt nur für den professionellen Einsatz vorgesehen ist. 7,59 Euro kostete der Test, geliefert wurde nach wenigen Tagen.

Mittlerweile kann das Produkt nicht mehr bestellt werden: Der Status „verfügbar, lieferbar in 2-4 Tagen“ wurde geändert in „nicht im Sortiment/nicht lieferbar durch Hersteller“. Dafür gibt es aktuell den Covid-19-Antigen-Spucktest der Marke PCL Split, importiert von der Firma MT Promedt Consulting. Auch hier findet sich ausweislich Produktabbildung auf dem Umkarton der Hinweis, dass das Produkt nur für den professionellen Gebrauch gedacht ist. Auf der Website von Apo-Discounter fehlt diese Einschränkung, stattdessen werden die „einfache und schnelle Probengewinnung durch Speichel“ und das „schnelle Ergebnis in ca. 10 Minuten“ ausgelobt. Das Produkt ist „sofort lieferbar, solange der Vorrat reicht“.

Das BfArM hatte vor einer Woche drei Tests zugelassen. Darunter auch der Rapid Sars-CoV-2 Antigen Test Card von Xiamen Boson Biotech und der Lyher Covid-19 Antigen Schnelltest von Hangzhou Laihe Biotech. Auch der Corona-Antigen-Schnelltest von Roche hat die Sonderzulassung erhalten. Insgesamt sind mittlerweile sechs Laientests zugelassen.

 

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Lesen Sie auch
Neuere Artikel zum Thema
Mehr aus Ressort
„Auffällig höhere Fallzahlen“
Corona: Sommerwelle ist da
„Pandemie der Ungeimpften“
RKI-Protokolle bringen Spahn unter Druck

APOTHEKE ADHOC Debatte